Autor Thema: Lustknabe  (Gelesen 1224 mal)

Erich Kykal

Lustknabe
« am: Juli 27, 2020, 09:44:26 »
Allzu jung dem eigenen Geschlechte
lernte er ein Untertan zu sein,
machte sich vor fremdem Willen klein
und vor jedem geifernden Gemächte.

Erst verführt, missbraucht vom Hinbegehren
eines Älteren, bedenkenlos,
wuchs die Lust am Dienen in ihm groß,
wusste sich sein Werden nicht zu wehren.

Heute lässt er gerne sich bezahlen
für die Stunde gieriger Erlösung,
die ihn mehrmals täglich penetriert,

und er tut, als wären seine Qualen
selbst gewollte, süßere Genesung
als die Lust, in der er sich verliert.
« Letzte Änderung: Oktober 26, 2020, 18:02:14 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

hans beislschmidt

Re: Lustknabe
« Antwort #1 am: Juli 27, 2020, 13:19:13 »
Hi Erich, die Stricher, die ich kenne, machen es wegen der Kohle und alle waren entwurzelt und gestört, viele auch im Methadonprogramm. Von eigener Lust ist keine Rede, eher Abscheu vor den alten Freiern.
By the way... penetrieren ... mehrfacher täglicher Analverkehr reißt den Schließmuskel auf und schädigt ihn auf Dauer. In der Folge ist der Stuhlgang nicht mehr kontrollierbar.
Das sind die unbequemen Fakten, die man mitbekommt, wenn man in einer Schwulentruppe Theater spielt. Heikle Thematik und mit Interesse gelesen. Gruß vom Hans
« Letzte Änderung: Juli 27, 2020, 13:22:03 von hans beislschmidt »
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

Erich Kykal

Re: Lustknabe
« Antwort #2 am: Juli 27, 2020, 14:22:49 »
Hi Hans!

Danke für die tieferen Einblicke (welch Wortspiel ...  ;)) in die Kehrseiten (schon wieder!  ;)) des gleichgeschlechtlichen Verkehrs.

Keine Ahnung, wie oft es passiert, dass sich aus zu früh aufgedrängten Erfahrungen heraus beim Opfer eine seinem Charakter nach eigentlich für ihn unnatürliche Prägung zu gleichgeschlechtlicher Unterwürfigkeit ergibt - aber vorstellbar ist es auf alle Fälle.
Fakt bleibt, dass dieser Mensch keine Wahl hatte und lebenslang darunter leidet, auch wenn er sich vielleicht etwas anderes einredet. Wenn man als Unmündiger, Unerfahrener benutzt wird, leidet das Selbstwertgefühl, besonders, wenn man es als schüchterner Knabe neugierig zugelassen oder gar insgeheim genossen hat, dann kommen Schuldgefühle noch dazu.
Aber selbst wenn die Homosexualität schon im Opfer angelegt war und es deshalb nur früher "sexuell aktiviert" wurde, bleibt dennoch, dass ihm die freie Wahl genommen wurde, das eigene sich Entwickeln und damit umgehen Lernen.

Ich habe versucht, mich in die inneren Vorgänge so einer Person zu versetzen.

LG, eKy
« Letzte Änderung: April 11, 2021, 12:38:19 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Lustknabe
« Antwort #3 am: Juli 27, 2020, 21:41:16 »
Wer schon früh von sich entfremdet und von anderen angeeignet wird, kann sich auch später nur verstellen und als Ware empfinden und behandeln.

Ein sprachlich schönes Gedicht über traurige Lebensumstände, lieber Erich.

Grüße von gummibaum

Erich Kykal

Re: Lustknabe
« Antwort #4 am: Juli 28, 2020, 01:29:43 »
Hi Gum!

Vielen Dank. Das Thema ist sensibel, auch heute noch. Aber ich war immer für die Außenseiter in einer Gesellschaft, weil ich selbst immer einer war und die bornierte Dummheit, Scheinheiligkeit, Doppelmoral, Vorurteil, Grausamkeit und Verlogenheit zur Einhaltung "gesellschftlicher Konventionen", sprich der gutbürgerlichen Fassade, oft genug in manchen Lebenssituationen selbst erdulden musste.

So schreibe ich auch über Huren, Fetischisten, Einsiedler, Mörder, Sonderlinge, Ausgestoßene und Getriebene aller Art, nicht um sie irgendwie als Rebellen zu glorifizieren, sondern weil ich zeigen möchte, dass auch sie Menschen sind, die Anerkennung und Respekt verdient haben - warum also nicht auch über Hurenjungen? Heute sagt man "Stricher", aber das Wort gefällt mir nicht - zu gefühlsbereinigt, zu geschäftsmäßig. Ja, und ich weiß, dass viele von denen gar nicht schwul sind, sondern das für Geld oder Drogen machen - was sie aber nicht weniger zu Opfern einer Gesellschaft macht, die sie mit selbstgefällig moralisierender bis sensationslüsterner Verachtung straft, auch heute noch, anstatt darüber nachdenken zu wollen, womit/wodurch sie zu so einem Leben getrieben wurden.

Wo liegen die Grenzen zwischen Missbrauchten und Missbrauchern? Wann wird das eine zum anderen? Opfertäter und Täteropfer in komplexer, zeitloser Verquickung, generationenübergreifend, endlos in Lust und Leid gefangen (- Leid aus Schuld, die ihnen das tabuisierende und ausgrenzende Regelkorsett ihrer Kultur aufzwingt), um Erfahrungen zu sammeln, die später doch nur zu reuiger Einsicht führen, die mit dem inneren Wachstum einhergeht, das doch nur mit dem Tod des Individuums erlischt.
Und jene, die nichts dazulernen? - Noch tragischere Existenzen! Aber wenigstens bekommen die das kaum je überhaupt mit ... - sie gefallen und erschöpfen sich in der Erkenntnis, dass immer irgendwer an irgendwas schuld sein und gehasst werden muss, nur nie sie selber ...

LG, eKy

« Letzte Änderung: November 07, 2021, 12:09:34 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Lustknabe
« Antwort #5 am: Juli 28, 2020, 09:05:05 »
Danke, lieber Erich, für die ausführliche Mitteilung deiner Gedanken zum Thema.

LG g

Erich Kykal

Re: Lustknabe
« Antwort #6 am: Juli 28, 2020, 10:56:35 »
Also ehrlich, lieber Gum - manchmal empfinde ich deine kurzen, floskelhaften Antworten beinahe wie Ohrfeigen ...

Ich weiß, dass du es sehr wahrscheinlich nicht so meinst, aber zuweilen kommt es rüber wie: "Okay, ich bleibe höflich - aber nerv mich nicht weiter! Darauf will ich nicht weiter eingehen, und auf dich auch nicht!"

Geknickte Grüße, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Lustknabe
« Antwort #7 am: Juli 28, 2020, 12:24:20 »
Lieber Erich,

du verkennst mich und meine Sympathie, Anerkennung und Dankbarkeit. Ich tippe nur mit dem Mittelfinger - langsam und häufig daneben. Entknick dich bitte. 

Freundschaftliche Grüße von gummibaum


Erich Kykal

Re: Lustknabe
« Antwort #8 am: Juli 28, 2020, 23:27:11 »
Hi Gum!

Nur mit dem Mittelfinger?  ???

Ei, wie dies? Habe ich etwas verpasst - oder vergessen? Das passiert mir leider ab und zu ... - Ich hoffe, es geht dir gut, und falls nicht, es möge dir alsbald besser gehen!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Lustknabe
« Antwort #9 am: Juli 29, 2020, 01:04:41 »
Keine Sorge!
Ich bin nie über einen Tippfinger hinausgekommen und der mittlere rechte muss fast alles vollbringen, da sein linkes Pendant nur die Shifttaste bedient. Das macht längere Ausführungen zeitaufwendig, und wenn ich mich beeile, häufen sich Tippfehler, fehlen Buchstaben oder Worte. Darum bin ich oft ziemlich knapp.

LG g

Erich Kykal

Re: Lustknabe
« Antwort #10 am: Juli 29, 2020, 01:55:02 »
Hi Gum!

Ich habe mir zumindest beigebracht, mit zwei Fingern zu tippen (linker Mittelfinger und rechter Zeigefinger, frag mich nicht, warum ...  ??? ::)). das geht schon ganz flott!

Lg, eKy
« Letzte Änderung: Februar 06, 2022, 12:29:11 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.