Autor Thema: Versuch über den geglückten Moment  (Gelesen 1160 mal)

Sufnus

Versuch über den geglückten Moment
« am: September 28, 2018, 10:38:27 »
Versuch über den geglückten Moment

Erinnerung: Sehnsuchtsentbehren,
Gedankenfluss, schrankenlos frei,
besitzloses Sammeln und Mehren,
im Traum zieht ein Leben vorbei.

Ein Wimpernschlag füllt unsre Stunden
mit Hoffnung, Enttäuschung und Mut,
sich binden, sich finden, gesunden:
Dein Sein und die Zeit sind sich gut.

« Letzte Änderung: Oktober 24, 2018, 16:05:53 von Sufnus »

Erich Kykal

Re: Versuch über den geglückten Moment
« Antwort #1 am: September 29, 2018, 13:01:05 »
Hi Suf!

Superb formuliert! Großes Tennis! Chapeau!  :)

Einzig: S1Z2 hat nur sieben Silben anstatt der (laut sonstigem Rhythmus 9-8-9-8) acht. Ich würde vor "schrankenlos" ein "so" einfügen, um das zu korrigieren.

Sehr gern gelesen!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Versuch über den geglückten Moment
« Antwort #2 am: September 29, 2018, 17:34:48 »
Gut, lieber Sufnus,

ist dieser Momemt beschrieben, der dem Sein und seiner Entfaltung so großzügig zuarbeitet.

Sehr gern gelesen.

LG gummibaum


Sufnus

Re: Versuch über den geglückten Moment
« Antwort #3 am: Oktober 24, 2018, 16:05:36 »
Hallo Ihr lieben, eKy & gum!
Habe mich für Eure Kommentare zu bedanken unterlassen, was schon mal nicht so nett ist, und die fehlende Silbe in Z2 einfach ihrem Fehlen überlassen, das ist ja auch keine Art.
Jetzt also @gum:
"Der Moment, der dem Sein und seiner Entfaltung so großzügig zuarbeitet" liest sich überaus lyrisch, finde ich! Ist das wohl ein Zitat oder ein gummöses Eigengewächs? Vielen Dank jedenfalls für den lesegenussstiftenden Kommentar! :)
Und die Sache mit der fehlenden Silbe @eKy hat mir jetzt doch nochmal Kopfzerbrechen bereitet; ein "so" oder ähnliches einzufügen schien mir keinen rechten inhaltlichen Mehrwert zu liefern, aber nachdem Du mich erstmal darauf hingewiesen hast, hat mich die Silbe zu wenig auch gestört  :-[
Hab jetzt mal versucht, das Manko auszugleichen. :) Danke fürs Aufmerksammachen!

Eisenvorhang

  • Gast
Re: Versuch über den geglückten Moment
« Antwort #4 am: M?RZ 24, 2020, 17:40:56 »
Sehr schön geschrieben lieber Sufnus,

Erinnerung: Sehnsuchtsentbehren,
Gedankenfluss, schrankenlos frei,
besitzloses Sammeln und Mehren,
im Traum zieht Erlebtes vorbei.

Ein Wimpernschlag füllt wunde Stunden (mit wund will ich auf sensible stunden hindeuten, das impliziert gleichsam hoffnung wie enttäuschung und mut)
mit Hoffnung, Enttäuschung und Mut,
sich binden, nicht finden, gesunden:  (wer sich bindet, muss in der regel nicht suchen, außerdem beschleunigt der "n-" und "t"-laut von "nicht" den lesefluss, wie ich finde..)
Dein Sein und die Zeit tun sich gut. ("tun" spendet in meiner sprachhabung einen wärmeren ton)

Wäre hier mein Vorschlag! Nur Gedanken, keine Kritik - ich will mich auch mal heranwagen Gedichte nach meinem Befinden zu Beklugfummeln! Hehe! So oft tue ich das nämlich nicht.

Mir fällt oft auf, dass du ein sensibles Händchen für detailierte Eindrücke besitzt, ohne dabei auf personbezogene Bezüge verweisen zu müssen, ohne dabei aber die Soghaftigkeit zu verlieren.
Kann es sein, dass die Art solcher Gedichte bei Dir einfach fließen?

vlg

EV
« Letzte Änderung: M?RZ 24, 2020, 17:56:16 von Eisenvorhang »

Agneta

  • Gast
Re: Versuch über den geglückten Moment
« Antwort #5 am: M?RZ 27, 2020, 18:02:08 »
mir gefällt es auch, lieber Sufnus. LG von Agneta

Sufnus

Re: Versuch über den geglückten Moment
« Antwort #6 am: M?RZ 29, 2020, 19:46:16 »
Liebe Agneta, lieber EV!
Vielen Dank fürs Gefallen! Da freut sich der Sufinöse! :)
Und Dir, guter EV, natürlich ein Extradankeschön für die Beklugfummelung (ich glaube, eKy hat den Begriff ursprünglich geprägt, oder?) - gefällt mir sehr gut! :)
Mir fällt dabei auf, dass Du sehr stark vom Klang ausgehst, finde ich sehr schön! Ich glaube, dass ich häufig eher den Rhythmus in den Vordergrund stelle (der dann gerne mal synkopiert = vornehm für holpernd  ;D sein kann) und auf den philosophischen Inhalt fokussiere.
Deine Änderungen in der S2 finde ich übrigens sehr fein, nur das "Erlebtes" in S1 gefällt mir weniger. Das ist zwar für mich klanglich stimmig, aber ich finde "Leben" ist ein "stärkeres" Wort als das für mich relativ trocken rüberkommende "Erlebtes"... und natürlich ist das sowas von Geschmackssache... :)
LG!
S.

Eisenvorhang

  • Gast
Re: Versuch über den geglückten Moment
« Antwort #7 am: M?RZ 29, 2020, 20:53:44 »
Ich bin nicht jemand, der das Metrum blind verteidigt - die schönsten Gedichte, die auf meiner Liste zu finden sind, wurden im Rhythmus freier geschrieben.
Und ja, was wäre denn Poesie ohne Klang? Für mich ist es das Schwierigste: Klang und Inhalt zu vereinen und ich bin jedes Mal erstaunt, wie gut du das schaffst. Generell mag ich Deinen Stil und beneide dich wohlgesonnen um Deine kristallbewimperte Eloquenz.

Bleib bitte gesund!

vlg

EV

Sufnus

Re: Versuch über den geglückten Moment
« Antwort #8 am: April 03, 2020, 13:05:12 »
Lieben Dank, bester EV, für Dein Kompliment! :)
Ach, zur Zeit fehlt mir etwas die innere Ausgeruhtheit, um ein paar schöne Zeilchen fließen zu lassen... wahrscheinlich gingen mir gerade freie Formen leichter von der Hand... ein Hinweis darauf, dass freie Formen grundsätzlich "leichter" zu verfassen sind?
LG!
S.

Eisenvorhang

  • Gast
Re: Versuch über den geglückten Moment
« Antwort #9 am: April 03, 2020, 14:30:48 »
Lieben Dank, bester EV, für Dein Kompliment! :)
Ach, zur Zeit fehlt mir etwas die innere Ausgeruhtheit, um ein paar schöne Zeilchen fließen zu lassen... wahrscheinlich gingen mir gerade freie Formen leichter von der Hand... ein Hinweis darauf, dass freie Formen grundsätzlich "leichter" zu verfassen sind?
LG!
S.

Ich glaub, wenn ich die Frage fern jeglicher Rhetorik verstehen darf, dann ist das alles sehr subjektiv. Vielleicht geht es nicht um leichter oder schwerer, sondern darum, dass im Leben alles seine Zeit hat.
Auf den Grundsatz der Frage zurückzukommen, meine ich, dass freies Schreiben, wenn es qualitativ sein soll, schwerer geschrieben ist als ein festes Metrum. Gerade der Vers libre frohlockt zwar mit Freiheit, die Schwierigkeit schwingt hier aber im Detail. Mir ergeht es im Moment ähnlich wie Dir, ich besitze den ständigen Drange zu schreiben, wenn ich dann aber ins Notepad will, plagt mich die Tyrannei des weißen Blattes!

Hier, mit Verlaub, ein paar "freie" Zeilen von mir zum Thema Frühling von 2017, möge uns die Muse bald wieder begegnen!

Er liegt mir fern und nur ein Flüstern reift
im Grellen der Steppe des ewigen Eises.
Ein junger Wind, der nach den Wäldern greift,
gebiert verwirrte Töne, und ein leises
Erbeben aus Osten hat Blumen befreit.

Was wär, wenn mir ein letzter Tag noch bliebe,
im Eise hier, im Kaltsein der Allee.
Wo schwebt das gelbe Kleid der warmen Liebe?
Und tut den kleinen Blumen das Blühen weh?

Vereist erstarren die Wälder in Ferne
und atmen sich ganz zögerlich entlang
den immer kürzerem Erzittern der Sterne,
an Tagen voller Glück: im Frühlingsanfang.
« Letzte Änderung: April 03, 2020, 15:43:41 von Eisenvorhang »