Autor Thema: Glauben  (Gelesen 764 mal)

Curd Belesos

Glauben
« am: Februar 28, 2020, 01:17:51 »
Wenn ich am Morgen durch die Auen gehe,
lobe ich mir die eigne Religion,
denn meine Gabe der Divination
zeigt mir, dass ich das Heilige dort sehe,

wo die Natur sich voller Anmut spreitet,
dabei mit Demut sich vor dem verneigt,
der uns die Wunder dieser Erde zeigt,
die er zu unser aller Wohl bereitet.

Nie werde ich das Göttliche dort sehen,
wo sich der Mensch mit Bauten selber ehrt,
denn wer es glaubt ist töricht, denkt verkehrt,
und wird den Weg aller Verführten gehen,

die wie gebannt dem Kirchenfürsten lauschen,
der nur nach Macht über die Menschen strebt,
weil Klerikales Kaiser überlebt
und Götzen lassen sich durch Menschen tauschen.

Wo sind die Götter aus Byzanz und Theben,
aus Griechenland und aus dem starken Rom?
Zwar predigt heut ein Papst im Petersdom,
doch wird sein Gott die Zeiten überleben?

Mir ist das alles wie seit tausend Jahren,
ein Machtgefüge, das den Menschen lenkt,
der ängstlich an sein Lebensende denkt,
sein Jenseits wird er dennoch nie erfahren,

denn zwischen Himmel dort und hier auf Erden
gibt es viel mehr als wir uns je gedacht,
doch hat ein „Lieber Gott“ uns nicht gemacht,
auch wenn wir noch so kirchengläubig werden.

© Curd Belesos
« Letzte Änderung: Februar 28, 2020, 14:11:16 von Curd Belesos »
Nur wenn du frei bist " IF " ....dann bist du ein Mensch

Erich Kykal

Re: Glauben
« Antwort #1 am: Februar 28, 2020, 16:48:39 »
Hi Curd!

Mal nachgefragt: Glaubst du nun an einen Gott oder nicht? Einige Textstellen widersprechen sich da.

Dass kein Göttliches in Menschenwerken wohnt, vor allem da, wo er sich selber als "Ebenbild sienes Gottes" feiert, das kann ich getrost unterschreiben! Auch ich schrieb schon ähnliche Gedichte über die "Heiligkeit der Natur".

Allerdings schreibst du zB. vom "Himmel dort und hier auf Erden", als müsste es jenseits des Irdischen einen solchen geben. Dem widersprichst du bereits eine Zeile weiter, indem du postulierst, dass kein Gott uns gemacht habe.


Ansonsten noch ein paar Auftaktfehler - das Werk hat mehrheitlich unbetonten Auftakt, was du aber schon in S1Z2 hintertreibst ... - Also noch mal den Takt checken!

Sehr gern gelesen!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Sufnus

Re: Glauben
« Antwort #2 am: M?RZ 01, 2020, 20:18:42 »
Ich liebe diese Verse von Dir, Curd! :)
Wenns nach mir geht, dann lass die "Auftaktfehler" unbedingt so, wie sie sind - sie schlagen eine total spannende Brücke zur Prosa und machen das Gedicht richtig lebendig... der späte Goethe hat auch ein paar Gedichte in so einem entspannten Verhältnis zur Metrik rausgehauen... und auch inhaltlich atmet Dein Gedicht viel Goetheanisches mit seinem pantheistischen Gestus... wirklich sehr sehr schön!!! :)
LG!
S.