Hi eKy!
Bei so wenig aktiven (also kommentierenden) Lesern, ist der Anteil der Werke, die ohne Feedback im Wiesen-Untergrund versinken naturgemäß hoch.. je nun... mit schwindenen Kräften will ich da natürlich gerne dagegen ankämpfen!
Also hier haben wir ein schönes Rondo von Dir, das nun wirklich der Kommentierung lohnt.
Es fällt erstmal auf, dass Du hier - bei allen korrosiven Anklängen (Traurig... an der Kante der Gedanken) - einen doch recht positiven Grundton anschlägst.
Im Refrain feierst Du recht wohlgemut in schöner Vierfachaliteration den Buchstaben L, der so traut nach Liebe-Leben-Leberpastete klingt (ja gut... das Letzte hab ich mir dazugedacht).
Dabei steht der postive Refrain stets im Widerspruch zur jeweils vorangehenden Strophe, die mit immer anderen Worten das Immergleiche besingt, nämlich ein lyrisches Du, welches offenbar in einer grämlichen Gedankendauerschleife steckengeblieben ist und über diesem Graugrübelmodus die angenehmen Seiten des Lebens versäumt, was wiederum zur refrainhaften Interventionsrede einer zweiten Stimme im Gedicht führt, die den Versuch unternimmt, den Grübelpeter aus seiner verpupsten Melancholie zu rütteln. Gelingt dieses Vorhaben wohl? Wir wissen es nicht sicher, aber immerhin hat die Refrain-Stimme das letzte Wort im Gedicht. Ein positives Ende also.
Die Rondo-Gestalt erhält das Gedicht dadurch, dass sich nach dem Muster A-B-C-B-D-B die sechs Strophen abwechseln und die Refrainstrophe (jeweils mit B gekennzeichnet) eben in regelmäßiger Weise zwischen die drei Nicht-Refrain-Strophen (mit A, C und D gekennzeichnet) eingeschoben ist. Der grundsätzlich gleiche Aufbau des Refrains zwingt nebenbefundlich dazu, in jeder Refrainstrophe auf die Suche nach einem neuen Reim auf -eben zu gehen. Es war klug vom Autor, sich diese Aufgabe nicht durch die Wahl einer allzu seltenen Reimendung ins Unerquickliche zu erschweren.
Was mir zuguterletzt ganz besonders gut gefällt ist, dass es in dem Gedicht zu einer stetigen Beschleunigung im Refrain kommt: Ist erst von Tagen (Refrain 1) die Rede, so verkürzen sich die Intervalle sodann zu Stunden (Refrain 2) und schließlich zu Minuten (Refrain 3). Dieses Accelerando erinnert an südeuropäische Tänze, deren Tempo von einer recht gemächlichen Gangart sich nach und nach zu einem wilden Prestissimo steigert.
LG!
S.
PS:
Ah einen Druckfehler (denke ich) will ich noch beanmerken: In S1 müsste es wohl statt "bringt dein Gleichgewicht ins Wanken" eher "bringst dein Gleichgewicht ... " heißen.