Autor Thema: Ein ganzer Mann  (Gelesen 1236 mal)

Erich Kykal

Ein ganzer Mann
« am: M?RZ 02, 2010, 10:51:56 »
Viel zu lange war er Sieger,
war ein Kämpfer, war ein Krieger!
Nun wird ihm die Rüstung schwer,
und sein Schwert scheint eigenartig
rostig ihm, zerkratzt und schartig,
und der kalte Helm drückt sehr.

Viel zu lange war er Mann,
und die Schwerkraft seiner Jahre
wuchs ihm durch die Haut wie Haare,
die kein Messer schneiden kann.

Nieder auf die Erde legt er
alle Last, und viel bewegter
als zuvor spürt er die Welt
wieder wie den Wind in Haaren,
als er vor so vielen Jahren
aufbrach, ohne Gut und Geld.

Endlich fühlt er aller Dinge
Neigung wieder, und im Herzen
glänzen statt dem Stahl der Klinge
seiner Träume Andachtskerzen.

Dankbar ahnt er: Seinem Hoffen
stehen tausend Wege offen,
die sein Anderssein gewann,
und weit mehr als in den Jahren,
welche wund und wertlos waren,
weiß er sich als ganzer Mann!
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re:Ein ganzer Mann
« Antwort #1 am: M?RZ 07, 2010, 11:57:55 »
Lieber Erich Kykal,


außer einem nicht ganz geglückten Reim - Dein Duktus ist wie immer bestechend!
Dein Heldengedicht (auch die Helden werden müde) zeigt sehr deutlich, daß das Mann-Sein von ganz anderen Dingen abhängt als von Sturm und Drang.
Aber welcher Held,  außer dem Deinen, besinnt sich schon auf die "wahren" Werte?

Bewundernde Grüße in jeder Hinsicht

schickt

cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re: Ein ganzer Mann
« Antwort #2 am: August 01, 2023, 06:55:34 »
Oha!

Das dümpelt ja schon lang ohne Antwort meinerseits rum! Der guten Cypi kann ich leider keine mehr geben.

Dies ist ein Werk aus der Frühzeit meiner zweiten und endlich wertigen Phase als Dichter, irgendwann kurz nach 2005, allerdings noch vor meinem Lernprozess hinsichtlich wichtiger Regeln der Kunst. Der erfolgte erst nach 2010.
(Meine erste lyrische Phase passierte in den frühen Achtzigern, endete allerdings noch vor den Neunzigern. Ich war weitgehend grässlich!)


LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Ein ganzer Mann
« Antwort #3 am: August 03, 2023, 12:23:31 »
Sehr schön, lieber Erich,

beschreibst du mit einem passenden Bild und sensibler Sprache einen Erfahrungs- und Reifungsprozess, wie du ihn wohl selbst durchgemacht hat: die  empfindliche Verletzbarkeit, die sich rüstet und wehrt und dabei auch ihre eigene seelische Entfaltung beschneidet, bis sie in Erkenntnis ihrer wahren Wertigkeit den Panzer wieder ablegen kann, um die seelischen und künstlerischen Kräfte nun besser weiter wachsen zu lassen.

Chapeau für das tolle, relativ frühe Gedicht!

LG  g 

Erich Kykal

Re: Ein ganzer Mann
« Antwort #4 am: August 03, 2023, 15:07:20 »
Hi Gum!

Und danke für diese neue Deutungsebene.

Als ich es schrieb, dachte ich diese typischen toxischen Macho-Alphas, die ständig die ganze Welt von ihrer überschäumenden Virilität und ihrem dominanten Charisma überzeugen müssen, das sich dahin äußert, alle Scwächeren wie Dreck zu behandeln, vornehmlich ihre 'Schlampen'.
Solche Charakterlosigkeiten sich selbst und anderen als Stärke zu verkaufen, kann nur solchen Idioten logisch erscheinen. Schwänze unter sich!  ::) >:(

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.