Autor Thema: Warum  (Gelesen 1860 mal)

galapapa

Warum
« am: M?RZ 15, 2014, 17:40:48 »
Von einem klammen Winterwind getrieben
fliehn Regentropfen durch die Zeit,
verzagtes Bangen im Geleit.
Ein Zitterfrieren ist zurückgeblieben.

Da war ein dumpfes Klopfen an den Wänden,
ein Rufen aus der Finsternis,
im tiefsten Nichts verloren, bis
es widerhallte wie aus Höllenbränden.

In Tränen prallt das Klagen an die Scheiben
und schreibt ins Fenster ein Warum.
Doch ist die Antwort leer und stumm,
als sollte letztlich auch kein Hoffen bleiben.

Wie Pech, so trieft die Trauer aus den Bäumen
doch bleibt das Leben niemals stehn,
solang die Nächte noch vergehn
und Ozeane Kontinente säumen.

Erich Kykal

Re:Warum
« Antwort #1 am: M?RZ 15, 2014, 23:04:41 »
Hi, Charly!

Gekonnt und fließend geschrieben, und zwar so, dass die nur vierhebigen Mittelzeilen gar nicht weiter auffallen. Sie erzeugen eine eigene hypnotische Dynamik im Lesefluss.

Einziger Tipp: Das Wort "letztlich" gefällt mir klanglich nicht so gut in S3Z4. Ich schlage dort ein "endlich" vor, das würde sich weicher und harmonischer in die Sprachmelodie fügen.

Sehr gern gelesen! Am liebsten die letzte Strophe: Großes Tennis!!!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re:Warum
« Antwort #2 am: M?RZ 16, 2014, 00:12:33 »
Hallo galapapa,

ein sehr eindrucksvolles Gedicht der Klage. Das Bild des Trauer-Pechs macht die haftende Schwärze der Stimmung besonders plastisch.

Sehr gern mehrmals gelesen.

LG gummibaum

galapapa

Re:Warum
« Antwort #3 am: M?RZ 16, 2014, 09:51:20 »
Hallo Erich,
danke für Dein Lob und Deine Anregung!
Ich habe es einmal laut gelesen mit Deinem Vorschlag "endlich" und dabei festgestellt, dass mit dem "eckiger" klingenden "letztlich" in der Harmonie eine, wenn auch kleine, Zäsur gesetzt wird, die eigentlich genau zur Aussage passt (noch nicht einmal mehr Hoffnung). Ich bin da noch am Überlegen. Du kennst mich ja: Der Klang ist bei mir auch Werkzeug.
Einen herzlichen Gruß an Dich!
Charly

Hallo Gummibaum,
auch Dir herzlichen Dank für Dein Lob!
Die Trauer gipfelt in der Aussage mit dem "Trauerpech" und wird aber dann auch in dieser letzten Strophe durch den Ausblick wieder relativiert.
Man kennt die Bilder aus den Medien: Plüschtiere, Kerzen, Blumen und mittendrin ein handgeschriebener Karton mit der Aufschrift "Warum". Ein solches Bild hatte ich vor Augen, als ich diesen Text schreib.
Charly
« Letzte Änderung: M?RZ 16, 2014, 11:25:56 von galapapa »

gummibaum

Re:Warum
« Antwort #4 am: M?RZ 16, 2014, 10:13:32 »
Sofern du kein Plüschtier bist, Charly, bin ich erleichtert. Ich sah dich nämlich schon in einer aussichtslosen Lebenskrise.

LG g

galapapa

Re:Warum
« Antwort #5 am: M?RZ 16, 2014, 11:29:25 »
... nun, das bin ich zweifelsohne. Manchmal frage ich mich, ob das Leben als Plüschtier nicht das leichtere wäre. ;D
Ich hab den Satz in die Unmissverständlichkeit transferiert. :D
LG! Charly

Daisy

Re:Warum
« Antwort #6 am: M?RZ 16, 2014, 16:58:52 »
Hallo Charly,

dieses Gedicht fasziniert mich sehr!

Hier verbinden sich viele wunderschöne Verse zu einem beeindruckenden Ganzen.
Ich bin begeistert von der Ausdruckskraft und besonders auch von den tollen Bildern, die dieser bemerkenswerte Text entstehen lässt.
Das ist Lyrik wie ich sie mag!

Lieben Gruß von
Daisy

galapapa

Re:Warum
« Antwort #7 am: M?RZ 17, 2014, 08:56:37 »
Liebe Daisy,
dieses Fragewort taucht immer wieder auf, wenn es darum geht, irgendwelche Gräueltaten zu verarbeiten und die Menschen dies nicht bewältigen können.
Ich lebe ganz in der Nähe von Winnenden, wo vor einigen Jahren beim Amoklauf eines Siebzehnjährigen fünfzehn Menschen, zumeist Schüler, ums Leben kamen.
vor einigen Tagen wurde ein Mahnmal zu dieser Wahnsinnstat eingeweiht.
Danke, liebe Daisy, für Dein schönes Lob! Es ist mir immer wieder ein Freude, zu erfahren, dass ich Dich mit einem meiner Texte berühren konnte.
Ich sende Dir liebe Grüße! :)
Charly

cyparis

Re:Warum
« Antwort #8 am: M?RZ 20, 2014, 01:18:41 »
Lieber Galapapa,


damit ich zu dem tiefen Text überhaupt was schreiben kann, das nicht nur nach Laub riecht:

Doch ist die Antwort leer und stumm,
als sollte letztlich auch kein Hoffen bleiben.



Doch bleibt die Antwort leer und stumm.,
als solle letztlich auch kein Hoffen bleiben.



Einmal mehr überwältigt:
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

galapapa

Re:Warum
« Antwort #9 am: M?RZ 20, 2014, 08:03:42 »
Liebe Cyparis,
danke für Dein Lob und Deine Anregung!
Da meine Version ja nicht falsch ist, bleibe ich lieber dabei, weil ich glaube, dass sich Dein "bleibt" mit dem bleiben im Folgevers beißt.
Ich fände das nicht so schön.
Liebe Grüße!
Charly