Autor Thema: Der Menschen Richter  (Gelesen 36 mal)

Erich Kykal

Der Menschen Richter
« am: Juni 01, 2025, 22:08:38 »
Sooft ich unter diese Menschen schaue,
allwo sie sich ereifern oder scheitern,
am Leben schrumpfen oder sich erweitern -
ich blicke allzu oft ins Vage, Graue:

Ihr Alltag, unter dem sie bleiern stöhnen.
Ein blindes Abenteuer, rasch und rasend.
Ertrinkend alle, wie die Wale blasend.
Der innre Tod, an den sie sich gewöhnen,

wenn mit den Jahren Perspektiven wanken,
bis endlich alles unbedeutend wird,
der Drang zu wirken, der den Geist verwirrt,
sich schleichend löst in einem stillen Danken,

dass ihre Vita sie nicht schlimmer quälte,
als man sich Gram aus jener Zeit verzieh,
da man noch liebte und nicht wusste wie
die Gier zu zügeln, die ihr Mütchen stählte.

Gescheiterte am Leben sind sie alle -
am meisten jener, der sich Sieger nennt
und nie in seinem Unverstand erkennt:
Sein Streben wurde lang vordem zur Falle.

Und ich? Der Wächter ihrer Eitelkeiten?
Der stolze Richter über Fehl und Tadel,
von stiller Größe, innerlich von Adel?
Mitnichten: Nur ein armer Narr zuzeiten.
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Der Menschen Richter
« Antwort #1 am: Juni 04, 2025, 00:57:53 »
Lieber Erich,

man kann am Wert der Menschen zweifeln, wenn man sie an ihren Idealen misst. Aber Menschen, die sich als Richter über alle anderen aufspielen, sind per se nicht besser.

Bestens formuliert. Sehr gern gelesen.
LG g

Erich Kykal

Re: Der Menschen Richter
« Antwort #2 am: Juni 04, 2025, 11:23:15 »
Vielen Dank, lieber Gum!

Mit der sogenannten Altersweiheit geht bisweilen auch eine gewisse Art Hybris einher, die den Greiften auf jüngere, noch getriebenere Menschen herabblicken lässt, oft sogar u nbewusst und weitgehend unbemerkt, als Gönnerhaftigkeit kaschiert oder joviales 'Verständnis' für den blinden Triebdruck der jüngeren Generationen.
Mit gebrubbeltem Gesuder und Geschimpfe als Ventil, unbewusst verbittert über den eigenen Verfall, mag das noch angehen, aber wo derlei in kalte Verachtung umschlägt ...


LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.