Autor Thema: Abendwerden auf dem Lande  (Gelesen 2093 mal)

a.c.larin

Abendwerden auf dem Lande
« am: August 23, 2015, 19:02:44 »
Der Tag ist hinterm Berg vergangen,
von Osten schleicht heran die Nacht,
im Dämmerlicht erstirbt Verlangen.
Nun kommt die Zeit, die stille macht.

Ein erster Stern am Himmel funkelt
und Grillenzirpen füllt die Luft.
Schwarzglänzend steht der Wald, verdunkelt,
geheimnisvoll ein Käuzchen ruft.

Wie muss ich deiner Stimme lauschen,
du Abendwerden überm Land!
Du fremdes Knacken, Säuseln, Rauschen,
das mir, dem Stadtkind, unbekannt!

Wie möcht ich deinen Atem spüren,
dem lauten Treiben jäh entrückt!
Möcht mich an dich, in dir verlieren,
von deinem Frieden tief entzückt!

Du schenkst mir frohes Innehalten.
Der Sommertag, er endet müd,
gibt Raum, Erlebtes zu verwalten
in einem segensreichen Lied.
« Letzte Änderung: September 02, 2015, 20:17:17 von a.c.larin »

Erich Kykal

Re: Abendwerden auf dem Lande
« Antwort #1 am: August 23, 2015, 19:34:04 »
Hi, larin!

Sehr schön und stimmig, vor allem die beiden letzten Strophen gefallen mir sehr!

Einzig die Inversion in S1Z2 gefällt mir wenig. Altern.: "von Osten wird es langsam Nacht, // und mit dem Licht erstirbt Verlangen - // es kommt ..."

Sehr gern gelesen! :)

LG, eKy

Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

a.c.larin

Re: Abendwerden auf dem Lande
« Antwort #2 am: August 23, 2015, 19:43:44 »
hi erich,

oh, die heranschleichende nacht gefällt mir ganz gut,

aber das "ersterben" ist eindeutig besser als die "tilgung", das ist gekauft, danke!
und aus dem licht hab ich ein dämmerlicht gemacht, schließlich wird ja hier kein lichtschalter ausgeknipst!  ;D

das ist übrigens, wie mir meine tochter erzählte, am äquator ganz anders. da plumpst die sonne - rumms! - binnen weniger minuten hinter den horizont , und finster iss es!

ich frage mich gerade, wie wohl ein hawaiianer die tag-und nachtschwelle bedichten würde, so ganz ohne dämmerung?   ???

lg, larin
« Letzte Änderung: August 23, 2015, 19:47:45 von a.c.larin »

Erich Kykal

Re: Abendwerden auf dem Lande
« Antwort #3 am: August 24, 2015, 00:07:53 »
Hi, larin!

Was ich eigentlich geändert sehen wollte, ist Zeile 2 mit der Inversion (schleicht heran die Nacht)! Die dritte Zeile habe ich nur verändert, um den Folgesatz anzugleichen, damit er dazu passt!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

a.c.larin

Re: Abendwerden auf dem Lande
« Antwort #4 am: August 24, 2015, 10:14:41 »
hi erich,

Also das musste ich jetzt wirklich dreimal lesen, um überhaupt sehen zu können, was du da mit invers meinst.

"schleicht heran" klingt für mich so normal wie "eilt herbei" - so redet natürlich kein normaler mensch im alltag, aber lyrik ist ja auch nicht alltagssprache.

"wird es Nacht" ist mir aber zu einfach gestrickt und drückt auch nicht die stimmung aus, die ich hatte .
Dieses allmähliche Dunkelwerden erlebte ich als etwas, das sich heranschleicht wie ein Raubtier.

Ich könnte als eventuell in " von Osten schleicht die Nacht heran" schreiben.
Ich find aber trotzdem spannender , wenn man erst am Ende der Zeile erfährt, wer da jetzt schleicht: ein Mörder, ein Räuber, en wildes Tier?  Nö, nur die Nacht, zum Glück - trotzdem wird es ein bisschen unheimlich.

Eventuell ginge es noch so:

Der Tag ist hinterm Berg vergangen,
von Osten schleicht die Nacht heran
im Dämmerlicht erstirbt Verlangen.
Nun fängt die Zeit der Stille macht.

Aber wirklich besser gefällt mir das auch nicht.
Was meinst?

lg, larin


Erich Kykal

Re: Abendwerden auf dem Lande
« Antwort #5 am: August 24, 2015, 14:46:12 »
Hi, larin!

"Nacht" muss am Zeilenende stehen, sonst verlierst du den Reim.

Die Inversion ist ja nicht in dem Sinne falsch, bloß halt leicht unschön. Derlei wirkt immer etwas gespreizt, gestelzt, bemüht, wie ich finde.

Diese Inversion ist zudem nur eine kleine, eigentlich erträgliche - da gibt es wahrlich viel schlimmere!

Deine Entscheidung.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Jonny

Re: Abendwerden auf dem Lande
« Antwort #6 am: August 30, 2015, 08:33:27 »
Lieber larin!

Ich mag die Zeit zwischen Tag und Nacht, wie auch umgekehrt.
Weil sie eine ganz besondere Stimmung trägt.
Dein Gedicht gefällt mir.
Gestern ist dein Käuzchen zu mir in die Verse geflattert, war aber unbeabsichtigt. :)
Ist mir gerade aufgefallen, als ich dein Gedicht gelesen habe. Es gibt eben nicht viele Vögel, die in der Nacht singen.
(Die Nachtigall vielleicht noch.)
Hab einen schönen Sonntag!

Liebe Grüße
Jonny

cyparis

Re: Abendwerden auf dem Lande
« Antwort #7 am: August 30, 2015, 17:59:11 »
Der Tag ist hinterm Berg vergangen,
von Osten schleicht heran die Nacht,
im Dämmerlicht erstirbt Verlangen.
Nun kommt die Zeit, die stille macht.

Ein erster Stern am Himmel funkelt
und Grillenzirpen füllt die Luft.
Schwarzglänzend steht der Wald, verdunkelt,
geheimnisvoll ein Käuzchen ruft.

Wie muss ich deiner Stimme lauschen,
du Abendwerden überm Land!
Du fremdes Knacken, Säuseln, Rauschen,
das mir, dem Stadtkind, unbekannt!

Wie möcht ich deinen Atem spüren,
dem Lauten, Treiben jäh entrückt!
Möcht mich an dich, in dir verlieren,
von deinem Frieden tief entzückt!

Du schenkst mir frohes Innehalten.
Der Sommertag, er endet müd,
gibt Raum, Erlebtes zu verwalten
in einem segensreichen Lied.


oder
"dem lauten Treiben..".
Subjektiv.
Und gibt er Raum oder doch eher Zeit? Schade, daß mir kein adäquater Begriff einfällt.

Da ich die "Landabende" kenne, konnte ich mich in das schöne Gedicht schmiegen wie in duftendes Moos.
Wirklich schön!
Duftend wie Heu.


Lieben Gruß
von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

a.c.larin

Re: Abendwerden auf dem Lande
« Antwort #8 am: September 02, 2015, 20:17:04 »
hallo johnny,

um ehrloich zu sein: das käuzchen hab ich selber dazugemogelt - ein bisschen dichterische fregheit muss sein.
dämmerung hat etnweder was heimeliges oder was unheimliches an sich . aber am äquator fällt sie aus!
das mutet uns dämmerungsgewöhnte europäer seltsam an.


liebe cyparis, du adlerauge,

ja, genau so sollte es heißen : dem lauten Treiben  - das hat nicht mal erich entdeckt.
werdes gflewich mal ausbessern.

danke an euch beide, larin