Autor Thema: Versuch über wohlfeilen Glauben  (Gelesen 311 mal)

Sufnus

Versuch über wohlfeilen Glauben
« am: August 07, 2023, 14:04:30 »
Versuch über wohlfeilen Glauben

Instantgötter aus der Tüte,
schnell mit Wasser angerührt,
Glaubensinhalt erster Güte,
schluckweis seelisch eingeführt.

Hosianna um die Ohren
und im Herz ein Jubelchor
und im Frostfach eingefroren
hält der Spirit länger vor.

Nichts mehr vom "Verstande, der
glaubend nach Verstehen strebt".
Die Scholastik? Längst verlebt!

Denken macht das Dasein schwer,
also halt Dein Hirn schön hohl,
freu Dich dumm am Seelenwohl.



Copper

Re: Versuch über wohlfeilen Glauben
« Antwort #1 am: August 07, 2023, 22:20:36 »
Hallo Sufnus,

sehr gut geschrieben, nach meinem Geschmack. Jeder macht sich seinen Gott wie er gefällt. Verzeihen soll er , gütig und barmherzig, damit wir in Sünde leben können. Gerecht soll er sein. Ein liebender Vater, der uns nur deshalb bestraft damit wir gerettet werden. Wir dummen Menschen, wir wissen nichts.  Unsere Bewusstseinsebene gleicht der einer Ameise, die nicht begreift dass es der Mensch ist, der Schatten auf ihren Haufen wirft, weil dieser in der Sonne steht. Was ist also der Glaube? .Dass das, was wir nicht begreifen Gott ist. Je dümmer umso mehr Gott? Nein. Je mehr der Mensch weiss, desto mehr kann er erklären.  Aber geht ihm wirklich ein Licht auf? Das Licht das alles erklärt? Woher, wohin, warum? Weshalb?  Sag's mir, woher, wohin, warum, weshalb. Wenn du mir das, ohne der Hoffnung Gott, erklären kannst , dann geb ich meinen Glauben auf.

Tolles Gedicht.

Gruß COPPER.

Erich Kykal

Re: Versuch über wohlfeilen Glauben
« Antwort #2 am: August 08, 2023, 01:53:23 »
Hi suf!

Ein schönes vierhebiges Sonett mit betontem Auftakt. Puristen mögen bemägeln, dass zwei gereimte letzte Zeilen ein böses Nogo für die Sonettkunst darstellen, aber wer hört schon auf diese Erbsenzähler ...?  ::)

Mir hat's gefallen, auch inhaltlich, bin ich doch selbst ein Götterspötter und habe für das menschliche Bedürfnis, sich tröstenden Fantasiegestalten zu unterwerfen, nur um Teil einer Gemeinschaft sein zu können, nur intellektuelle Verachtung übrig. Die Bedürftigkeit des Menschen nach geistigem Sklaventum ist höchst bedauerlich.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.