Die Sommernachtspromenade
Ode an das Weltenei
Wie im Traume ich flanier
an des rauschend, kühlen Bach vorbei –
das silbern Glitzern da im Busche,
es ist mein `gold umhülltes Weltenei.
Eifrig zeigt es mir den Weg, erleuchtet Wald und Feld,
Luna gibt mir Himmelszeichen –
zu welchem Ufer ich auch schreite:
es soll mir die Wonne reichen.
Mein Pfad ist auserkoren. Fortan geh‘ ich
unter Centauri und Kometenschweif,
zwischen Efeuranken und strammen Fichtenstämmen.
Im Winter ward hier Silberreif.
Doch nun, ach, welch Schicksal dieser Nacht,
ist es Sommer, und mir ist viel zu heiß –
ich stolper übers Rinnsal,
und den feuchten Enzianenkreis.
Der feurigen Galaxis
wurd Fauna und Flora gegeben.
Unter roten Riesen und den weißen Zwergen
fühl ich mich als Mensch ergeben.
Unterm Kirschbaum Nymphen folgend,
eine führ ich aus dem Fackellauf –
sie soll mit ihren lavaheißen Lippen
Freuden bringen, mir zuhauf.
Und aus dem lichten Sommerhaine
seh ich’s flirren und funkeln wie ein Diamant:
es ist der Flügel aus dem Dickicht,
der Vogel in dem Blattgewandt.
Er singt aus diesem Neste
des Wandrers nächtlich Lüstenchor –
„Wo führt mein Weg?“, das frag `dich jetzt!
„Sag es mir leise, flüster mir ins Ohr.“
Mit der Inbrunst Petrus‘ Herzen
schöpfen nun die Wolken Regen –
Tropfen auf die gute Kost am Rande,
dem saft’gen, herrlich Reben.
Ich höre nur noch Regengüße, sehe das Leuchten;
auf Zyklonen reitet das Drachentier –
aus seinen Klauen speit die Glut,
aus seinem Mund ein glühender Geysir.
Das Wasser spritzt und prasselt auf die Straße.
Es schwebt mein Weltenei als Blitze –
ein kalter Föhn, ein kühler Wind
liegt nun in der Sommerhitze.
Der Sturm zieht hierauf weiter,
in Sattheit wiegt sich auch der feige Wurm –
zu Asche wird das Feuer
und zu Luft der Wolkenturm.
Weiter streift mein Blick das Licht,
ich wandel auf dem Wanderweg –
über Stock und Stein, an der Felsenkluft vorbei;
überquere munter diesen Steg.
„Die Lehre einer gülden Stadt“,
so tönt mein innigst Licht,
„entspringt der tiefen, heißen Quellen:
Schwefel ist Fortuna’s Pflicht.“
Bald erblick ich einen See.
Wie müd‘ lass‘ ich mich hier hernieder –
die Sonne wird mich alsbald wecken,
mit einem ihrer Morgenlieder.
Dies‘ Herzensgüte führt mich dann
in Windes Eil, als wär ich neu geboren,
zum Ende meiner Promenadenflur:
dem Kreuzen alter Heimattoren.
Während Nebel noch die Straßen füllt
und die Stadt so langsam erst erwacht –
so träum ich schon vom nächsten Abend;
ich bin für diese Welt gemacht.
Was ward der Lunaschein so schön,
welch frohes Sommerfunkeln kam mir in der Nacht herbei –
„Und wer hat dir den Weg gezeigt?“
„Du, mein liebes Weltenei.“
Martin Römer
04.-20.07.2012