Autor Thema: Versuch über den Sehsinn  (Gelesen 564 mal)

Sufnus

Versuch über den Sehsinn
« am: Januar 31, 2022, 15:08:02 »
Versuch über den Sehsinn

Zwei Löcher trag en face
ich unter meiner Stirn,
darein ohn Unterlass
fällt mir die Welt ins Hirn

in rot und grün und blau,
orange und violett,
vielleicht als schöne Frau:
Das find ich dann sehr nett.

Doch manchmal auch echt hässlich;
das tut der Seele weh.
Zum Beispiel (grässlich, grässlich!),
wenn ich vorm Spiegel steh.







« Letzte Änderung: Februar 03, 2022, 12:25:53 von Sufnus »

Erich Kykal

Re: Versuch über den Sehsinn
« Antwort #1 am: Januar 31, 2022, 17:50:27 »
Hi Suf!

Selbstkritisches Augenzwinkern vom Feinsten!  ;D (Hab auch schon ein paar von der Sorte.)

Delikat gedichtet!  >:D

Frage: Warum betitelst du so viele deiner Werke mit dieser "Versuch über ..." - Floskel? Das klingt irgendwie, als würdest du dir das Dichten selbst nicht so recht zutrauen, oder es zieht ein wenig den Ruch falscher Bescheidenheit.
Oder steckt dahinter etwas anderes?

LG, eKy
« Letzte Änderung: Januar 31, 2022, 17:55:24 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Versuch über den Sehsinn
« Antwort #2 am: Februar 01, 2022, 09:27:42 »
Lieber Sufnus,

ein heiteres Gedicht über die Ambivalenz der Welt und ihre Abbildung mit Hilfe des Sehsinns. "Versuch über" ist ja ein geläufiger Titel (Thomas Mann: Versuch über Schiller), wenn -wie im Essay- keine erschöpfende, wohl aber eine reflektierte und originelle Aussage gemachte wird.

Mit Freude gelesen.
Grüße von gummibaum 

Sufnus

Re: Versuch über den Sehsinn
« Antwort #3 am: Februar 01, 2022, 10:58:49 »
Lieber eKy, lieber gum!
Habt Dank für Eure Anmerkungen! Ich freue mich, dass die Betrachtungen zu gefallen wussten. :)
Was den "Versuch" angeht, hat gum es genau richtig erfasst. Der "Versuch" ist als "Experiment" zu verstehen. Eine mögliche Betrachtungsweise des bedichteten Objekts, die aber keinen absoluten Allgemeinverbindlichkeitsanspruch erhebt. Mit Bescheidenheit hat das also nichts zu tun. Es ist einfach ein induktiver Ansatz: Aus der subjektiven Einzelfallperspektive soll Erkenntnis im Sinne eines "work in progress" abgeleitet werden. :) Auf diese Weise kommt der Wissensprozess nicht zum Abschluss und das Gedicht ist eines Wiederlesens wert. Keine Causa Finita eben.
LG!
S.

Erich Kykal

Re: Versuch über den Sehsinn
« Antwort #4 am: Februar 01, 2022, 17:57:49 »
Suf!

Ich verstehe deinen Gedankengang, aber: Gute Gedichte sind IMMER eines Wiederlesens wert, egal wie der Autor an die Sache herantrat!  ;)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.