Autor Thema: Frühling am Walnussbaum  (Gelesen 3619 mal)

galapapa

Frühling am Walnussbaum
« am: April 30, 2013, 11:08:14 »
Sie steht am Walnussbaum, wo sie so oft verweilte,
gestützt auf den Rollator und Erinnerung,
still in Gedanken, die kein Mensch mehr mit ihr teilte,
gehüllt in Hoffnung auf Begnadigung.

Sie sinnt der guten Tage längst vergangner Zeiten,
die Sonne wärmt die Mühsalsfalten im Gesicht.
Ihr leerer Blick entflieht in unbekannte Weiten,
sucht dort im Nirgendwo ein wenig Zuversicht.

In Krokuswiesen wächst das Nichtgebrauchtzuwerden,
in Tulpenbeeten wuchert das Vergessensein,
am müden Körper nagen schmerzend die Beschwerden,
sie ist mit sich und ihrem Walnussbaum allein.

« Letzte Änderung: Mai 01, 2013, 09:51:12 von galapapa »

Knacki

Re:Frühling am Walnussbaum
« Antwort #1 am: April 30, 2013, 11:25:40 »
Hallo Galapapa

schöne Zeilen, vor allen deine Wortspielereien haben e3s mir angetan.
In Gedanken tauchen recht lebendige Bilder vor einem auf.

Und jetzt - schöne Grüße
der Knacki
Ich bin ein Niemand.
Niemand ist perfekt.
Also .....

galapapa

Re:Frühling am Walnussbaum
« Antwort #2 am: Mai 01, 2013, 09:53:09 »
Hallo Knacki,
danke für Dein Lob!
Ja, ich mag diese Spielereien auch; man kann wunderbar Gedanken und Gefühle mit Dingen verbinden auf diese Weise.
Liebe Grüße!
galapapa

Erich Kykal

Re:Frühling am Walnussbaum
« Antwort #3 am: Mai 01, 2013, 11:14:34 »
Hi, Charly!

Ein sehr innig mitzufühlendes Gedicht über sicherlich Erlebtes - und nicht zuletzt eine angst, die uns alle begleitet! Sehr tief verdichtet!

Ein kleiner Fehler: S1Z4 hat (als einzige) nur 5 Heber anstatt der sonstigen 6.
Alternative: "gehüllt in stille Hoffnung auf Begnadigung." oder "gehüllt in Sicherhoffen von Begnadigung."
Da hätten wir die avisierten sechs Heber.

Sehr gern gelesen!

LG, eKy

Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re:Frühling am Walnussbaum
« Antwort #4 am: Mai 01, 2013, 12:56:49 »
Lieber galapapa -

mich bedrückt dieses überaus wohlgeformte Gedicht sehr.
Das mag am persönlichen Empfinden liegen:
Mein Großvater hat einen Walnußbaum gepflanzt (am Anfang der fünfziger Jahre),
zu dem meine Mutter noch einen innigen Bezug hat.
Auch bei ihr lassen die körperlichen Kräfte sehr nach.
Der Kirschbaumgroßvater steht näher im Garten, wird bei jeder Neumondsichel begrüßt.

Wie nah geht mir Dein Gedicht!


Lieben Gruß
von
Cyparis

Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

galapapa

Re:Frühling am Walnussbaum
« Antwort #5 am: Mai 01, 2013, 14:53:35 »
Hallo Erich,
danke für Deinen Kommentar und Dein Lob!
Was die Hebungen in S1Z4 angeht, so nehme ich hier in Anspruch, dass das Wort "Begnadigung" mit zwei unbetonten Silben am Ende oder wahlweise einem unbetonten "di" und einem betonten "gung" gesehen werden kann. Liest man also Be-gna-di-gung, dann hat man 5 Hebungen.
Die "Erinnerung" in S1V2 müsste für Dich ja dann ein ähnliches Problem sein.
Wie auch immer, und das hab ich Dir abgeguckt: Zu spät, schon gedruckt und kann nicht mehr geändert werden. ;D
Liebe Grüße!
galapapa
Liebe Cyparis,
auch Dir lieben Dank für Deine Worte unter meinem Gedicht und für Dein Lob!
Der Walnussbaum Deines Großvaters ist mir sehr nahe, da ich etwa gleich alt bin wie der Baum. Er (der Baum) ist aber sicher einen Kopf länger. :)
Als meine jüngste Tochter zur Welt kam (1989), pflanzte ich auch einen Walnussbaum. Schon 5 Jahre später erntete ich die ersten Nüsse und als die Tochter 10 wurde, war er bereits ein mächtiger Baum. Kurz darauf hat ihn der Vermieter umgesägt...
Liebe Grüße!
galapapa

Erich Kykal

Re:Frühling am Walnussbaum
« Antwort #6 am: Mai 01, 2013, 15:29:35 »
Mal unter uns: Egal, wie du "Begnadigung" betonst (für mich gibt es da ohnehin nur eine korrekte Version), es werden immer bloß fünf Heber in dieser Zeile!
Wenn du glaubst, da mehr Heber rauszuholen, musst du mir das zeigen! Ich komm nicht drauf.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Daisy

Re:Frühling am Walnussbaum
« Antwort #7 am: Mai 03, 2013, 21:28:57 »
Lieber galapapa,

sehr einfühlsam und anschaulich beschreibst du in deinem Gedicht die spezielle Situation dieser alten Frau.
Die schönen Verse lassen Bilder erstehen, die mich an ähnliche, eigene Erlebnisse mit alten Menschen erinnern.

Sehr gern gelesen.

LG Daisy

galapapa

Re:Frühling am Walnussbaum
« Antwort #8 am: Mai 04, 2013, 17:18:07 »
Hallo Erich,
in meinem Delirium demens habe ich übersehen, dass der Text ja mit 6 Hebungen geschrieben ist.
Also vergiss es ganz schnell (so wie ich auch alles ;D). Sorry!
Liebe Grüße aus Alzheim!
galapapa

Liebe Daisy,
danke für Deinen lobenden Kommentar!
Ich glaube, das ist ein wichtiges Problem, dass viele Menschen in so einem Szenario eben nur einen alten Meschen sehen, der halt nicht mehr so richtig kann und sich dabei nicht bemühen, sich in diese Situation hinein zu fühlen. Das Man-ist-ja-noch-soo-weit-davon zieht dann leicht ein Was-geht's-mich-an nach sich.
Liebe Grüße!
galapapa

cyparis

Re:Frühling am Walnussbaum
« Antwort #9 am: Mai 04, 2013, 23:28:20 »
Lieber galapapa -

ich bin überzeugt davon, daß man dieses Gefühl spätestens  beim Erwachsenwerden verliert.
Dann kommt die angeborene Empathie zum Tragen.
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
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