Autor Thema: Nymphelein der Nacht  (Gelesen 1048 mal)

Martin Römer

  • Gast
Nymphelein der Nacht
« am: Juni 17, 2020, 00:33:05 »

Wir wollen uns gelegentlich an Wasser laben,
ich frage mich: geh ich als Jungfrau in den Graben.....


Ich werde wenigstens zu altem Gram geführt.
Ich träum noch immer aus natürlichem Empfinden.
Ich hab im Endzeitschweinelager nichts berührt.
Ich ging in das Gebirg und ließ mich vielfach schinden.

Ich will ein Weibchen, sternverloren und brünett,
und aus Geradheit und Gelüsten die Vermählung
und eine weitgespannte Düsternis zum Bett
und die Geschirmung von kristallener Erzählung.

Das Geistlein summt: du bist so unheilvoll zerbrannt.
Du willst die bitterlichen Mädchen nicht bepflügen!
Du gleitest wissend als ein Schicksal durch das Land!
Und redest jetzt von Kinderglück und leeren Krügen?



Sufnus

Re: Nymphelein der Nacht
« Antwort #1 am: Juni 18, 2020, 15:36:43 »
Lieber Martin! :)
Wie immer bescherst Du uns einen erstklassigen Sprachgenuss! :)
Der Leser ist hier sozusagen "der dritte im Bunde" in einem Dialog zwischen dem lyrischen Ich und dem Geistlein.
Endet der Dialog wohl mit einer Ermutigung?
Auffällig sind jedenfalls die Krüge in der letzten Zeile.
Die Krüge (auch häufig zu "Krüglein" verkleinert) waren ein zentrales poetisches Element der Dichtung Paul Celans. Am vordergründigsten vielleicht im gleichnamigen Gedicht "Die Krüge": An den langen Tischen der Zeit zechen die Krüge Gottes [...] sie führen das Leere zum Mund wie das Volle.
Am schönsten scheinen die Celan'schen Krüge aber, wie ich finde, im "Geheimnis der Farne" auf: Auch wird hier in Krügen kredenzt die lebendige Schwermut [...] als wär sie nicht Wasser, als wär sie ein Tausendschön hier.
Sind die Krüge wirklich leer? Mir will doch scheinen, dass dem nicht so ist. :)
LG!
S.

Martin Römer

  • Gast
Re: Nymphelein der Nacht
« Antwort #2 am: Juni 18, 2020, 20:25:14 »

Was du auch geschrieben haben magst ----

Sufnus sah ich heut morgen. Ermahnung und Verwarnung waren schön spitz, nicht wahr?
Nun ist gut.
Ich hab stundenlang den Mund nicht zubekommen, das war unglaublich.

Wo ein solcher Übermensch wütet, ist meines Bleibens nicht länger.
Was das Erziehungsheim anbelangt, muss ich Jenny und die 50 psychiatrischen Notfälle enttäuschen:
entweder kommt die Forensik, wo ich dann via Gürtel ins Jenseits gehe
oder es kommt was anderes - dann liest du womöglich Teil 2 von diesen Großstadtjuwel-Träumen in paar Jahren, in einem Jahrzehnt.
Wenn ganz ganz ferne Girls so präsent herumspuken.....;)

Von Webenheim und ein paar andern stillen Zeiten werde ich immer mit zarter Andacht denken.


Letzte Grüße
M.

Sufnus

Re: Nymphelein der Nacht
« Antwort #3 am: Juni 18, 2020, 21:27:54 »
Mein lieber Martin!
Du handelst vorschnell, wenn Du Dich von der Wiese abwendest. Dass Du Dich zu oft an der Welt verletzt hast, um an Wendungen zum Positiven zu glauben, verstehen mehr Menschen, als Du Dir jetzt denken wirst. Komm zurück... ! :)
Ich darf fest davon ausgehen, dass Du hier mit offenen Armen empfangen wirst.
Und nebenbei denke ich, dass auch Du in der Wiese manche gute Anregung noch wirst erfahren können. Die letzten Wochen mögen rauher gewesen sein - auch im stillen Wiesengrund - aber die Dinge wandelten sich noch immer und oft genug auch zum Besseren.
Es mag ja sein, dass diese Welt in der großen Überschau ein rechtes Jammertal ist. Aber das ist nicht das letzte Wort. Man muss dahin schauen, wo sie noch schön ist (und immer schön war).
Also komm zurück... :)
Webenheim ist ein schönes Dörfchen - da gibt es nix. Je nun. Über das Bauernfest mag man geteilter Meinung sein. De gustibus...
LG!
S.

Seeräuber-Jenny

Re: Nymphelein der Nacht
« Antwort #4 am: Juni 18, 2020, 22:43:11 »
Aye, vielleicht war es zu still, wie die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm, ehe der frische Wind über die Wiese sauste und alles durcheinander wirbelte. Eine aufregende Zeit, die uns hoffentlich viele neue Inspirationen bringt.

In diesem Sinne: Martin, komm wieder an Bord! Und bring fette Beute mit, dann werden dich die Piraten auch nicht fressen.

Lieben Gruß
Seeräuber-Jenny
« Letzte Änderung: Juni 19, 2020, 03:42:03 von Seeräuber-Jenny »
Ideale sind wie Sterne. Wir erreichen sie niemals, aber wie die
Seefahrer auf dem Meer richten wir unseren Kurs nach ihnen.
Carl Schurz

hans beislschmidt

Re: Nymphelein der Nacht
« Antwort #5 am: Juni 27, 2020, 18:45:24 »
Es will mich Webenheimig wohl bedünken, hier gehts um ein gar häßlich Ding.
Die Wiese steht 6 Wochen lang unter Wasser, den Rest Jahreszeit teilen sich ein paar zerrupfte Kamele ihr Zelt mit einer Pferdeauktion, einem Kirmesvergnügen, bei dem inkontinente Damen vom Karusell aus die Umstehenden wässern. Im Mai gabs Autokino und hernach mussten in Not geratene Musiker vor Windschutzscheiben spielen. Bei Humptata klopften sich die Dörfler vor Corona im Riesenzelt die Birne zu. Der Alltag wird ansonsten von John Deere Trekkern dominiert. Das ist Webenheim und wer soll dort in stiller Andacht versinken? Fragen über Fragen. LG
« Letzte Änderung: Juni 27, 2020, 18:47:54 von hans beislschmidt »
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

Seeräuber-Jenny

Re: Nymphelein der Nacht
« Antwort #6 am: Juni 28, 2020, 04:21:16 »
Wääwenumm - gerne würde ich mal ein Gedicht in diesem Dialekt lesen.
Ideale sind wie Sterne. Wir erreichen sie niemals, aber wie die
Seefahrer auf dem Meer richten wir unseren Kurs nach ihnen.
Carl Schurz

hans beislschmidt

Re: Nymphelein der Nacht
« Antwort #7 am: Juni 28, 2020, 10:33:59 »
Nichts leichter als das ... aus meinem Blog
.
Die alt Rätsch (Mundart)

Hinnerm Haus, do lauert die alt Rätsch
awer öfdersch noch im Treppenhaus.
Do waad die Rätsch mit de Miggeblätsch
un Kiddelscherz un losst kenner aus.

Solang, bis die jedem hat verzählt
wo im Haus de ganze Müll rumsteht,
hat die Rätsch schun allegar gequält,
vor allem wer mit wem ins Bett nin geht.

Die waad aach an de Aldikass,
ma bleibt halt stehn und heert ihr zu.
Die lewensisch Zeitung vun de Gass
is un bleibt e bleedi Kuh.
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

Erich Kykal

Re: Nymphelein der Nacht
« Antwort #8 am: Juni 28, 2020, 10:49:19 »
Hi Hans!

Bei uns nennt man eine schwatzhafte Frau "a Ratschn". Hergeleitet vom hölzernen Lärminstrument "Ratsche", das zu heidnischen Zeiten (und heute den darübergelegten christlichen Feiertagen) zur Austreibung böser Wintergeister benutzt wurde und wird. Deine "Rätsch" stammt sicher vom gleichen Begriff ab.

Und die Gerüchteküche aufm Dorf - alles menschlich! Als Lehrer weiß ich, dass es bei den Kids schon genauso ist. Nichts wichtiger als wer mit wem grade geht, was sie angeblich gemacht haben, Raufereien, Skandälchen, soziales Larifari eben - und nicht immer sind es die Mädels, die sich in Trasch ergehen! Nur bei den Jungs, oder den gestandenen Mannsbildern am Stammtisch bei Bierdunst und Rauchglocke, ist es antürlich viel "cooler"!  ;) ;D

LG, eKy

Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.