Autor Thema: Waldestiefe  (Gelesen 2148 mal)

Erich Kykal

Waldestiefe
« am: August 08, 2018, 15:51:59 »
Wie weiß ich heute wieder mich mit allem schwingen,
was in den Wäldern um mich her erklingt,
als wäre ich ein Lauschender, der in den Dingen
den Ton erkennt, der mit uns allen singt.

Wie kann ich heute wieder mich darin erfahren;
dass alles mit mir atmet immerfort,
was ich berühre, um es in mir zu bewahren,
als wüsste ich mich eins mit diesem Ort.

Wie darf ich heute wieder mich in allem fühlen,
das mich umfängt wie eine zweite Haut -
wie stiller Nebel steigt es aus den immerkühlen
Gefilden, die mein Seelenauge schaut.
« Letzte Änderung: Oktober 09, 2019, 16:42:46 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Sufnus

Re: Waldestiefe
« Antwort #1 am: August 09, 2018, 18:16:09 »
Wundervoll rhythmisch komponiert und edelst formuliert! :)
Meinen persönlichen Honig habe ich dabei aus der Durchdenkung Deiner ganz schön kniffligen grammatischen Konstruktion in den ersten zwei Zeilen gezogen: Im ersten Anhau schien mir "schwingen" als ein Verbalnomen Großschreibung zu verlangen, bis ich gemerkt habe, dass es sich hier um eine Art A.C.I. ("ich weiß mich schwingen") handelt und das "allem" keineswegs ein Adjektiv zu schwingen ist.... sehr genussvoll, all dies zu durchdringen... dankedafür, lieber eKy! :)

Erich Kykal

Re: Waldestiefe
« Antwort #2 am: August 09, 2018, 19:40:51 »
Hi Suf!

Das Gedicht wechselt zwischen 6- und 5-hebigen Zeilen: Immer 6565. Kadenzenschema wmwm.
Das macht mE. die Sprachmelodie getragener und gleichzeitig den Rhythmus klarer, definierter.

Darum erschien es dir so besonders "rhythmisch".

Ich schreibe einfach meine Gedichte vor mich hin und befleißige mich dabei nur jener Sprache, die ich als Deutschprofessorenbub einst gelernt habe:

Ich lernte zuerst Hochdeutsch, mit Dialekten kam ich erst in Kindergarten und Schule in Kontakt, da ich davor als ziemlich isoliert lebendes Einzelkind kaum Umgang mit Gleichaltigen hatte.
Den Rest meiner Kindheit und Jugend verbrachte ich mit unzähligen Märchenschallplatten, von Reineke Fuchs bis später zu Goethe's Faust, den ich mit 16 halb auswendig aufsagen oder mitsprechen konnte.
Rilke kannte ich lange Zeit nur mit dem "Panther" im damaligen österr. Schullesebuch (Lyrik wurde später ersatzlos dort gestrichen). Dafür war dieses Werk meine lyrische Initialzündung, so mit 12: Ich weinte bittere Tränen des Mitleids für das arme eingesperrte Tier. Gleichzeitig wollte ich auch so schreiben können, dass es so schön klang und Menschen so zutiefst erreichen konnte.
Mein Geschreibsel als Teen war - von heute aus besehen - eher krude und selbstgefällig. Mit Anfang 20 hörte ich für 25 Jahre ganz zu schreiben auf, auch weil man mir glaubhaft versichert hatte, dass gereimte Lyrik altmodisch sei und keinen mehr interessiere - und damals wollte ich unbedingt noch interessieren. Ich schrieb damals, unreif wie ich war - neben der Lust an Sprache an sich - aus Geltungsbedürfnis.
Heute habe ich das hinter mir gelassen und will nur noch die Schönheit der Sprache und ihre mannigfaltigen Möglichkeiten feiern. Es macht mir Spaß, sie auszureizen.

LG, eKy
« Letzte Änderung: August 12, 2018, 14:13:35 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Agneta

  • Gast
Re: Waldestiefe
« Antwort #3 am: August 12, 2018, 11:24:50 »
sich schwingen fühlen, sich eins fühlen mit dem Wald, ja, das kenne ich auch, lieber Erich. Ein geschenk, dieses Gefühl und dein schlnes Werk auch. LG von Agneta

Erich Kykal

Re: Waldestiefe
« Antwort #4 am: August 12, 2018, 14:14:30 »
Hi Agneta!

Vielen Dank für den (eilig getippten?) Kommi!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re: Waldestiefe
« Antwort #5 am: August 15, 2018, 10:35:04 »


Heute habe ich das hinter mir gelassen und will nur noch die Schönheit der Sprache und ihre mannigfaltigen Möglichkeiten feiern. Es macht mir Spaß, sie auszureizen.

LG, eKy

Für Dich, lieber Erich, wird sie niemalen auszureizen sein, da Du der Beherrscher bist.

Submissest:
Cypi
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re: Waldestiefe
« Antwort #6 am: August 15, 2018, 11:23:03 »
Hi Cypi!

Schon klar, wie du das gemeint hast - als Zeichen des Respekts. Aber nur um es klarzustellen:

Um Submission zu genießen, bin ich der Falsche!  ;) Begeisterung für meine Verse - ja. Begeisterung für meine Person - unverdient. Aber Erhöhung über andere - nein!

Unterwerfung will ich keine - aber dein Lob auf Augenhöhe nehme ich gerne an!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Sufnus

Re: Waldestiefe
« Antwort #7 am: August 15, 2018, 12:01:41 »
... in jedem Fall schließe ich mich Cypis Begeisterung für Deine Verse, eKy, sehr gerne vorbehaltlos an! :)

cyparis

Re: Waldestiefe
« Antwort #8 am: August 15, 2018, 12:44:37 »
Hi Cypi!

Schon klar, wie du das gemeint hast - als Zeichen des Respekts. Aber nur um es klarzustellen:

Um Submission zu genießen, bin ich der Falsche!  ;) Begeisterung für meine Verse - ja. Begeisterung für meine Person - unverdient. Aber Erhöhung über andere - nein!

Unterwerfung will ich keine - aber dein Lob auf Augenhöhe nehme ich gerne an!  :)

LG, eKy

Lieber Erich,

Du siehst mich bestürzt.
Ich werde meine Begeisterung etwas zügeln - das ist keine Große Kunst,
 und Du persönlich läufst nicht Gefahr, mich zwei- oder dreimal vor Deinen Gedichten knieen zu sehn. (scharfes Lachen meinerseits).
Meine unterwürfigen Zeiten sind seit Dezennien vorbei.
 ;D

Also: Schimpf nicht wieder mit mir, wenn ich einmal mit der Dosierung über die Stränge schlage. :-*

Immer:
Cypi

Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re: Waldestiefe
« Antwort #9 am: August 15, 2018, 13:47:28 »
Hi Suf!

Vielen Dank! Das freut den Poeten!  :)


Hi Cypi!

Nicht gleich gar so ernst nehmen! Du schriebst schon öfter "submissest", und das heißt übersetzt eben "in größtmöglicher Demut". Für dich vielleicht nur eine Phrase wie das österr. "Servus", das einfach so verwendet wird, aber eigentlich wortwörtlich übersetzt "Sklave" im Sinn von "Ich bin ganz der Deine" bedeutet.

Ich kannte die Verwendung dieses Superlativs als Grußwort bisher nicht, von daher erschien sie mir vom Wortsinne her gar zu "unterwürfig".  ;) Keine große Sache.  ;D

Du kannst das Wort auch gern weiter benutzen, ich wollte nur klarstellen, dass mir gegenüber keine so tiefe Verbeugung nötig ist.  :-*

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re: Waldestiefe
« Antwort #10 am: August 16, 2018, 09:58:58 »
Hach, lieber Erich -

zu einer Verbeugung reicht es gerade noch hin -
ein Kniefall ist Geschichte. ;)

Immer:
Deine Cypi
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re: Waldestiefe
« Antwort #11 am: Oktober 09, 2019, 17:02:11 »
Ach, du Gute, du fehlst so sehr! Für immer vermisst - das wirst du sein ...

Wehmütige letzte Grüße,

Dein Freund
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.