Autor Thema: Heloisa  (Gelesen 734 mal)

gummibaum

Heloisa
« am: Oktober 25, 2018, 00:38:48 »
Du warst mein Lehrer, und wir blieben
nicht lang bei geistigen Genüssen.
Es war so lustvoll, dich zu lieben,
doch hieß es, schwanger werden müssen.

Mein Vormund  sparte nicht mit Rache.
Sie kamen nachts, dich zu entmannen.
Im Koster liege ich und wache,
und kein Gebet kann mich entspannen.

Nur dir gehöre ich und schreibe 
dir Briefe noch nach vielen Jahren.
Und wenn ich in die Hölle treibe,
ich werde dich in mir bewahren…

wolfmozart

Re: Heloisa
« Antwort #1 am: Oktober 27, 2018, 12:40:44 »
Sehr schön aufbereitet, dieses mittelalterliche Thema, gummibaum.

Gern gelesen.

Lieben Wochenendgruß

wolfmozart

Erich Kykal

Re: Heloisa
« Antwort #2 am: Oktober 29, 2018, 19:01:19 »
Hi Gum!

Gut geschrieben! Leider galt zu jener Zeit die Frau noch als Eigentum des Mannes, oder vor der Heirat als solches ihrer Familie. Bei der Wahl des Bräutigams hatte sie nichts mitzureden, der Vater verschacherte sie meistbietend, um seinen Wohlstand oder seine gesellscahftliche Stellung zu heben. Selbstverwirklichung oder Bildung waren undenkbar!
Heute ist das bedauerlicherweise immer noch so in vielen Ländern des Islam, aber auch in manchen erzkatholischen rückständigen Regionen. Dummheit und Vorurteil sterben langsam!  ::) >:(

Das "Entmannen" tat schon beim Lesen weh!  :o

LG, eKy
« Letzte Änderung: November 18, 2018, 12:03:39 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Heloisa
« Antwort #3 am: Oktober 29, 2018, 21:10:03 »
Danke, lieber Wolfmozart und lieber Erich.

Natürlich war Heloisa stark von Männern abhängig, aber vergleichsweise selbstbewusst und sehr gebildet.

Nichil umquam (Deus scit) in te nisi te requisivi: te pure, non tua concupiscens. Non matrimonii federa, non dotes aliquas expectavi, non denique meas voluptates aut voluntates, sed tuas, sicut ipse nosti, adimplere studui. Et si uxoris nomen sanctius ac validius videretur, dulcius mihi semper extitit amice vocabulum aut, si non indigneris, concubine vel scorti; ut, quo me videlicet pro te amplius humiliarem, ampliorem apud te consequerer gratiam, et sic etiam excellentie tue gloriam minus lederem.

Nichts habe ich je bei dir gesucht - Gott weiß es - als dich selbst: dich schlechthin begehrte ich, nicht das, was dein war. Kein Ehebündnis, keine Morgengabe habe ich erwartet; nicht meine Lust und meinen Willen suchte ich zu befriedigen, sondern den deinen, das weißt du wohl. Mag dir der Name "Gattin" heiliger und ehrbarer scheinen, mir war allzeit reizender die Bezeichnung "Geliebte", oder gar - verarg es mir nicht -, deine "Konkubine", deine "Dirne". Je tiefer ich mich um deinetwillen erniedrigte, desto mehr wollte ich dadurch Gnade bei dir finden und um so weniger gerade auf diese Weise dem Ruhm deiner Vorzüglichkeit schaden.

(aus ihrem 2. Brief an Petrus Abaelardus)

« Letzte Änderung: Oktober 29, 2018, 21:13:26 von gummibaum »

Curd Belesos

Re: Heloisa
« Antwort #4 am: November 16, 2018, 22:17:34 »
moin lieber gummibaum,

dein Gedicht ist erstaunlich, doch noch erstaunlicher dein Kommentar mit der Erklärung. Stark  8)

LG
CB
Nur wenn du frei bist " IF " ....dann bist du ein Mensch