Es ist schon ein paar Jahre her, (vielleicht schon zehn) da wurde ich auf einen bemerkenswerten Forendichter und dotcom Mod "Danse Macabre" aufmerksam, der nach seinen Gedichten stets zwanzig und mehr Kommentare beantworten musste, was er teils mit arroganten Abqualifizieren und Abbügeln tat. Man muss dazu sagen, dass ich manchmal heute noch an einzelne Gedichte denken muss, an die ich mich besser erinnern kann, als an meine eigenen. Zu dieser Zeit schrieb auch ein anderer Forendichter, der einen recht androgynen Nick hätte, nämlich "Linde" und es entstand eine gewisse Unruhe, als jener Danse Macabre besagten Linde einen Chiwawa nannte, der an anderer Leute Hosenbein zerrte und kläffend umhersprang. Die angerührten Forendichter fanden dies durchweg beleidigend, so auch ich, wohingegen im heutigen Dotcom sich wohl niemand über dergleichen Nettigkeiten aufregen würde. Dieser Vorfall war jedoch Anlass sich mit den Werken dieses "Linde" zu beschäftigen. Es hat sich schnell herausgestellt, hier war ein sprachbegabter Schreiber unterwegs, der aber, das stellte ich schnell fest, zu den therapeutisch begleiteten Aufarbeitungsdichtern gehörte. Das ist vorderrangig nichts schlechtes, auch Kafka und Hölderlin waren reichlich Gaga und haben trotzdem Bemerkensweres geschaffen. Es ließ sich bei besagtem Linde unschwer drei Schwerpunkte feststellen.
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Da war zum einen die Art der Furcht und Selbstleugnung, die den Autor (von allen verstoßen, dessen Genialität niemand bemerkte und den sämtliche Lektoren ablehnten), paradoxer Weise zu Eigenlob und Erniedrigung und Verkleinerung von allem um ihn herum führte. Seltsamerweise benutzte er hierzu stets das Anhängsel "lein".
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Zum anderen war es die ausgeprägte Vulgarität als Kontrapunkt bei Ausflügen durch seine kranke Seelenlandschaft. Das mag ja "mal" ganz amüsant sein aber ständig von Fotze (am besten noch aufgerissen) oder Schwanz (ich hab den größten) zu lesen, hinterlässt irgendwann nur Gähnen.
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Letztlich war es auch die schräge Barocksprache und der inflationäre Gebrauch des Konjunktivs, sowie die ständige Todessehnsucht, mit dem Linde den sprachgewandten, geschichtsverstiegenen Sonderling gab. Man schreibt einfach so, wie niemand mehr schreibt, als eine Art der Selbstdarstellung mit einer eigenen Bruderschaft und Ordensverleihung, quasi dem Eisernen Kreuz in Schwurbeldeutsch.
Bei all diesen Merkmalen finden sich durchaus beachtenswerte Wortneuschöpfungen, vornehmlich durch Adverbalisierungen zu Substantiven, ähnlich wie es Arno Schmidt In Zettels Traum schon machte. Dem unbedarften Leser steigen jedoch Verdachtsmomente auf, die einen pathologischen Hintergrund vermuten lassen, denn Dichtung, ausgeführt durch die Eingeengtheit einer Psycho-Zwangsjacke, offenbart sich irgendwann einmal selbst ohne besonderes Zutun. Eine pathologische Schreibwut könnte als Teil einer psychoanalytischen Therapie fungieren ("Schreiben Sie bis nächste Woche fünf Gedichte"), jedoch in allem, egal wie man es dreht und wendet, ist es in seiner Wertigkeit fragwürdig und geht (für mich zumindest) gegen Null. Seelenmüll, nichts weiter.
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Immerhin liefern solche Hirnblähungen aber prächtige Vorlagen zur Parodie, denn man möchte ungern des Kaisers neue Kleider buchstabengetreu auf's Neue zitieren und der Ausspruch von "nicht mehr allen Latten am Zaun haben", ist doch zu profan. Also bleiben wir bei Spott und Parodie, wo Hebungsprall und temporärer Kasus sich der ungebremsten Heiterkeit beugen müssen, denn sie ist die eigentliche Message.
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Hi Erich, Wiesenfreunde,
das kleine Werk ist eine Parodie, die das Aussterben des Konjunktivs verhindern soll. Ungereimtheiten mussten sich dem Verwursten der fast Vergessenen unterordnen.
Der Fluch der bösen Schmähtat ist indes unbegründet. Ideengeber war nicht der von dir geschätzte Wiesenfreund, sondern ein ganz anderes Forenpanoptikum stand Pate zu diesem Wortsalat. Eine Verbindung zu dem bekannten deutschen Schriftsteller, Lyriker und Musiker "Martin Römer" besteht absolut nicht. Dies ist Nonsense, getreu nach "einen Jux will er sich machen" - nicht mehr aber auch nicht weniger.
Die Rechtschreibung wird mit Dank sogleich korrigiert.
Vielen Dank für Zeit und Gedanken. Gruß vom Hans