Autor Thema: Annes Metamorphosen  (Gelesen 1336 mal)

Seeräuber-Jenny

Annes Metamorphosen
« am: Oktober 31, 2018, 16:52:32 »
Wer kennt denn schon die Namen all,
kennt all die Menschen, die sie tragen.
Ach, Namen sind nur Rauch und Schall,
hör ich zu Unrecht Leute sagen.

Beherzt auf Stöckelschuhen lief
einst Bipontina über Brücken,
sah, ob sie grad warn oder schief,
sah Blumen sprießen aus den Lücken.

Als Zwilling später zeigte sie
den Foren ihre zwei Gesichter,
als Mentor voller Empathie,
als Spötter und gestrenger Richter.

Die alte Leier stets von vorn,
die spielte sie zum Wohl der Sprache.
Manch blindes Huhn fand so ein Korn,
doch stieß sie oft auf eine Brache.

Die Lehren trugen einen Bart,
so lang wie der von Barbarossa.
Sie tat es auf die feine Art,
falls ihr nicht zu sehr stank die Gosse.

Das große Rom, es wurde nicht
erbaut an einem einzgen Tage,
doch Romulus, der kleine Wicht,
legte den Grundstein ohne Frage.

Es ist ein unerhörtes Thing,
dass sie die schnöde Welt verlassen.
Wer nicht aus Liebe Feuer fing,
der durfte sie zumindest hassen.

Ja, Cyparissos/Cyparis
samt all ihren Metamorphosen,
die ehre ich und sage Tschüss.
Macht euch jetzt nicht mehr in die Hosen...
« Letzte Änderung: Oktober 31, 2018, 20:41:38 von Seeräuber-Jenny »
Ideale sind wie Sterne. Wir erreichen sie niemals, aber wie die
Seefahrer auf dem Meer richten wir unseren Kurs nach ihnen.
Carl Schurz

gummibaum

Re: Annes Metamorphosen
« Antwort #1 am: Oktober 31, 2018, 19:31:58 »
Dein Gedicht gefällt mir, liebe Jenny.

Für mich war Romulus kein Wicht. Ich hielt ihn lange für einen in der Dichtung beschlagenen, wohlwollenden alten Herrn mit Pfeife.

LG g

Seeräuber-Jenny

Re: Annes Metamorphosen
« Antwort #2 am: Oktober 31, 2018, 20:18:37 »
Ich auch, lieber gummibaum. Wir hatten in dotcom schon einige Zeit über PN korrespondiert, als sie mir ein Küsschen sandte. Da dachte ich, na, der alte Herr hat es aber faustdick hinter den Ohren!

Anne war von ihrer Statur her ein kleiner Wicht, so wie Romulus und sein Zwilling Remus, als sie noch von der Wölfin gesäugt wurden. Geistig aber war sie ein Riese.

Lieben Gruß
Jenny
Ideale sind wie Sterne. Wir erreichen sie niemals, aber wie die
Seefahrer auf dem Meer richten wir unseren Kurs nach ihnen.
Carl Schurz

Erich Kykal

Re: Annes Metamorphosen
« Antwort #3 am: November 01, 2018, 12:25:13 »
Hi Jen!

Eine wundervolle, heitere Hommage an Annes Wirken über all die Jahre! Ich persönlich war nie ein Verfechter von "Nicks" oder gar deren oftmaliger Änderung - zu undurchschaubar wurde mir in den Foren so stets das WER und WARUM.
Aber ich richte nicht, und wem das probat erscheint, der soll sich eben dieser Möglichkeit bedienen, so wie Anne es tat. Ich selbst kannte sie nur als Leier und Cyparis, die anderen Namen trug sie in anderen Foren als ich und zu anderen Zeiten.

S6Z4 - Um betonten Auftakt zu vermeiden: "war dessen Grundstein ohne Frage."

Die letzte Str. ist in Z2 auch nicht astrein, da empfehle ich die Neudichtung von Z2 und 4.

Sehr gern gelesen und mich gern erinnert! Hab Dank für diese Aufzählung all ihrer Alter egos!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Eisenvorhang

  • Gast
Re: Annes Metamorphosen
« Antwort #4 am: November 01, 2018, 21:50:11 »
Hallo Jenny,

das Gedicht ist sehr schön. Anne und ich hatten einen holbrigen Forenstart, als ich nach 16 Jahren kommend von der Prosa erstmals zur Lyrik fand.
Ihre Kritik zerstörte meinen Willen und ich war nicht lieb zu ihr, weil mein entschlossenes Ego wohl etwas zu ehrgeizig war. (ich kann schwierig sein)
Andere Umstände zwangen mich dann dazu mich abzumelden und die Lyrik wieder ruhen zu lassen.

Dann verweilte ich bei Poetry als stummer Leser (Gast) und las einige ihrer Gedichte, die mich zu tiefst anrührten, aber auch mein lyrisches Verstehen erweiterten.
Als ich dann nach einem Jahr wieder aktiv wurde, schrieb ich ihr eine PN und wir beschlossen die Pfeife zu rauchen.

Und dann nach und nach wurden wir enger und sie half mir auf meinem Weg. Genauso wie Erich damals, der sich leider von mir etwas distanziert hat, obwohl ich eigentlich immer auf seiner Seite stand :P.
Wie auch immer:
erst vor kurzem half mir Anne wegen des Forums hier, wegen der Anmeldung und bat mich darum nicht aufzugeben und geduldig zu sein und sie würde es begrüßen mich hier zu sehen.

Ich laß alle ihre Gedichte auf Poetry und es sind viele.
Ich weiß nicht, ich glaube, ich bin ein sehr empfindsamer Mann und Gedichte sind oft wie ein offenes Buch, wenn man die Schwingung zwischen der Zeile erfühlen kann.

Eine hochbegabte und hochsensible Frau, die am Ende wohl sehr viel über sich ergehen lassen musste. Ich kann es nur erahnen. Kann mir denn jemand sagen, wie alt sie wurde?
Sie wirkte immer so jung.

Mich trifft ihr gehen sehr. Ich wollte noch über einige Dinge mit ihr reden/schreiben.
Ihr Verschwinden und ihr promptes Ableben wirken sehr surreal und es tut weh.
Hätte ich nur eher das tiefere Gespräch gesucht.

:-(

vlg

EV 
« Letzte Änderung: November 01, 2018, 21:52:08 von Eisenvorhang »

Curd Belesos

Re: Annes Metamorphosen
« Antwort #5 am: November 02, 2018, 13:22:25 »
Liebe Jenny,

tagelang habe ich überlegt, was ich denn wohl schreiben könnte, um etwas Würdiges als Nachruf auf unsere Cyparis zu kreieren.

 "Annes Metamorphosen"  drückt meine Gedanken aus, ich danke dafür, wie auch bestimmt Cyparis ihre Freude daran hätte.

LG
CB

Nur wenn du frei bist " IF " ....dann bist du ein Mensch

Agneta

  • Gast
Re: Annes Metamorphosen
« Antwort #6 am: November 03, 2018, 13:27:39 »
mit großem Schrecken lese ich dieses Gedicht. Das scheint mir ein Nachruf zu sein. Ist Cyparis nicht mehr unter uns? Ist die gestorben oder ist sie nur nicht mehr im Forum?
Ich kenne sie nicht sehr gut, habe aber ihr Herzblut für dieses Forum empfunden und großes Mitleid für ihr Leiden. Mir gegenüber trat sie immer sehr warmherzig auf, nahm großen Anteil an meinem Hausverkauf, der mir nicht leicht fiel.
Sie wird fehlen, die Seele der Wiese. Nur als solche kenne ich und schätze ich sie, egal, wo sie nunsein mag.
LG von Agneta