Stiller Verehrer

[Erich Kykal]

Ich seh dich heute wieder unter andern
dich reiben an den Zeichen ihrer Herzen,
ich seh dich lachen und mit ihnen scherzen,
in ihren Schuhen mit ein Stück weit wandern.

Du bist so sehr bei dir, so unverhalten
nur Seele, die in aller Augen badet,
wie niemals wertend, was erhebt, was schadet -
Gestalt bloß unter anderen Gestalten.

In solchen Augenblicken sind Geschicke
vermählt mit jedem bangen Atemholen,
und meine Augen sind der Glut von Kohlen
verwandter als dem Spiegelspiel der Blicke.

Ich seh dich heute wieder, unter viele
dich tragend ohne Arg und Hinterfragen,
und würde nie zu unterstellen wagen,
dass dir mein stilles Angesicht gefiele.

[cyparis]

Oh, lieber Erich -

so zärtlich, so liebend gelingt es Dir, zu empfinden?
Ich fühle hier, was Chiffon bedeuten kann.

Wieder einmal Deine hohe Dichtunst, bei der es mehr als leicht fällt, sich ihr zu neigen.

Lieben Gruß
von
Cypi

[Erich Kykal]

Hi Cypi!

Ich weiß nicht, ob das zärtlich ist. Es mag eher begehrlich sein, aber mut- und hoffnungslos hinsichtlich eines positiven Ausgangs jeglichen Bemühens.

Ich bin nun mal ein Mensch, der nicht "geben" kann - mein Angesicht bleibt still, will sagen, es regt sich nichts darin, es sagt nichts aus, es gibt der Welt nichts preis. Ebendiese Welt hat mich so geformt, mit meiner tätigen Mithilfe, um mir Leid zu ersparen.
Die wenigsten Menschen können mit solch stillen Gesichtern etwas anfangen. Sie wollen/müssen ständig hören, wie sehr sie geliebt oder zumindest begehrt werden, sie brauchen das dauernde soziale Feedback wie ein Verdurstender das Wasser.
Ich kann das nicht geben, und darum versuche ich mich gar nicht erst in diesem Menschenspiel.

Dazu kommt, dass ich ein Ästhet bin - ich könnte eine Person mit einem ähnlich unförmigen Körper wie dem meinen niemals körperlich begehren oder tätlich lieben - daher würde mir nie einfallen, dies anderen zuzumuten, vor allem, wenn sie hübsch genug sind, mir zu gefallen.
Schönheit soll sich mit Schönheit gatten, und das Hässliche vermag mich nicht zu locken. Daher begehre ich still und unbemerkt. Ist besser so - für alle, glaub mir.

LG, eKy

[Curd Belesos]

Schönheit soll sich mit Schönheit gatten

Lieber Erich,

da verkennst du etwas, schon ein schönes altes Sprichwort sagt: " Schönheit liegt im Auge des Betrachters". Will sagen, Schönheit wird verschieden interpretiert; jeder hat seinen eigenen Geschmack; jeder empfindet Schönheit anders. Nimm die Geschichte um "Die Schöne und das Biest" oder "Phantom der Oper".

Nichts reizt mehr, als das Außergewöhnliche; und noch ein Sprichwort " Auf jeden Topf passt ein Deckel" und ein zweites, "wer sich nicht selber lieben kann, wird auch andere nicht lieben können".

Doch Sehnsucht ist für mich das Motiv meine Lebenseinstellung ändern zu wollen......und der Glaube hilft dabei, nicht der Glaube an die Götter der manipulativ agierenden Glaubensrichtungen und Sekten, sondern der Glaube an sich selbst- ICH will, also agiere ich und dulde und reagiere nicht.

Dein Gedicht hat für mich eine sehr depressive Grundstimmung, doch die künstlerische Art und der Gedanke gefallen mir sehr.

Technisch irritiert mich allerdings S4/Z1, müsste es nicht heißen:  Ich seh dich heute wieder, unter vielen ........

LG
CB

[Erich Kykal]

Hi Curd!

Das mag durchaus so sein, aber hier geht es um meine Vorstellungen in all ihrer komplexbeladenen und verkorksten Beschränktheit. 

Ein Ästhet wird das Feingliedrige, Elegante, Anmutige immer einer übergewichtigen Plumpheit vorziehen. Und wenn so ein Ästhet in einem plumpen Leib leben muss und offenbar nicht die Kraft hat, dies dauerhaft zu ändern, muss er eben mit entsprechender Selbstverachtung und Hass auf seinen Körper leben, sowie mit der fixen Ansicht, dass sein Corpus Delecti für andere Menschen unzumutbar ist.
Ob dies nun zutrifft oder nicht, ist nachrangig, denn es geht um die Geisteswelt des Ästheten, der er nicht zu entkommen vermag.

Vielen Dank für deine Einfühlungen! 

LG, eKy

[cyparis]

des Ästheten, der er nicht zu entkommen vermag.


LG, eKy

Lieber Erich,

will oder  k a n n er das überhaupt?
Nein. Er  ist gefangen.

LG
Cypi

(wäre ich 40 Jahre jünger - ich würde um Dich werben)

[Curd Belesos]

..............und ich um dich 

[Martin Römer]

Reisen ins Verderben: mein Vesuv!
Haben unsre Liebchen hierzu Lust?
Hier und da entglitscht dem Reif ein Ruf:
dass du vespern und verteilen musst.

[Agneta]

Lieber Erich,
du malst ein Bld von einem Menschen, einem Du, das perfekt ist, in sich ruhend, selbstbewusst und doch großzügig. Ein Wesen, das einer Illusion gleichkommt.
Gleichzeitig das Bild von einem Menschen, dem Prot, der dieses Wesen liebt und um es wirbt.
Eine Traumgeschichte, irgendwie unwirklich und doch schön.
Illusionen zu umwerben ist ungefährlich... lächel. Bei einem realen Menschen wird das schon schwieriger.
Gernemitgeträumt mit lG von Agneta

[Erich Kykal]

Hi Agneta!

Das Wesen muss nicht perfekt sein, tut sich nur viel leichter unter seinesgleichen, es ist nur viel vertrauender und offener als das LyrIch, und jenes liebt diese Person eben einfach. Aber es wirbt eben NICHT darum, weil es lieber aus der Ferne verehrt, eingedenk der eigenen körperlichen und/oder moralischen Schwächen, die es eine Ablehnung fürchten, bzw. als sicher annehmen lassen.


Hi Martin!

Danke für die Strophe - die ich leider inhaltlich nicht verstehe. Könntest du deine mir kryptisch erscheinende Symbolik bei Gelegenheit deuten?


LG euch beiden! 

eKy

[Martin Römer]

Aus einem einfachen Kopf kommt schlichtweg einfacher Kram: die Reisen ins Verderben sind dort „Quelle“, „Flamme“, „Stachel“ und der Reif, dem diese Moral wider das Asketensein entgleitet, steht einfach nur so dort. 

Gleich und Gleich gesellt sich gern: ich denke, das ist das Gängige. Bloß die Tugend von psychopathisch-enthemmten Gesellschaften bleibt nebulös.

[Erich Kykal]

Wird schon stimmen ...

[wolfmozart]

Eines der schönsten Liebesgedichte die ich je las.

Da muß auch ich als großer Liebes-Dichter mich beugen vor dir.

Ehre wem Ehre gebührt.

LG wolfmozart

[Erich Kykal]

Hi WM!

Vielen Dank für so viel Begeisterung! 

Ob es reicht, um die Großen Liebesdichter  sich beugen zu lassen, muss ich bezweifeln - aber schön, dass es dir gefällt!

LG, eKy