Autor Thema: Verzeih  (Gelesen 3628 mal)

Jonny

Verzeih
« am: August 16, 2015, 18:47:22 »
Verzeih! Ich war nie dann bei dir,
wenn deine Hand nach meiner suchte,
als deine Stimme rief nach mir
und ich den Flug durchs Leben buchte.

Verzeih! Ich hab für zwei gedacht,
geglaubt, es reicht, wenn wir uns lieben.
In mancher hoffnungslosen Nacht
bist du mit dir allein geblieben.

Ich hab dein Rufen nie gehört.
Ich wollte dir nur alles geben;
hab aufgebaut - und doch zerstört,
denn ich vergaß, mit dir zu leben.

Und so verzeihe dir nun ich,
wer kann mit unsren Augen sehen?
Es geht dir gut. Das zählt für mich.
Das können nur wir zwei verstehen...
« Letzte Änderung: August 16, 2015, 21:46:56 von Jonny »

cyparis

Re: Verzeih
« Antwort #1 am: August 16, 2015, 21:07:48 »
Verzeih! Ich war nie dann bei dir,
wenn deine Hand nach meiner suchte,
als deine Stimme rief nach mir
und ich den Flug durchs Leben buchte.

Verzeih! Ich hab für zwei gedacht,
geglaubt, es reicht, wenn wir uns lieben.
In mancher hoffnungslosen Nacht
bist du mit dir allein geblieben.

Ich hab dein Rufen nie gehört.
Ich wollte dir nur alles geben;
hab aufgebaut - und doch zerstört,
denn ich vergaß, mit dir zu leben.

Und so verzeihe dir nun ich,
wer kann mit unsren Augen sehen?
Es geht dir gut. Das zählt für mich.
Das können nur wir zwei verstehen...



Lieber Jonny -

ich hab mir erlaubt, in Deinem melancholischen Gedicht rumzuorgeln; in erster Linie der Satzzeichen wegen.
Was ich am Text eventuell verbogen habe, geht auf meine sentimentale Haut.

Grolle nicht,
denn ich gustiere Dein Gedicht!


Lieben Gruß
von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Jonny

Re: Verzeih
« Antwort #2 am: August 16, 2015, 21:37:57 »
Liebe Cyparis!

Ich danke dir für deine gelungenen Vorschläge! So gefällt mir das Gedicht jetzt besser.
Ich werde alles übernehmen. Vor allem die Ausrufezeichen hinter dem "Verzeih" finde ich gut.
Sie geben dem Text mehr Ausdruckskraft.
Hab vielen Dank!

Liebe Grüße
Jonny

cyparis

Re: Verzeih
« Antwort #3 am: August 16, 2015, 22:09:05 »
Deine Antwort, lieber Jonny, freut mich
und tut mir gut.


Lieben Gruß
von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

ANOUK

Re: Verzeih
« Antwort #4 am: August 17, 2015, 12:06:10 »
Hallo lieber Jonny,
dein Gedicht gefällt mir sehr gut und nicht allein seiner Aussage wegen. Die von Chyparis vorgeschlagenen Ausrufungszeichen finde ich eine tolle Idee.
Das einzige, was ich persönlich versuchen würde, zu umgehen, ist in Strophe 1 die Inversion. Wobei das Geschmackssache ist- manche mögen Inversionen, ich persönlich finde, sie wirken ein wenig künstlich bzw "aufgesetzte"

ich meine die Stelle
.."und ich den Flug durchs Leben buchte"
da wird von der natürlichen Satzstellung abgewichen

Wie gesagt, es ist nur mein persönliches Empfinden,
ansonsten gefällt es mir super!

Gern gelesen, wie bisher alles von dir

lG
Anouk

Die Menschen sind nicht immer, was sie scheinen, aber selten etwas Besseres. (Lessing; aus: Nathan der Weise]

Jonny

Re: Verzeih
« Antwort #5 am: August 18, 2015, 19:42:03 »
Hab ganz vielen Dank, Anouk!
Ich habe mit Interesse deine Gedanken über Inversionen gelesen.
Und ich muss gestehen, ich habe mir darüber noch nie Gedanken gemacht...
Aber danke, für den Anstoss!

Einen lieben Gruß zurück
Jonny

Erich Kykal

Re: Verzeih
« Antwort #6 am: August 18, 2015, 20:30:43 »
Hi, Anouk!


Bloß, dass "und ich den Flug durchs Leben buchte" keine Inversion ist. Diese befindet sich in der Vorzeile, wo es normal so hieße: "als deine Stimme nach mir rief".

Ich pflichte deiner Einstellung bezüglich Inversionen bei. In der Lyrik kann man ab und zu eine kleine Inversion anwenden, wie es hier geschah - das "rief nach mir" klingt nicht erzwungen oder allzu unnatürlich. Allerdings sollte man derlei dennoch nach Möglichkeit vermeiden. Gute Lyrik soll nicht bemüht, pathetisch oder gedrechselt klingen - je simpler konstruiert ein klangschöner und klar formulierter Satz daherkommt, desto besser!

Ein (un)schönes Beispiel für so eine sehr unnatürlich klingende und bemühte Inversion ist hier die erste Zeile der letzten Strophe! Echt, das geht so gar nicht!!!

Einzig richtig wäre: "Und so verzeihe ich dir nun". Zudem ist der Satz in Relation zum bisherigen Inhalt unlogisch! ER hat sich falsch verhalten - und verzeiht IHR nun??? Richtig wäre anders herum: "Doch du verzeihst mir unterm Strich!" Wenn dies nicht gefällt, rate ich zu einem anderen Reim für Z1 und 3.

Ansonsten sehr gut geschrieben! Nix zu meckern und gern gelesen! :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

a.c.larin

Re: Verzeih
« Antwort #7 am: August 19, 2015, 09:18:24 »
na, ich versteh das mit dem verzeihen so: SIE ist gegangen, das hat IHM weh getan - doch diesen schmerz verzeiht er ihr ( weil er begriffen hat, dass ihr fortgagn konsequenz seines verhaltens  war).

ein jammer, wenn die einsicht immer zu spät kommt.
  :((wie in dem eugen roth - gedicht: des menschen kinn ist fortan glatt , doch findet kein bessuch mehr statt).

was würden wir da nicht alles zurückdrehen, wen wir es  bloß könnten!


gerne gelesen,
larin

Erich Kykal

Re: Verzeih
« Antwort #8 am: August 19, 2015, 10:46:17 »
Hi, larin!

Deine Sicht passt mir nicht für diesen Text! Die ersten beiden Strophen beginnt er sogar mit einem Flehen nach IHREM Verzeihen - und in der letzten Strophe verzeiht ER plötzlich ihr? Nein, das geht nicht zusammen! Selbst wenn ein Sinn darin gefunden werden könnte: Zweierlei bleibt bestehen: Diese inhaltliche Kehrtwende täte dem roten Faden in diesem Gedicht dennoch nicht gut - und die Stelle bleibt immer noch einen grauenhafte Inversion, so schräg konstruiert, dass es grammatikalisch schon eindeutig falsch ist!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Jonny

Re: Verzeih
« Antwort #9 am: August 19, 2015, 21:25:27 »
Larin, du liegst mit deinen Gedanken richtig. Fast so war es gemeint. In der letzten Strophe verzeiht ER ihr. SIE ist nicht ganz gegangen,
hat aber eine Dreiecks - Beziehung aufgebaut. Ganz komplizierte Sache...

Lieber Erich!

"Und so verzeihe dir nun ich"
In dieser Zeile sollte das "Ich" hervorgehoben werden, es sollte entschlossen klingen, bestimmt.
Nicht zaghaft oder nett aufgesagt wie ein "und so verzeihe ich dir nun".

Habt ganz vielen Dank für euere Gedanken zu meinen Versen!
Ich habe mich  gefreut!

Liebe Grüße
Jonny

a.c.larin

Re: Verzeih
« Antwort #10 am: August 20, 2015, 08:16:45 »
lieber erich,

letztlich geht es in beziehungen nie so eindeutig zu, dass man genau wissen könnte , wer "schuld" ist am scheitern derselben -
meist sind es ja vielerlei ursachen und wirkungen, die ineinander verflochten sind.....

da geht der ärger, die enttäuschung oder schmerz oft nach mehreren richtungen gleichzeitig. es macht daher durchaus sinn, auch das verzeihen  in mehrere ebenen auszudehnen. zumindest würde das der heilung eher dienen.....

aber klar: zunächst einmal meint man: ich hab recht - und der andere nicht! ging mir genauso.
und es dauert oft ein paar jahre, bis man draufkommt : ich bin nicht der nabel der welt, und der andere hat auch eine sichtweise - und die gilt gleichermaßen, egal, ob sie mir passt oder nicht.

in einem lied von rainhard fendrich heißt es:

Noch haben wir die letzte Chance nicht versäumt, uns mit dem Leben zu versöhnen.

ich denke, anders kann es gar keinen frieden geben - nicht mit sich, nicht mit anderen.

lg, larin