Autor Thema: Abendrot im Wald  (Gelesen 1420 mal)

Aspasia

  • Gast
Abendrot im Wald
« am: Juli 29, 2015, 15:55:27 »
Kupfern sinkt das Licht auf Wipfel,
taucht den Wald in Abendglut,
Dunkelheit entsteigt dem Gipfel,
färbt die Blätter rot wie Blut,

lässt auf Stämme Schatten kriechen,
zeichnet Borken ein Gesicht,
Käfer suchen Schutz in Nischen,
Blüten schließen fest und dicht.

Licht!

Morgen wird es hell erstrahlen,
glänzender als je zuvor.
Wald und Wege frisch bemalen,
Knospen öffnen zum Dekor.
« Letzte Änderung: August 01, 2015, 15:52:18 von Aspasia »

a.c.larin

Re: Abendrot im Wald
« Antwort #1 am: Juli 29, 2015, 18:54:28 »
oh, wie schön! ich kann den wald fast riechen.

das klingt wie ein vorgeschmack auf landurlaub!   :)

"kriechen - Nischen"   reimt zwar nicht wirklich , aber die Welt ist ja auch nicht ganz perfekt.

hauptsache, der grundton ( kupferrot glänzend) stimmt!

gerne gelesen, larin

Aspasia

  • Gast
Re: Abendrot im Wald
« Antwort #2 am: Juli 29, 2015, 19:40:26 »
oh, wie schön! ich kann den wald fast riechen.


Genau das ist es, larin, mein Gedicht sollte einen Geruch erzeugen!

Ich suchte zuerst nach einem Vers, der sich mit "riechen" auf "kriechen" reimt, habe aber anders entschieden und mich auf die Intuition von Lesern wie dich verlassen. Danke.

Liebe Grüße
Aspasia

cyparis

Re: Abendrot im Wald
« Antwort #3 am: Juli 30, 2015, 15:15:42 »
Müderweise schließe ich mich larin an, liebe Aspasia.
Wundervoll duftend!


LG
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re: Abendrot im Wald
« Antwort #4 am: Juli 30, 2015, 21:11:09 »
Hi, Aspasia!

Schön zu lesen!

Ein paar Kleinigkeiten:

Kupfern sinkt das Licht auf Wipfel Komma hier am Zeilenende.
taucht den Wald in Abendglut,
Dunkelheit entsteigt dem Gipfel, Entsteigt die Dunkelheit nicht eher dem Schatten in den Tälern? Altern.: "Dunkelheit verwischt die Gipfel,"
färbt die Blätter rot wie Blut,

lässt auf Stämme Schatten kriechen,
malt auf Rinden ein Gesicht, Wortwiederholung "auf". Altern.: "malt der Rinde".
Käfer suchen Schutz in Nischen, Unreiner Reim "kriechen/Nischen". Altern: Z1:"Lässt im Walde Schatten walten"//"Käfer suchen Schutz in Spalten".
Blüten schließen fest und dicht.

Licht!

Morgen wird es hell erstrahlen,
glänzender als je zuvor. Hier wäre ein Komma stilistisch angebrachter.
Wald und Wege frisch bemalen,
Knospen öffnen zum Dekor. Runder: "für der Knospen Farbdekor." In diesem Falle dann natürlich ohne Komma am Ende der Vorzeile.


Sehr gern gelesen und bearbeitet! :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

wolfmozart

Re: Abendrot im Wald
« Antwort #5 am: August 01, 2015, 14:38:32 »
Ein schönes klassisches Naturgedicht, wo alles stimmig ist.

Der Einwurf LICHT! gibt dem Poem eine besondere Note.

Lieben Gruß

wolfmozart

Aspasia

  • Gast
Re: Abendrot im Wald
« Antwort #6 am: August 01, 2015, 16:28:04 »
Auch Cyparis und Wolfmozart Dank für die positiven Kommentare.


Lieber Erich,

bei so viel Arbeit, die Du Dir gemacht hast, bin ich Dir eine längere Antwort schuldig.

Natürlich fehlt hinter dem ersten Vers ein Komma, eine Schlampigkeit, die ich korrigiert habe.

Du siehst Dunkelheit entstehen, indem sie den Tälern als Schatten entsteigt. Gutes Bild. So habe ich das nie wahrgenommen. Ich habe die Dunkelheit immer mit dem Himmel verbunden, aus dem sich das Sonnenlicht verabschiedet. Solange die Sonne nicht ganz verdeckt ist, sind für mich die Täler noch hell, sie wechseln nur die Färbung des Lichts, in das sie getaucht sind, bis die Nacht sie ganz in Dunkelheit hüllt. An Deine Interpretation muss ich mich erst einmal herantasten. So allmählich beginne ich zu begreifen, weshalb viele Physiker zu Philosophen wurden.

Bei Präpositionen stört mich eine gelegentliche Wortwiederholung nicht, aber der Vers war ohnehin nicht das, was ich ursprünglich im Sinn hatte. Ich habe ihn inzwischen ersetzt und hoffe, er gefällt besser.

Richtig, unreiner Reim. Da das Wort "Nischen" jedoch mit einem langen "i" gesprochen wird, habe ich es zugelassen. Verzeih mir, wenn ich Deinen Vorschlag nicht annehmen kann, aber "lässt im Walde Schatten walten" ist mir ein zu heftiger Keulenschlag mit Alliterationen - es passt nicht zum Ton des Gedichts.
Außerdem klingen mir Wörter wie "walten" und "Spalten" nicht sonderlich poetisch. Hier mag mir Schiller mit seiner "tüchtig waltenden Hausfrau" ebenfalls verzeihen  ;).

Letzter Vorschlag von Dir: Hier ziehe ich den Dativ vor, weil er poetischer und weicher klingt, der Genetiv klingt hart. "Farbdekor" engt zu sehr ein, Dekor ist mehr als nur Farbe, es ist auch Form, Material und Kombination von Material. Das ist reines Sprachgefühl, kann also mit Gewichten auf der Waage des Purismus schnell in schwindelnde Höhen befördert werden, aus denen der Absturz droht. Mein Risiko, wenn ich dann auf der Wippe oben bleibe und nicht mehr runtergelassen werde. Wenn ich irgendwann springen muss und am Boden zerschelle, hoffe ich, wenigstens ein dekoratives Muster zu hinterlassen ( ;D kleiner Scherz).

Danke, Erich, dass Du Dir die Zeit genommen hast, Dich mit meinem Gedicht zu beschäftigen. Ich weiß, wie ernst Du die Posie nimmst, und deshalb weiß ich es zu schätzen.

Lieben Gruß und weiterhin alles Gute für Dein kreatives Schaffen,
Aspasia
« Letzte Änderung: August 01, 2015, 16:37:09 von Aspasia »