Autor Thema: Rabentage  (Gelesen 1244 mal)

Erich Kykal

Rabentage
« am: Oktober 15, 2013, 19:57:04 »
Ich habe gedacht, es wäre noch wärmer
und schaute verschlafen vom Fenster ins Feld.
Das Jahr an verbleibenden Wochen viel ärmer,
an Raben schon reicher die herbstliche Welt.

Ich habe die Tage wie räumlich empfunden,
zu kurz um drei Meter jedoch war die Zeit!
Ich trug ja so schwer an den Quadern der Stunden,
damit auch zu bauen war ich nicht bereit.

Ich habe den Morgen verdunkelt gesehen,
die Nacht aber war meiner Seele so licht!
Ich suchte mein Abbild darin zu verstehen,
sah nur einen Fremden und konnte es nicht.

Ich habe geglaubt, mich geordnet zu haben,
ein Sein, an Erfahrung und Kenntnissen reich!
Vom Felde empor steigen schnarrende Raben
und streichen hinab an den dunkelnden Teich.
« Letzte Änderung: Mai 29, 2021, 21:55:18 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Phoenix-GEZ-frei

Re:Rabentage
« Antwort #1 am: Oktober 16, 2013, 20:41:44 »
Hallo Erich

Das erinnert mich an:"Der Rabe" (Poe)

Einst, um eine Mittnacht graulich, da ich trübe sann und traulich
müde über manchem alten Folio lang vergess’ner Lehr’ –
da der Schlaf schon kam gekrochen, scholl auf einmal leis ein Pochen,
gleichwie wenn ein Fingerknochen pochte, von der Türe her.
„’s ist Besuch wohl“, murrt’ ich, „was da pocht so knöchern zu mir her –
das allein – nichts weiter mehr.“

Nur so viel zu meiner spontanen Assoziation.

Ich pfeife aus Freude lieber Erich über dieses deines schweren
und zugleich Erkennendes, wie ein Kind im Walde.

Woh - fantastisch


LG Phoenerle

Erich Kykal

Re:Rabentage
« Antwort #2 am: Oktober 19, 2013, 13:37:47 »
Hi, Phönix!

Poe's Werk ist mir bekannt, deutsch wie englisch. Allerdings dachte ich beim Schreiben nicht explizit daran, aber etwaige Assoziationen beim Lesen gehen durchaus in Ordnung. :D

Vielen Dank für das Lob!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Daisy

Re:Rabentage
« Antwort #3 am: Oktober 19, 2013, 13:50:05 »
Hallo Erich,

ohne genauer ausführen zu können, was im Besonderen mich an diesem Gedicht so fesselt, kann ich es nur in den höchsten Tönen loben!
Der Inhalt zieht mich magisch an und berührt mich sehr, ein für mich ganz einzigartiger Text!

Große Klasse!

LG Daisy

Erich Kykal

Re:Rabentage
« Antwort #4 am: Oktober 19, 2013, 13:53:10 »
Hi, Daisy!

Ich kann auch nicht den Finger drauflegen. Bei diesem Gedicht ließ ich mich eher vom Unterbewussten leiten, von abstrusen Gegensätzlichkeiten ohne Logik. Ist sonst nicht so mein Ding, aber hier wollte ich mal ganz einfach "irre" sein...

Vielen Dank für so viel Begeisterung! :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re:Rabentage
« Antwort #5 am: Oktober 19, 2013, 21:26:41 »
Lieber Erich,

ich wage mich fast nicht mehr an Deine Gedichte, weil ich odft nicht weiß, was ich dazu Adäquates schreiben soll.
Meine Kommentare geraten mir immer banaler und flacher.

Dieser Text ist magisch, ich bin zutiefst gebannt.
Wie fremd, wie fremdartig!
Da stört auch nicht das zwiefache doch innerhalb eines Verses.

Bilder hast Du geweckt! Erinnerungen heraufbeschworen. Nächte portraitiert.
Gespenstisch.

Tief berührten Abendgruß
von
Cyparis


Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re:Rabentage
« Antwort #6 am: Oktober 19, 2013, 21:44:01 »
HI, Cypi!

Das doppelte "doch" ist mir durchaus aufgefallen, indes, ich wusste mir keinen Rat, wie sonst auszudrücken, was ich sagen wollte.

Dieses Gedicht begann ursprünglich mit der 2. Str. - meine ursprüngliche Idee war, ein "verrücktes" Gedicht mit logischen Unmöglichkeiten aus dem Unbewussten tropfen zu lassen. Erst, als am Ende irgendwie plötzlich die Raben auftauchten, musste ich ihnen irgendwie eine sinnhafte Verankerung geben, eine inhaltliche Klammer, die sie schon eingangs erwähnte. Daher schrieb ich zuletzt die nunmehr erste Strophe dazu.

Du hast recht - auf eine seltsame Weise hat dieses Konstrukt Magie, strahlt eine Art ewigen Zwiespalt aus, verbunden mit mystischen Momenten aus Erinnerung oder Träumen. Obwohl ohne durchgehende rote Linie (sehr ungewöhnlich für mich!), wirkt es auf den Leser. Seltsam...

Vielen Dank übrigens für deine fortgesetzten Bemühungen um immer noch originelle Lobesworte! ;) :D Du bist erfolgreich!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re:Rabentage
« Antwort #7 am: Oktober 19, 2013, 22:26:03 »
Ich habe noch so viele Kommentare nachzuholen - mich drückt mein schlechtes Gewissen!

Es ist wirklich keine faule Ausrede, wenn ich meine Therapie z.T. dafür verantwortlich mache.
Sie kostet viel Kraft.
Und so kleine Wischi-Waschi-Kommentare wären eine Beleidigung.


Gute Nacht, lieber Erich!
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte