Autor Thema: Sommertage  (Gelesen 1379 mal)

Erich Kykal

Sommertage
« am: August 12, 2020, 12:32:36 »
Die Tage reichen sich ihr Licht und glühen
in Blau und Grün, als gelte es zu leuchten,
mit heißem Glast die Erde zu entfeuchten
nach lauer Nächte kühlendem Bemühen.

Die Zeit gerinnt in waberdicken Schlieren
um jedes Bild in diesem grellen Gleißen,
will nicht mehr wissen, wie die Dinge heißen,
die sich im Ofenhauch der Luft verlieren.

Der Sommer dehnt sich in die letzten Ritzen
und atmet alles ein, was er dort findet,
als suche er, was ihn für immer bindet
an jeden Augenblick, ihn ewig zu besitzen.

Die Tage reichen sich ihr Licht und sagen
sich weiter, jedem neuen Lauf entgegen,
wie keinen Augenblick darum verlegen,
dass sie uns weiter um die Sonne tragen.
« Letzte Änderung: April 18, 2021, 12:12:38 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

AlteLyrikerin

Re: Sommertage
« Antwort #1 am: August 12, 2020, 14:00:03 »
Hi Erich,
sehr eindringlich, Deine Verse über den heißen Sommer. Besonders die beiden ersten Strophen beschreiben das Unerträgliche der Hitze in unverbrauchten Bildern. Für mich aber ist die letzte Strophe etwas ganz Besonderes, denn sie beschreibt die Tage in ihrer gleichmütigen kosmischen Gesetzmäßigkeit, der wir nichts entgegenzusetzen haben.
Sehr gerne gelesen, AlteLyrikerin.

Erich Kykal

Re: Sommertage
« Antwort #2 am: August 12, 2020, 21:15:07 »
Hi AL!

Vielen Dank für das huldvolle Echo!  :)

Ja, die "ewigen" Abläufe des kosmischen Uhrwerks ... - dass wir sie so nennen, beweist unsere gesitige Kürze wie jene unserer Lebensspanne. Und doch, aus unserer ach so sterblichen Lage heraus betrachtet erscheinen sie nun mal so, wissenschaftliche Erkenntnisse hin oder her.
Die Tage werden zu Monaten, diese zu Jahreszeiten, diese zu Jahren, jene zu Dekaden, weiter zu Jahrhunderten, Jahrtausenden, Jahrmillionen usw. Ganz daheim kann unsereins eigentlich nur in Stunden sein, in Momenten, eingefangen im Kaleidoskop unserer Erinnerungen, die uns definieren. Und über uns drehen sich die Räder weiter, ungewahr unserer Existenz.

Oder erlangen sie erst durch unsere Gedanken Bedeutung, Wirken und Schwere? Wir haben die universale Entropie ins Korsett dessen gezwängt, was wir "Zeit" nennen, weil alles weitere unser Begreifen überstiege, und teilen uns das Leben mittels Uhrwerken ein, die uns mittlerwile zu gnadenlosen Herren geworden sind und uns weiterjagen durch fast das ganze Leben, damit die Metaebene unserer Kulturen weiterbesteht, unser begrenztes Welterkennen weiter funktioniert.
Aber ist unser Konzept der Zeit wirklich auf das Universum anwendbar? Oder funktiniert es nur innerhalb unserer kleinen Gehirne, die obendrein abhängig davon sind, was unsere unvollkommenen Sinne uns von der Welt zeigen?

Es mag widersinnig erscheinen, wenn ich von der "Ewigkeit des Augenblicks" schreibe - meine ich damit die konservierende Erinnerung, oder steckt eine viel größere, tiefere Erkenntnis dahinter, die sich mir letztlich verschließen muss, weil ich evolutionär einfach noch nicht entwickelt genug bin, um sie zu begreifen?
Sagt nicht irgendeine wissenschaftliche Theorie aus, dass alles gleichzeitig existiert, das gesamte Universum von Beginn bis zum Ende?
Ehrlich gesagt - zu hoch für mich. Und doch ... etwas in mir will an die Ewigkeit des Augenblicks glauben, denn wäre sonst nicht alles, was wir sind und waren, verloren im Meer dessen, was wir als Zeit bezeichnen?

Uff - auf solche Gedankenwege führt mich dein Kommi, und das über einem eigentlich vergleichsweise belanglosen Sommergedicht!  ;)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Sufnus

Re: Sommertage
« Antwort #3 am: Oktober 07, 2020, 16:12:12 »
Die große Hitze ist zum Glück vergangen (ich liebe kühles Schmuddelwetter!), aber Deine "heißen" Zeilen hole ich doch gerne noch einmal hervor! Wieder ein Werk von Dir, das durch sein wohlgesetztes Ebenmaß zu gefallen weiß - saubere Reimfindungen, klangliche Harmonie und metrische Strukturiertheit mit dem hier extra erwähnenswerten Surplus einer durchgängig weiblichen Kadenzierung. :) Und schöne originelle Sprachbilder gibts obendrein. Der "Ofenhauch der Luft" hats mir besonders angetan. :)
LG!
S.

Erich Kykal

Re: Sommertage
« Antwort #4 am: Oktober 07, 2020, 20:24:48 »
Hi Suf!

Damit ist es für heuer ja nun vorbei. So gern ich Sonne und blauen Himmel über grüner Landschaft schätze, die extrem heißen Sommer der letzten Jahre sind mir dann doch des Guten zuviel gewesen! Heuer ging es bei uns, es kam fast so gut wie jede Woche mal eine Abkühlung, aber die Jahre davor ...

Ich habe die lauen Tage im Frühling und im Herbst zu schätzen gelernt, wie wir sie jetzt gerade bei Schönwetter haben, mit Temperaturen um die 20 Grad Celsius maximal, oder wenig darüber. Die Luft kühlt schon etwas, aber in der Sonne ist es noch angenehm warm, und der Kontrast wird noch nicht unangenehm empfunden. An den Abenden reicht ein leichter Überwurf zum draußen Sitzen, und es gibt keine lästigen Fliegen, Mücken, Bremsen usw. mehr. Solche Tage sollte es länger geben!

Danke für deine freundlichen Enlassungen zum Thema!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.