Autor Thema: Bon appétit  (Gelesen 599 mal)

Sufnus

Bon appétit
« am: Juni 01, 2021, 20:38:28 »
Bon appétit

Hinten links in meiner Birne
lebt ein Wurm von meinem Hirne
und frisst täglich zehn Ideen,
doch dies Zerebralgeschehen
will mir nicht die Laune rauben!
Der IQ musst wohl dran glauben -
juckt mich aber nicht die Bohne:
Besser lebt sich "oben ohne".



Erich Kykal

Re: Bon appétit
« Antwort #1 am: Juni 01, 2021, 22:14:57 »
Hi Suf!

Wundervoll surreal!  ;D Erinnert mich an eins von meinen: "Schräge Anatomie":

http://www.dielyrik-wiese.de/lyrik-wiese/index.php?topic=8066.msg46130#msg46130

Sehr gern gelesen!  ;D

LG, eKy

Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Sufnus

Re: Bon appétit
« Antwort #2 am: Juni 04, 2021, 21:46:41 »
Hi eKy!
Lieben Dank für die Erfreunisbekundung! :)
Und Du hast ganz recht, in dem Motiv der Belebung des Körpers mit einem eigenwilligen Untermieter (Verlust von Autonomie!) zeigt Parallelen mit Deinem sehr schönen ins Schräge gepflanzten Gedicht - völlig richtig, dass ich es seinerzeit gelobt und gepriesen habe! :)
Es ließe sich wohl eine eigene Kategorie von Gedichten definieren, in denen der Körper sich als Menagerie für (ungebetene?) Fantasiegeschöpfe erweist. Vor dem Hintergrund der tatsächlichen Mitbewohner unseres Körpers (erwünscht und segensreich wie die normale Darmflora oder lästig bis problematisch wie diverse Herpesviren oder der Magenkeim Helicobacter) kann man sogar Wirklichkeitsbezüge herstellen. :) Man könnte auch an diese Pilze denken, die Ameisen ein Zombieverhalten aufnötigen - gruselig.
In der Filmkunst ist dieser "Befall" des Körpers durch einen Fremdorganismus (da sind es ja meistens fiese Aliens) ein häufiges Thema. Bei Gedichten fallen mir (außer unseren eigenen Hervorbringungen) gerade keine so rechten Beispiele ein... vielleicht ein bisschen "Eine Sibylle" von Rilke... aber sonst... :) Sollte sich hier gar eine poetische "Marktlücke" auftun?  ;)
LG!
S.
P.S.:
Einen harschen das/dass-Schnitzer in meinen alten Anmerkungen zu eKys Poem gilt es allerdings eiligst auszumerzen! :)

« Letzte Änderung: Juni 04, 2021, 21:49:09 von Sufnus »

Rocco

Re: Bon appétit
« Antwort #3 am: Juni 14, 2021, 09:49:22 »
Hallo Sufnus,

liest sich wie ein Kommentar zu Benn (Dumm sein und Arbeit haben.)

Lese gerade in deinem obigen Kommentar, dass du dich auf Filme beziehst; ja, das war immer schon ein Filmthema.

Mir fällt gerade ein: Die Angabe: Hinten links, ist der klassische Ort für das Stille Örtchen. Und gerade da ist der Wurm drin. Passt irgendwie.

Bis dann!

Rocco
"Erst in Rage werde ich grob -
aber gelte als der Hitzkopf?!"

Yusuf Ben Goldstein, aus Rocco Mondrians Komödie: Yusuf Ben Goldstein, ein aufrechter Deutscher

Agneta

  • Gast
Re: Bon appétit
« Antwort #4 am: Juni 14, 2021, 10:33:44 »
Im Sinne von: wenn man nicht so fit ist im  Kopf, dann lebt es sich leichter. Muss man nicht grübeln usw. Könnte man denken. Aber es macht auch abhängig, lieber Sufnus, denn wenn andere fitter sind, dann bestimmen die. LG von Agneta

Sufnus

Re: Bon appétit
« Antwort #5 am: Juni 18, 2021, 17:25:45 »
Hallo Rocco,
auch hier erstaunen mich Deine Assoziationen zu meinen Versen aufs Höchste - an Benn habe ich wirklich (ausnahmsweise mal) nicht gedacht... bin aber ja sehr von der Lyrik Benns fasziniert, insofern freut mich aber die Gedankenverbindung von Dir. :)
Und dass hinten links eine Redewendung für das Klo ist, wusste ich auch noch nicht... bei uns landet man hinten links jedenfalls in der Küche... sollte sich da jemand erleichtern, gibts aber Ärger!!!  ;D
Launige Grüße und Dank für Deine Beiträge!
S.

Und Agneta! :)
Danke auch für Deinen Hinweis - reduzierte Fittness bedeutet tatsächlich (egal auf welcher Ebene die Fittness verloren geht) immer auch einen gewissen Verlust an Autonomie - das ist ein sehr wichtiger Aspekt, den Du da hervorhebst! Unsere Gesellschaft sollte sensibel mit denjenigen umgehen, die einen Teil ihrer Autonomie abgeben müssen - viel sensibler als sie das tut. Gerade bei Besserwisserpolitikern, die dem Bürger erklären wollen, was gut für ihn ist, merkt man häufig noch eine ungute Haltung des "Durchregierens", mag gut gemeint sein, ist aber nicht mit den europäischen Idealen vereinbar (andere Kulturen haben andere Ideale und das ist Teil des Welt-Dialogs - aber zur Zeit mache ich mir mehr über den Neo-Paternalismus in unserem Kontinent Sorgen - eine ganz unwahrscheinliche Koalition von Friday-for-future- und Woke-bewegten mit Post-Neokonservativen, die allesamt glauben, die Weisheiten mit der Löffel*in gefressen zu haben oder per Big-Data-Modellierung vorbeten zu können. Gru-se-lig.
LG!
S.