Autor Thema: Der Wandel  (Gelesen 1363 mal)

gummibaum

Der Wandel
« am: August 08, 2015, 10:56:35 »
Die Erde welkt. Die Glut war groß.
Nun hat der Himmel sie gemildert,
und kühles Grau, das ihn bebildert,
senkt Linderung in ihren Schoß.

Ihr Ohr erwacht. Horcht, wie es rauscht.
Und willig liegt sie hingegeben,
ein jeder Tropfen spendet Leben
und wohlig wird sie ausgetauscht.

Sie atmet aus. Sie dampft noch scheu.
Dann lässt sie ihre Decken grünen
und sammelt auf den leeren Bühnen
die Tänzer und bespielt sie neu.
« Letzte Änderung: August 10, 2015, 11:27:42 von gummibaum »

Erich Kykal

Re: Der Wandel
« Antwort #1 am: August 08, 2015, 14:38:12 »
Hi, Gum!

Wunderbar lyrisch beschreibst du die Regeneration durch die Kühle und Feuchte eines Regens.

Unverständlich der Vergleich der Kühle und Linderung versprechenden Wolken mit "Sorgen" - dieser Spagat gelingt mir nicht.

Beim Einstieg von S2 zaudere ich erneut. Gerade noch bin ich im Schoß der Erde, nun plötzlich und unvermittelt das Ohr! Und was bedeutet die Formulierung? Ist es nur ein Ausruf so wie "Heil dem Abend."? Andernfalls hinge die Phrase unerklärt in der Luft.

Zudem liest sich die Phrase eher mit betontem Auftakt, was nicht ins Schema passt.

Auch den folgenden Satz kann ich nicht mit dieser Formulierung verbinden, denn er richtet sich nicht, wie logisch wäre, an das erwähnte Ohr der Erde, sondern an das des Lesers. Folgerichtig wäre eine Formulierung wie: "Ihr Ohr hört wohlig, wie es rauscht,". Da könnte man aber sicher noch eine lyrischere Version basteln.

In Z2 liegt die Erde dann insgesamt hingegeben. Die "Ohr"-Phrase passt so in all das nicht hinein, es sei denn, es soll - wie ich vermutete - ein Ausruf sein, der allerdings Raum für Fehlinterpretationen bietet.

Abgesehen von dieser Stelle ein Werk ohne Fehl und Tadel - im Gegenteil!

Sehr gern gelesen! :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re: Der Wandel
« Antwort #2 am: August 08, 2015, 14:48:25 »
Die Erde welkt. Die Glut war groß.
Nun hat der Himmel sie verborgen,
und aus den grauen, feuchten Sorgen
fällt Linderung in ihren Schoß.

Wohl ihrem Ohr. Horch, wie es rauscht. /Wohl irem Mund. Horch, wie es rauscht!
Und willig liegt sie hingegeben,
ein jeder Tropfen spendet Leben,
und wohlig wird sie ausgetauscht.

Sie atmet aus. Sie dampft noch scheu.
Dann lässt sie ihre Decken grünen
und sammelt auf den leeren Bühnen
die Tänzer und bespielt sie neu.


Feinst, lieber gummibaum!

Und gerade in diesen Tagen wie eine willkommene Predigt abseits aller Religionen.
Der letzte Vers ist umwerfend!


Lieben Gruß
von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

gummibaum

Re: Der Wandel
« Antwort #3 am: August 10, 2015, 11:26:09 »
Lieber Erich,

hab vielen Dank. Ich habe die dich irritierenden Stellen


Nun hat der Himmel sie verborgen,
und aus den grauen, feuchten Sorgen
fällt Linderung in ihren Schoß.

Wohl ihrem Ohr. Horch, wie es rauscht.


mal geändert.



Liebe cyparis,

danke dir. Über den Einfall mit den Bühnen habe ich mich selbst gefreut.     


Liebe Grüße
gummibaum

« Letzte Änderung: August 10, 2015, 11:29:17 von gummibaum »

Erich Kykal

Re: Der Wandel
« Antwort #4 am: August 10, 2015, 17:40:09 »
Hi, Gum!

Viel besser in S1. Und jetzt verstehe ich, dass das "horcht" nicht als Aufruf an den Leser gedacht ist, sondern sich auf das Ohr der Erde bezieht. In diesem Sinne biete ich eine wie ich glaube elegantere Variante an:

Ihr waches Ohr belauscht das Rauschen,
und willig liegt sie hingegeben:
Ein jeder Tropfen spendet Leben,
zu heben sich und auszutauschen.

Gewisse Adjektive wären noch austauschbar, falls sie dir nicht gefallen. Ich freue mich, dass ich helfen konnte! :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

charis

  • Gast
Re: Der Wandel
« Antwort #5 am: August 10, 2015, 18:34:28 »
Sehr schön lieber Gummibaum,

Ich danke dir für die virtuelle Abkühlung, die Hitze ist kaum noch auszuhalten.

Die letzten beiden Verse mag ich besonders.

Lieben Gruß
charis