Autor Thema: Selbstmitleid  (Gelesen 981 mal)

Erich Kykal

Selbstmitleid
« am: Dezember 28, 2017, 10:40:53 »
Ich war ein Richter, der sich nie entscheidet,
da alle Last, die seinen Weg beschwerte,
ihm keine Augenblicke mehr gewährte,
die nicht zerrissen waren, ausgeweidet.

Mir schien der Tag mit Schatten wie bekleidet,
ein Düsteres beatmend, das sich nährte
aus Dunkelheit, die wartend in mir schwärte.
Der Sonne Wärmen gar war mir verleidet!

Ich sah kein Wesen, das ich nicht beneidet
um alles hätte, was ich mir verklärte
zum Gegenteil der Nacht, die in mir gärte,

und während ich der Stunden Schale leerte,
berührte, was in Schwärze sich verkehrte,
mein Innerstes, das sich am Leide weidet.
« Letzte Änderung: Juni 20, 2021, 10:26:15 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Selbstmitleid
« Antwort #1 am: Dezember 28, 2017, 19:00:42 »
Lieber Erich,

du hast mal wieder, auf nur zwei Reime gestützt (also mit minimalem Wortkorpus hantierend), viel hervorgebracht. Die Empfindung innerer Dunkelheit wird von an sich selbst leidenden LI kunstvoll beschrieben und ausgekostet.

Sehr gern gelesen
LG gummibaum   

 

Erich Kykal

Re: Selbstmitleid
« Antwort #2 am: Dezember 28, 2017, 22:05:45 »
Hi Gum!

Wie ich anderswo schon schrieb: So einmal im Jahr bastle ich gern mal wieder ein Sonett, das mit zwei Reimen auskommt - einfach aus Interesse daran, ob es sich irgendwie inhaltlich ausgeht und ob ich es hinkriege, ohne dass es allzu erzwungen und hingedrechselt wirkt.

Vielen Dank für dein positives Echo!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

wolfmozart

Re: Selbstmitleid
« Antwort #3 am: Dezember 30, 2017, 12:06:11 »
Hallo Erich,

ein mitnehmendes Gedicht, das Ehrlichkeit ausstrahlt.

Wie meist bei dir sehr wortgewaltig.

Ich sag immer: Wer kein Selbstmitleid hat, kann auch kein Mitleid für andere aufbringen.
Aber das ist meine persönliche Ansicht...

Lieben Gruß wolfmozart

Erich Kykal

Re: Selbstmitleid
« Antwort #4 am: Dezember 30, 2017, 20:44:43 »
Hi WM!

Gewagte These, die du da präsentierst!  ;D

Vielen Dank für die netten Worte!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re: Selbstmitleid
« Antwort #5 am: Januar 01, 2018, 19:01:33 »
Lieber Erich -

Selbstmitleid?
Nicht eher düstere Stimmung, Hoffnungslosigkeit?

Eine sowohl in Tenor als auch in der Gestaltung herausragende Leistung, ein großer Wurf.

Verzeih die dünne Brühe, in mir geht es mager zu.

Lieben Gruß
von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re: Selbstmitleid
« Antwort #6 am: Januar 01, 2018, 20:01:51 »
Hi Cypi!

Um Selbstmitleid empfinden zu können, MUSS es einem zwangsläufig mies gehen - sonst hätte das Gefühl keinen Sinn! Wenn es einem gut geht, tut man sich nicht leid!  ;)

Wie die Conclusio suggeriert, suhlt man sich dann gern darin - auch und gerade in depressiven Phasen kann es geradezu ein Lustgewinn sein, sich und den eigenen Zustand zu bemitleiden. Interessanterweise ist dies sogar ein Bewältigungsmechanismus, der helfen kann, dass es einem danach besser geht. Es verhindert das völlige Abgleiten in die bleierne Gleichgültigkeit einer echten, tiefen Depression - denn wer sich bemitleidet, der misst dem eigenen Sein noch einen Wert und eine Bedeutung bei.  ;)

Vielen Dank für deinen Kommi!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Curd Belesos

Re: Selbstmitleid
« Antwort #7 am: Januar 04, 2018, 23:30:56 »
- denn wer sich bemitleidet, der misst dem eigenen Sein noch einen Wert und eine Bedeutung bei.

Danke, Erich, für dein Gedicht und den Kommentar, ich leide zur Zeit und habe hier eine neue Erkenntnis gefunden.

LG
CB
Nur wenn du frei bist " IF " ....dann bist du ein Mensch

Erich Kykal

Re: Selbstmitleid
« Antwort #8 am: Januar 04, 2018, 23:42:57 »
Hi Curd!

Du leidest? - Hoffentlich nichts Ernstes!  :o

Gute Besserung jedenfalls!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.