26 - DOVEDALE BEI MONDLICHT (Joseph Wright of Derby, 1785)
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/4d/Joseph_Wright_of_Derby_-_Dovedale_by_Moonlight_-_Google_Art_Project.jpgWie fallen diese Schatten seltsam vage
vom Dämmern hinter hohen Bäumen her,
sie liegen auf den Gräsern, müd und schwer,
fast wie ein unerlöster Rest vom Tage.
Der Pfade Kiesel fallen nun ins Dunkel
und warten einsam auf das nächste Licht.
Der Trost der Nacht erreicht ihr Wesen nicht,
und nur den Teich erfüllt sein Sterngefunkel.
Die Stille streift die Wiesen und die Bäume
so anders als der trubelhelle Tag.
Sie weitet und eröffnet alle Räume,
die bunter Menschen Gegenwart geschlossen,
und was den Blicken tags verborgen lag,
liegt nun in eines Mondes Licht gegossen.
27 - DER ALTE MANN UND DIE JUNGEN BÄUME (Carl Larsson, 1883) ---> zum Bild
Da ging er hin und hatte tausend Pläne,
und wusste doch: Nicht einer würde wahr.
Er lief am Teich die Runde Jahr um Jahr,
entglitt der Welt und fütterte die Schwäne.
Da ging er hin und wusste tausend Dinge,
doch niemand lauschte seiner Murmelei.
Er lief die Runde wie ein stummer Schrei
des sterbenden Gehenkten in der Schlinge.
So ging er hin und ging der Zeit verloren,
fast wie das Ticken einer alten Uhr,
sich noch verschwendend an ertaubte Ohren,
doch leiser wird, wenn die Gewichte sinken.
So gehn wir hin, gehn das Vergessen trinken,
sind wir im Sein doch Augenblicke nur.
28 - DIE OLIVENBÄUME (Vincent van Gogh, 1889) ---> zum Bild
Das Land erscheint zu grüner Qual geronnen,
und die Oliven krallen sich ins Blau
entfernter Hügel, vage, ungenau,
wie unbeendet, was ein Kind begonnen.
Und doch herrscht Sommer voller Licht und Helle,
wirkt alles luftig, leicht und unbeschwert.
Die weiße Wolke, die den Himmel quert,
gleicht Brandungsschaum auf einer Lebenswelle.
Wie litt dein Blick an solcher Farbenfülle,
wie ging dein Sein an dieser Lust zugrund!
An soviel Schönem schautest du dich wund
und fingst es ein in diesem Bilderglühen,
aus dem ein unbeugsamer, starker Wille
nur immer eins zu wollen scheint: Sich mühen.
29 - STILLER TEICH (Albert Bierstadt, spätes 19. Jhdt) ---> zum Bild
Wie wird mir Freude an der Lust zu schauen,
wo Wiesen sind vor einem stillen Wald.
Ich halte inne, stehe stumm, und bald
steigt Friede aus den Matten, ein Erbauen
aus meinem Glück bis in der Bäume Kronen,
der Blätter tausend Grüne, außen lichter
und immer dunkler dort, wo innen dichter
sie wispernd ihren Schattenraum bewohnen,
wo sie, gestreichelt von der leichten Brise
nach Sommer weisen und nach reifer Fülle,
und meine Seele wächst aus ihrer Hülle
hinaus ans Wesentliche solcher Orte,
und schwebt enthoben aller Zeit und Worte
wie träumend weiter über Wald und Wiese.
30 - WEIZENFELD MIT ZYPRESSEN (Vincent van Gogh, 1889) ---> zum Bild
Du ahntest sie, die große Kathedrale,
die dich so überfließend im Gebet
erkannte, und so fand sie auf's Tapet
der Leinwand viele wundervolle Male.
Wie Türme jener Kirche die Zypressen,
und Weizen wächst wie Bänke zum Altar.
Hoch ins Gewölbe steigend wunderbar
das Fresko ihres Himmels, dran zu messen
dein Auge sich an dieser Fülle schulte,
und wo dein Wesen sich in Qualen suhlte,
erhob dein Schauen dich an eine Quelle,
die keine Schmerzen wusste oder Leiden.
Du kanntest beides und gehörtest beiden,
doch maltest Schöneres an deren Stelle.
31 - SEINEARM BEI GIVERNY (Claude Monet, 1897) ---> zum Bild
In Fernen wie nach Grün und Blau verschwimmend
liegt hoher Auwald in des Tages Dunst.
Gleich wahr wie spiegelnd zeigt sich deine Kunst,
im vagen Unbestimmten sich bestimmend,
als wäre eins dem anderen verwandter
denn was wir ungespiegelt täglich schauen.
Kann, wer dies sah, dem Auge je noch trauen?
Wir starren jeden Augenblick gebannter,
als suchten wir nach der erlernten Grenze
von Wahrheit oder Schein: Dem Spiegelrand.
Sind eins der Blätter und der Wellen Tänze
in diesem Rätsel? Wer die Lösung fand,
sucht darin nicht nach Wasser oder Land.
Er sieht in allem seine Welt zur Gänze.
32 - DER WALDTEICH (Thomas Moran, 1909) ---> zum Bild
Im zauberischen Bann von Licht und Leben,
im Takt mit Schattenflecken und Geäst
entsteht, was meine Seele tanzen lässt:
Ein Bild, danach die müden Sinne streben
gleichwie Verdurstende zur kühlen Quelle.
Und mag der Ort auch nur erfunden sein,
er steht für alles, was mir licht und rein
und so erhaben scheint wie diese Stelle.
Wär ich doch Moos an jenen runden Steinen,
ich schmiegte tief in diese Harmonie
mich ein, mein Sein mit ihrem Duft zu einen,
zutiefst zu wurzeln mit den alten Bäumen,
und um das dunkle Wasser, so wie sie,
von nichts als diesem Augenblick zu träumen.
33 - YERRES, PFAD DURCH DEN WALD IM PARK (Gustave Caillebotte, 1878) ---> zum Bild
Der Sommer flackert lodernd durch die Bäume
und wirft die Blätter in die grüne Glut,
die flimmernd wie der warmen Erde Blut
den Wald erfüllt bis in die tiefsten Räume.
Die Stämme werfen wegwärts lange Schatten,
und wie bemaltes Licht erscheint die Wiese,
doch soviel aus sich leuchtender als diese
sind noch die Kronen, die die übersatten,
hellichten Nachmittage widerspiegeln,
aus denen Glanz in diese Stelle rinnt
und im Betrachter jenes Buch entsiegeln,
in das ein Herz sein innigstes Erleben
wie ein Geheimnis schreibt, und es beginnt
ein wenig mehr noch in dem Bild zu leben.
34 - PLACE DE LA CONCORDE (Edgar Degas, 1875) ---> zum Bild
Momentaufnahme alternden Jahrhunderts,
zeigt sich die Malerei, und sie verstört
mit Mienen: Voneinander abgekehrt,
versonnen bis beliebig und, wen wundert's,
die ganze Flut der Leere still ertragend,
die dieser weite Hintergrund erfasst.
Die Stadt ringsum fällt ihnen nicht zur Last,
wie sie, so seltsam nichts und alles sagend,
sich nicht begegnen, nur im Rahmen bleiben,
weil sie ein blinder Augenblick verband;
und einzig nur der dunkle Mann am Rand
scheint den Moment betrachtend zu erleben,
und alle Zeit scheint nur an ihm zu kleben,
um ihn zu einem Farbfleck zu zerreiben.
35 - SONNENAUFGANG (George Inness, 1887) ---> zum Bild
Und wieder wächst dir Sonne in den Morgen,
erneut wird dir so unerbittlich Tag,
doch was auch immer darin leben mag,
hat keinen Hang nach deinen alten Sorgen.
Entrückt gehst du die wohlbekannte Runde,
und gehst sie ach so lange schon allein,
und länger noch wirst du alleine sein,
gebeugt verblutend an der alten Wunde.
Die Himmel brennen und die Wolken steigen
weit über deinem Welken in die Welt,
die lichterloh, was sie ins Leben hält,
umarmt zu eines neuen Tages Reigen,
und nur dein Schattensein ist abgewendet
von alledem, bis es im Schatten endet.
36 - DER ABSINTHTRINKER (Edouard Manet, 1859) ---> zum Bild
Verwaschen scheint sein leeres Angesicht,
in dem die Wirrnis seiner Welt sich spiegelt.
Ein letztes Glas, das seinen Schatten siegelt,
noch voller unverzehrtem, grünem Licht.
Die schwere Decke scheint ihn zu verhindern,
als schlösse sie sein stumpfes Leben ein,
und nur darunter weiß er noch zu sein,
und nur das Gift kann diese Schwere lindern.
Fast zärtlich wagt er einen Schritt zu setzen,
wie sich erhebend aus dem Zwang der Nacht,
und scheu, als könne ihn das Licht verletzen,
scheint er in einen Augenblick erwacht,
um den sich fremde Bilder fahrig hetzen
zu einem Wirbeln, das ihn taumeln macht.
37 - AUF DEM WEG ZUR SCHULE (Jules Bastien-Lepage, 1882) ---> zum Bild
Wie kennst du diesen Blick der zarten Blume,
die gänzlich aus Zerbrechlichkeit besteht.
Ein armes Mädchen, das zur Schule geht,
noch nicht gebeugt in eines Ackers Krume.
Dies Land ist hart wie seine rauen Hüter,
die Blume blüht nur kurz in ihrem Gang,
doch was für diesen Augenblick gelang,
berührt den tiefsten Spiegel der Gemüter.
Und ging dir dieses Schauen nicht zu Herzen,
verwirf dich, denn du kennst das Leben nicht.
In manchen Seelen brennen keine Kerzen
für eine Andacht vor dem Wahren, Reinen.
In diesen Augen aber glimmt ein Licht,
das zärtlich leuchten will und ewig scheinen.
38 - JULINACHMITTAG (Guy Rose, 1897) ---> zum Bild
Es gellt die Sonne vor dem Hag der Schatten
wie eines Sommertages heißer Schrei,
der als erschöpftes Echo strandet bei
des Hügels Waldung hinter hellen Matten.
Der hohen Bäume immersachte Kühlung
erfrischt die Augen wie die Frohnatur
bei einem Blick in jene weite Flur,
und das Gemüt hält mit der Ferne Fühlung.
Wohin von dieser Lichte? Solches Wissen
ist nicht für Gäste eines Augenblicks,
den darin Lebende wohl kaum vermissen.
Ein Bild im Grünen, wie so viele weiter,
und doch Momentaufnahme eines Glücks,
das Seelen leichter macht und Sinne heiter.
39 - KONIFERENWALD, SONNIGER TAG (Ivan Shishkin, 1895) ---> zum Bild
Dies Bild beatmet meine wunde Seele,
darin ich Heimat und Zuhause weiß.
Aus seiner Schattenkühle weht mich leis
ein Trösten an, das ich mir zubefehle
und dankbar berge wie das grüne Glühen
der hellen Lichte, die dort hinten winkt,
wo sie der Tag vergoldet und durchdringt
beinah wie ein beseeltes Sichbemühen.
Nur dir, du tiefer Wald, sei anbefohlen,
was meinesgleichen Lärm und Drang gestohlen,
in dir allein wird Ruhe mir und Kraft.
Aus dir heraus kann ich in Urvertrauen
der Menschen Treiben und Begehren schauen
und steig und falle mit der Bäume Saft.
40 - BEI QUIMPERLE (Fritz Thaulow, 1901) ---> zum Bild
Wie kann ein Herbst zu Farbigkeit gerinnen,
da sich auf eines Baches lichtem Spiegeln
die Schatten seiner Uferbäume siegeln
wie Sterbende, die sich von vorn beginnen,
wenn sie nach Eis und Kälte neu erwachen.
Noch wärmt der milde Tag, bewegt ein Fließen
die bunten Bilder, die sich langsam schließen
und den Betrachter seltsam traurig machen,
ahnt er doch schon im unentwegten Rauschen
des Eises Stille und will weiter lauschen,
solang die Wasser gehen mit der Zeit.
Er weiß, er kann den Gang der Welt nicht wenden.
Das Jahr vergeht, ein altes Sein muss enden -
dem Wandel bleibt Lebendiges geweiht.
41 - DER BADEZUBER (Edgar Degas, 1886) ---> zum Bild
Sie steht gebeugt in ihrer blauen Schale,
wie eine Venus, eben schaumgeboren,
des Lebens müde schon und ganz verloren
sich dunkel sehnend nach dem Wellentale.
Ein Mädchen nur, das eben nach dem Bade
die Wanne säubert, wie es sich gehört,
grazil, verwundbar scheint sie und betört
die Welt, so ahnungslos und doch: Najade.
Nur wenn sie aufschaut, wird der Zauber brechen,
verliert der Augenblick sich in der Zeit,
löst sich - von je unhaltbar - das Versprechen,
das ihre Unschuld dem Betrachter weiht.
So hält er still, erforscht die Oberflächen,
die solche Pose ihrem Raum verleiht.
42 - MONTAGNE SAINTE VICTOIRE, VON BELLEVUE AUS GESEHEN (Paul Cèzanne, 1882-85) ---> zum Bild
Auf einen Blick erschließt sich eine Weite,
eröffnet dem Beschauer sich im Tale
der Menschen Welterschaffen in der Schale
der weiten Landschaft. Ihre ganze Breite
bewohnen Höfe, Viadukt und Felder
in einem Lichte, das den Süden kennt
und Silhouetten in den Himmel brennt
des fernen Berges und der Hügelwälder.
In solcher Tiefe will ich gern ertrinken,
vom nahen Grün bis hin zum Blau der Ferne,
und satt von soviel Farbigkeit versinken,
die mich so wach und schläfern macht zugleich.
An solchen Orten, denk ich, stürb ich gerne,
denn nirgends anders ist mein Herz so reich.
43 - EINE NACKTE (Edward Munch, 1913) ---> zum Bild
Zerstoben ist ihr alle Wesensruh -
und wider alles, was sich weiter böte,
bläst sie des Irrsinns unentwegte Flöte,
als spielte sie ihr Leiden immerzu.
Zuletzt bleibt nur des wunden Wahnsinns Waffe
in ihrer welken Hand - die Scherbenklinge
des Spiegelbilds, das alle heilen Dinge
erdolcht. Oh Wunde, öffne dich und klaffe!
Verblute, Innerstes, in diese Leere,
die solch ein Seinzerfleischen hinterlässt.
Was übrigbleibt, entseelt und schweißdurchnässt,
ergibt sich willenlos der eignen Schwere.
Man kleidet ihre Hülle, kämmt die Haare,
und lässt sie sickern in den Lauf der Jahre.
44 - DIE GEBURT DER VENUS (Sandro Botticelli, 1486) ---> zum Bild
So unberührt entsteigt, weiß wie Damast,
sie ihrem Ozean, so sehr Erscheinung,
dass man beschämt verwirft, was sich an Meinung
dran sammelte und doch ihr Bild nicht fasst.
Und stünde sie allein in ihrem Rahmen,
es machte merklich keinen Unterschied,
da alle Welt doch nur die Mitte sieht
und ihr Versprechen an die Zeit: Den Samen,
der Ewigkeit dem Endlichen verheißt,
drin wir versinken mit dem Gang der Jahre,
und nur in diesem goldnen Schwung der Haare
lebt jene Sehnsucht, die uns tief berührt.
So bleibt der Zauber, den man um sie spürt,
die eine Gunst, die uns der Tod erweist.
45 - DAS MÄDCHEN MIT DEM PERLENOHRRING (Jan Vermeer, ca. 1665) ---> zum Bild
Sag wer, so fragst du dich an Malers Stelle,
ist dieses Mädchen, das wie scheue fragend
und doch mit großen Augen so viel sagend
sich wendet nach des stillen Blickes Quelle,
der sie berührte wie ein Atemhauchen
von einem Seufzer, den die Seele tat,
die endlich alles, was sie je erbat
durch sie erfuhr, um darin einzutauchen:
In diese Augen, die dein Träumen stillen,
in dieser Lippen Glanz und zartes Rot!
Und wüsste sie um deine liebe Not,
sie gäbe deinem aufgescheuchten Willen
die eine Nahrung, die sein Glühen nährt:
Die eine Lust, die uns die Nacht gewährt.
46 - WALDPFAD MIT FARNEN (Isaak Levitan, 1895) ---> zum Bild
Und wär nur eins der abertausend Grüne
in diesem Walde mein, nur mein allein -
ich malte wieder diesem Bild es ein,
darin es fehlte dieser großen Bühne
der schönsten Augenblicke meines Seins.
Wie war ich dort zu Hause alle Tage,
fernab der Menschen Ungemach und Plage,
und war wie alle Grüne - und doch keins.
Zutiefst erlebtes, tröstliches Verträumen
geborgter Zeit in diesem kühlen Raum
des Dämmerschattenspiels von hohen Bäumen.
Wie geh ich auf in dieser Offenbarung:
Ist es noch Wirklichkeit, ist es schon Traum?
Verlass mich nie, oh köstliche Erfahrung!
47 - AM STRAND (Winslow Homer, 1875) ---> zum Bild
Noch einmal Knabe sein und nichts zu wissen,
als tagzuträumen vor dem Horizonte,
der endlos schien und alles werden konnte,
so wie man selber auch. Ach, wie vermissen
wir jene ungebundnen, freien Stunden
mit guten Freunden in des Sommers Licht.
Was haben wir an großer Zukunft nicht
uns damals vorgestellt, verloren und gefunden.
Noch einmal Kind sein und die Zeit vergessen,
die uns veränderte und so bezwang.
Wem solch ein lichter Augenblick gelang,
vermag allein die Wehmut zu ermessen,
die manchem vor dem Bilde widerklang,
in dem drei Knaben auf dem Stein gesessen.
48 - LE MOULIN DE LA GALETTE (Pierre Auguste Renoir, 1876) ---> zum Bild
Ein Tanzen, Plaudern, frohes Zeitversäumen
verlebt sich flirrend auf den weißen Kieseln,
die gleich den Menschen in der Sonne Rieseln
durch dichtes Blätterwerk an ranken Bäumen
wie lichtgefleckt erscheinen. Eine Menge,
die sich bewegt, sich findet und verliert
und tauschend um die Tische hindrapiert
gleich Inseln im sich wogenden Gedränge.
Da prunkt ein Farbenspiel und ein Beschwören
von junger Eitelkeit und altem Drange,
ein Spiel, das ewig reizt in seinem Gange
weil es "das Leben" heißt, und sein Betören
erweckt die Welt, in die wir ganz gehören
und ewig lauschen seinem hellen Sange.
49 - SEEROSENTEICH UND BRÜCKE (Claude Monet, 1899) ---> zum Bild
Es reicht der weißen Brücke schlanker Bogen
von Grün zu Grün, das wirkt wie ungezügelt,
und gleich der Brücke sich im Teiche spiegelt,
wo er sich nicht mit noch mehr Grün bezogen.
Sag, was verbindest du, so luftig schwebend?
Das Oben mit dem Unten, fern und nah?
Die Welt mit dem, was dein Erbauer sah?
Vielleicht auch nichts, dich allen Sinns enthebend?
Ein Werk aus Menschenhand, das einzig nur
im Parke sich dazu bekennt, da alles
sonst nur erscheinen will wie ehrliche Natur.
So bist du wirklicher im Fall des Falles,
und ziehst im Bilde eine zarte Spur
von Wahrheit durch die Welt des Widerhalles.
50 - IM WALD (William Trost Richards, Ende 19. Jhdt) ---> zum Bild
Du Brunnenloch, das wir im Walde hatten,
aus moosbewachsenem und feuchtem Stein.
Wie fand ich fasziniert mich forschend ein
als Knabe an den Rändern deiner Schatten.
Dein Kühlesein umfing mein junges Träumen
von Geistern aus den Märchen meiner Zeit,
die ich in dunkelnder Verschwiegenheit
vermutete und an den hellen Säumen
der ungetrübten Tiefe, im Geheimnis,
das magisch deinen Wassergrund umwob.
Seitdem bereute ich so manch Versäumnis
und mancher Jahre Lasten, die ich hob.
So wie ein anderer dich zugeschüttet,
so haben sie mir jeden Traum zerrüttet.