Autor Thema: Waldregen  (Gelesen 1365 mal)

Erich Kykal

Waldregen
« am: Mai 03, 2014, 14:16:51 »
Sanft empfangend rauscht der Wald im Regen,
tropfenweise blättert Ton um Ton
einer Melodie von Macht und Segen
abwärts durch die Zweige, welche schon

willig ihre Schattenfarben zeigen,
nach den Moosen auf der dunklen Erde,
welche selig vollgesogen schweigen
von der Süße, dass ein Abend werde.

Eine Nacht der erdig feuchten Düfte
reift heran mit jedem klaren Tropfen,
der sie lockt, und überm Fels der Klüfte
lauscht sie zärtlich in das weiche Klopfen.

Knorrig ragen Riesen in die Kühle
dieser Heiligkeit, und es wird still.
Wahre du, Beschenkter, die Gefühle
eines Dankens, das dich tragen will.
« Letzte Änderung: Mai 09, 2014, 21:40:43 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re:Waldregen
« Antwort #1 am: Mai 04, 2014, 18:09:15 »
Lieber Erich,

sehr atmosphärisch! Ich fühle mich in den Wald entrückt und lausche der Musik der Tropfen. "Grüne" und "zeigen" passt nicht zusammen und wenn es um die "Schattenpflanzen" geht, ist ein "sich" zu viel. "Welche" und "selig" wiederholt sich, ist aber sicher Absicht. Sehr schön die Überleitung zum LI, dessen große Gefühle in den mächtigen Baumriesen bildhaft vorgestellt werden.

Es hat sich wieder mal gelohnt, deine feine und reichhaltige Naturpoesie zu durchdringen.

Danke -
gummibaum


Erich Kykal

Re:Waldregen
« Antwort #2 am: Mai 04, 2014, 22:35:33 »
Hi, Gum!

"Grüne" (Grüntöne) passt sehr wohl zu "zeigen": Grüne zeigen sich in Schattenfarben."

Wobei wir beim nächsten Punkt wären: Hast du dich verlesen? Da steht nichts von "Schattenpflanzen", und das "sich" ist mitnichten zuviel. ;)

Die Wiederholungen sind mir nicht aufgefallen. Dafür sei herzlich bedankt. Das "welche" stört nicht, aber das "selig" hätte ich bemerken müssen. Nein, das war also keine Absicht (wie peinlich! :o)

Nicht JEDE Wiederholung muss vermieden werden. Manche fallen gar nicht weiter auf oder wirken zumindest nicht negativ, werden nur selten bemerkt. Wer zB weiß schon, dass es in Rilke's "Panther" in der 3. Str. eine unschöne Wortwiederholung gibt?

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich langsam auf, dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille,
und hört im Herzen auf zu sein.

Da wundert man sich doch, warum so ein großer Poet da nichts Adäquates gefunden hat, zB "..., dann fällt ein Bild hinein" oder "sinkt durch der Glieder...". Hat er absichtlich dasselbe Wort zweimal hintereinander gesetzt, und das an einer Stelle, die das eigentlich gar nicht erfordert - oder hat er dies schlicht übersehen???

Jedenfalls scheint diese Stelle kaum jemandem aufzufallen. Hier verhält es sich mit dem "welche" ähnlich.

Vielen Dank für deine Gedanken!

LG, eKy
« Letzte Änderung: Mai 04, 2014, 22:45:13 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re:Waldregen
« Antwort #3 am: Mai 04, 2014, 23:19:03 »
Ja, bei Schattenfarben habe ich mich verlesen. Aber "die Grüne" ist Singular und "zeigt" sich und "die Grüntöne" (Plural) "zeigen" sich. Der arme Rilke hatte keine Lyrik-Wiese. Wir hätten seinem Panther gewiss noch den  letzten Schliff verpasst. LG g
« Letzte Änderung: Mai 04, 2014, 23:56:54 von gummibaum »

Erich Kykal

Re:Waldregen
« Antwort #4 am: Mai 05, 2014, 00:08:40 »
Hi nochmal!

Das Grün - die Grüne
(ein Grün - viele Grüne)
Das ist ein Plural. Hier ist keine "grüne Irgendwas" als Femininum gemeint, sondern eine Vielzahl von Farbschattierungen und -abstufungen der Farbe Grün, wie man sie im Wald findet.

Da diese Stelle aber offenbar missverständlich ist, überlege ich mir beizeiten eine Alternative. Vielen Dank für den Hinweis.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re:Waldregen
« Antwort #5 am: Mai 05, 2014, 20:18:23 »
Ich stelle ein altes kleines Regengedichtchen (ohne Wald) ein.

cyparis

Re:Waldregen
« Antwort #6 am: Mai 19, 2014, 15:59:19 »
Das kommentatorische Hin und Her ist fast so befruchtend wie das Originalgedicht, Ihr Lieben!



Grüße
von
Cyparis
(schwärmerisch)
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re:Waldregen
« Antwort #7 am: Mai 19, 2014, 18:49:35 »
Hi, Cyps!

Vielen Dank, o Wohlbefruchtete! ;) :D

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
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Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.