Autor Thema: Über Kopf  (Gelesen 901 mal)

Sufnus

Über Kopf
« am: August 15, 2018, 11:33:17 »
Über Kopf

Selbst Schatten halten wir in unsren Fängen:
Was ist an dem mit Mond gefüllten Ort,
wenn wir nicht hinschaun, ist die Nacht dann fort?
Und bleibt kein Stern, der Blicke ledig, hängen?

Manch rote Riesen sind viel Jahre lang
erloschen schon und mögen doch entzücken,
weil sie uns ihr posthumes Funkeln schicken.
Das kann ein Trost sein oder macht uns bang.

Erich Kykal

Re: Über Kopf
« Antwort #1 am: August 15, 2018, 11:49:37 »
Hi Suf!

Gefällt mir sehr gut. Leider weiß die Physik, dass rote Riesen NICHT erloschen sind, sondern die heißeste Phase im Leben einer Sonne wie unserer. Das Erlöschen kommt erst bis zu einer Milliarde Jahre später, wenn im Kern der Sonne per Kernschmelze zu immer schwereren Elementen Eisen produziert wird. Sobald das geschieht, kommt der Prozess zum Stillstand, und die Explosionskraft, die sich das ganze Snnenleben lang mit der immensen Gravitation dieser Masse die Waage gehalten hat, fällt weg, und die Schwerkraft komprimiert den Sonnenkern auf Erdgröße zu einem weißen Zwerg, der noch Milliarden Jahre nachglüht. Die äußeren Hüllen diffundieren ins All. Die Erde existiert dann schon lang nicht mehr - der rote Riese hat sie bei seiner Ausdehnung verschluckt.

Größere Sonnen (100 Sonnenmassen und mehr) explodieren in einer Supernova. Im Augenblick dieser gewaltigsten Detonation im Universum werden alle Elemente erbrütet, die schwerer sind als Eisen. Deshalb sind sie im Vergleich auch seltener. Alles, was auf der Erde ist, entstand also irgendwann davor im Kern einer Sonne, die in einer Supernova starb.

Rote Riesen entstehen übrigens, sobald der Wasserstoff, der mittels Kernverschmelzungsprozess zu Helium wird, aufgebraucht ist und die Sonne sozusagen einen Gang höher schaltet und Helium zum nächst schwereren Element verschmilzt, Kohlenstoff. Das geht immer so weiter mit immer schwereren Elementen, und jedesmal brennt die Sonne heißer und bläht sich weiter auf. Bis zum Eisen ...


Zurück zum Gedicht: Rote Riesen KÖNNEN also nicht "schon viele Jahre erloschen sein", wie du schreibst. Sind sie rote Riesen, sind sie per definitionem noch höchst aktiv!

Du könntest schreiben: "Manch alte Sonnen sind ...".


Sehr gern gelesen und beklugscheißert!  ;) ;D

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Sufnus

Re: Über Kopf
« Antwort #2 am: August 15, 2018, 11:58:25 »
Hi eKy!
Vielen Dank für den Kommentar! :)
Aber Du hast das Gedicht falsch verstanden: Es bezieht sich auf Sterne, die an unserem Menschenhimmel noch als rote Riesen leuchten, aber in Wahrheit, nur für uns aufgrund der Entfernung noch nicht sichtbar, schon lange in ein neues Sternenstadium übergegangen sind und somit am Ort ihrer Existenz eben nicht mehr als rote Riesen leuchten.
Grüße,
S.

Erich Kykal

Re: Über Kopf
« Antwort #3 am: August 15, 2018, 13:32:41 »
Hi Suf!

Da habe ich wohl zu rasch gelesen beim ersten Mal. Jetzt ist die Intention klar - "posthumes Funkeln"!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re: Über Kopf
« Antwort #4 am: September 16, 2018, 13:27:44 »
Lieber Sufnus,

seit uns nicht nur Hubble das Sonnen-Sterne-Monde-Universum immer näher und farbiger rückt, bin ich süchtig nach Filmen und Bildern geworden.
Das Zentrum unserer Milchstraße soll ja ein schwarzes Loch sein, das im Lauf der Zeit alles schluckt, was ihm in die Nähe kommt, wie Fliegen im Froschmaul. :)

Aber kein noch so gescheiter Astrophysiker wird mir verraten, was  h i n t e r  dem Kosmos ist.

Habe Deine und Erichs Beiträge mit Genuß gelesen!

Lieben Gruß
von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
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