Autor Thema: Nullkommanullschwesterlein in der Nachbarschaft  (Gelesen 873 mal)

Martin Römer

  • Gast
Nullkommanullschwesterlein in der Nachbarschaft
« am: April 26, 2020, 22:43:51 »
Du gabst mir also eine Samariterpfote.
Ich geh doch nur spazieren, sagte ich galant.
Der Kinderdrang ward dir normal, du Wandeltote,
das Friedensangesicht ward dir zum Wutgewand.

Was kümmerte mich dies an ödester Zisterne?
Die Psychopathenhüllen sind nicht mein Problem,
indes verbuddel ich die Herren in der Ferne
und such alsdenn ein Weibchen für das Diadem.

Man kann die Wahnbeseelten nicht zu Wesen wandeln.
Wie führte man sie in den Jammertod hinein?
Wer könnte anderswo mit mir die Zeit verhandeln?
Ich merke nichts von Müh im dunkelblauen Sein.


Erich Kykal

Re: Nullkommanullschwesterlein in der Nachbarschaft
« Antwort #1 am: April 27, 2020, 13:18:45 »
Hi Martin!

wie kann man gleichzeitig so wunderschön und zugleich so verklausuliert schreiben, dass sich die Bedeutung im Grunde keinem Leser erschließen kann, der nicht der exakte Adressat dieser Werke ist, weil nur jener über das Insiderwissen verfügt, die Symbole der Botschaft, das Beschriebene zu entschlüsseln, weil er WEISS, worum es geht?

Für den, der nicht weiß, an wen sich die Zeilen richten, noch was sie aussagen sollen, bleibt die Lektüre bedauerlicherweise ein kastriertes Vergnügen ...  :( :-\

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Eisenvorhang

  • Gast
Re: Nullkommanullschwesterlein in der Nachbarschaft
« Antwort #2 am: April 27, 2020, 13:24:16 »
Hi Martin!

wie kann man gleichzeitig so wunderschön und zugleich so verklausuliert schreiben, dass sich die Bedeutung im Grunde keinem Leser erschließen kann, der nicht der exakte Adressat dieser Werke ist, weil nur jener über das Insiderwissen verfügt, die Symbole der Botschaft, das Beschriebene zu entschlüsseln, weil er WEISS, worum es geht?

Für den, der nicht weiß, an wen sich die Zeilen richten, noch was sie aussagen sollen, bleibt die Lektüre bedauerlicherweise ein kastriertes Vergnügen ...  :( :-\

LG, eKy

Hey Erich,

eigentlich bauen seine Werke immer auf dem gleichen Duktus: Eine Anklage, eine Rechtfertigung, empfundene Stigmatisierung, Abwertung und Sehnsucht.
Dabei sind Begriffe wie "Huhnsubjekt" schon als Abwertung gegenüber einer Person zu verstehen.
Ich betrachte die Werke als Linderung und Ventil für das lyrische Ich!
Sprachschön sind sie alle mal, obwohl ich mich persönlich unprädentiöseren Dingen zugezogen fühle.

Trotzdem! Schön geschrieben, lieber Martin.

Mich dünkt, als flöge kein verstorbenes Bedauern
durch Zwistigkeiten jener Krankheitskrisen.
Der Menschenmüll, sein Schleim ist mein Erschauern,
und drängt mich in Kristallenem zu überdauern,
wo jeder Stern ist: ein Zuhausesein. Die Brisen,
die aus den finstren Fenstern meiner Seele rühren,
sind Stille, wunde Stimmen, die sich selbst nicht spüren.


vlg

EV
« Letzte Änderung: April 28, 2020, 11:14:25 von Eisenvorhang »

Erich Kykal

Re: Nullkommanullschwesterlein in der Nachbarschaft
« Antwort #3 am: April 27, 2020, 13:45:40 »
Hi EV!

Ist das Gedicht in deinem Kommi neu, ad hoc geschrieben? Falls ja - unbedingt unabhängig einstellen!

Ist es was Älteres: Hut ab! Du triffst nicht nur Martins Schreibstil perfekt - es ist sogar verständlich und nachvollziehbar! Gerade das liefert Martin leider eher selten ...

Sehr gern gelesen!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Eisenvorhang

  • Gast
Re: Nullkommanullschwesterlein in der Nachbarschaft
« Antwort #4 am: April 27, 2020, 14:01:53 »
Ja, ist adhoc, von Martins Gedicht inspiriert, ich warte aber etwas mit dem Einstellen... Will das Forum nicht überfluten...  ;D
Vielleicht gefällt es auch Martin, mal sehen!

vlg

EV

Martin Römer

  • Gast
Re: Nullkommanullschwesterlein in der Nachbarschaft
« Antwort #5 am: April 28, 2020, 03:51:40 »
Werte Gefährten,

keine große Sache war der Born: nur eine Gestalt aus der Nachbarschaft, die mich auf unverschämte Weise angesprochen hat.
Friedensangesicht, Kinderseele - das sind nicht geheime Symbole, sondern Studiumsversuche dieser seltsamen Verhältnisse.

Das Huhnsubjekt aus dem andern Faden, also nicht auf das Gör hier bezogen -
wenn du das für ein normales Schimpfwort hältst, bitte....
Fast fühle ich mich an die lustigen Irrtümer erinnert, Lady Anneliese für eine harmlose alte Dame zu halten.

Weißt du, wie sie die Gefährdung von radikal-psychotischen Menschen kommentierte?
Zwei kurze Paukenschläge - das wars....
Eine Begrämlichkeit mehr, dass Trauerspiele wohl nur von jenen mitgefühlt werden können, die genauso große Trauerspiele hatten.

Was soll dieses zwanghafte In-eine-Ecke-drängen?
Kompensation und dergleichen ist natürlich nicht der Fall.
Dün-g-en tut der Bauersmann, den Denker dün-k-ts.
Ein Sensibelchen, das sich Unflat zu Gemüte führt und diesen verwandelt, das muss als grotesk zurückgewiesen werden.
Mit Verlaub, eher das Gegenteil ist der Fall.
Und wenn jemand dergestalt erhaben trudelt.... nun gut, die einen lächeln, die andern fallen in Verehrung..... 
Ob du die romantischen Zeilen woanders ohne Verachtung unterbringen kannst, kann ich nicht beurteilen.
Aber meine Not von der Sehnsucht hast du hübsch herausgelesen.


Mildgestimmte Nachtgrüße
M.

Eisenvorhang

  • Gast
Re: Nullkommanullschwesterlein in der Nachbarschaft
« Antwort #6 am: April 28, 2020, 11:03:47 »
Ja, die Autokorrektur kennt dünken nicht, ich bin oft am Smartphone. Mir ist es aber auch nicht aufgefallen, von daher!  ;D

Lieber Verachtung, als Scheinheiligkeit und Meinungslosigkeit. Lyrik ist, was sie ist und es muss geschrieben werden, was geschrieben werden muss.

vlg

EV

Erich Kykal

Re: Nullkommanullschwesterlein in der Nachbarschaft
« Antwort #7 am: April 28, 2020, 12:16:35 »
Hi Martin!

Aha, wie ich dachte - ein sehr persönlicher Anlass, eine bestimmte Person, eine bestimmte Begebenheit.

Du beschreibst deine "Studien" sprachlich (sehr gut) aber so in Bildern verallgemeinert, dass man als Leser, der nicht um diese direkten Anlässe wissen kann, eher in allgemeinphilosophischen Bahnen zu denken geneigt ist.
So geschiehst es, dass du etwas Spezielles ansprichst, ich als unkundiger Leser aber eine breitgefächerte Allgemeingültigkeit und Allgemeinbeschreibung der Gesellschaft in deine Zeilen denke, weil mir dein Schreibstil dies eher suggeriert.

Daher kommen wohl die häufigen "Verscherungen" meines Verständnisses für die Aussagen deiner "Bilder".

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Martin Römer

  • Gast
Re: Nullkommanullschwesterlein in der Nachbarschaft
« Antwort #8 am: April 28, 2020, 16:35:56 »
Werte Gefährten -

Smartphone, so so.
Dazu ließe sich anmerken, dass ich zu den großen Verweigerern dieser Moderne gehöre - und DA wäre dann vielleicht die rechte Sphäre, wollte man von Sentimentalität und Frust sprechen....
Dein Wort wider die Schwächlichkeit ist recht lobenswert.

Persönlich, aber ja, wie gesagt, von minimaler Größe.
Und doch frage ich mich, was bspw. an "Kinderdrang" soooooo allgemein hinformuliert sein soll.
Und noch zwei Dinge, die eher schwierig von den Lippen perlen:
ich spreche ja, wie schon zärtlich beobachtet, immer mal wieder die meinen gleichen Themen an
und zweitens stehen diese, nicht so sehr vom Anspruch her bedingt, einfach zwangsläufig etwas neben "dem ordinären Weltgeschehen".

Also nicht allzu sehr im Zirkus des Weltgeschehens nach Zusammenhängen kramen und alles ist gut.  ;)


Verregnete Grüße
M.