Werte Jenny,
jetzt sind die Wallungen so fortgeschritten, dass man am sachlichen Disput kaum vorbeikommt.
Das ist per se nichts Verwerfliches.
Wenn das alles aber die neue Angemessenheit sein soll, muss ich dir von meiner Entsagung berichten.
Zu Annelieses Nachlaß gehört doch sicher mehr, als eine bloße Plattform und ein gedankliches Luftbild -
die Gespielen, die ihr so lange Geleit gaben, müssen ein Wort mitzureden haben.
Jedenfalls hörte ich von ihr: schreibe, mein Liebchen, was immer du magst.
Ich bin sicher von allen der Anmut am meisten zugeneigt.
Unzählbar die Fäuste beim lockeren Erich, unsagbar der ganze Unbill des Lebens dafür.
Worauf du die ganze Zeit herumreitest, ist gewisserweise nur eine Seite, so erquicklich dein Anliegen der Pflege auch ist.
Weder Narretei noch ungefälschte Berichte des Elends haben ihren guten Geschmack gestört.
Auch von ihrem Hass auf Maulkörbe wird sie dir berichtet haben.
Die ganzen andern Ideen von einem vernünftigen Kreis, von einer gewissen Erhabenheit usw. klammerst du aus.
Mit einer Injurie von Frauen haben die Gedankenspielchen natürlich nichts zu tun.
Ich habe ein Anrecht darauf, offenkundigen Missverständnissen ja gerade auszuweichen.
Das ist dann schon eine deutliche Zensurmethodik, die hier hervorquellt bzw. ein deutlicher Umschwung der Verhältnisse.
Findest du es angemessen, dass Ericus - meinetwegen in gerade noch sachlichen Worten - alles mögliche ausbreiten darf,
und viele viele entsprechend humorvolle Texte niederen Niveaus mit elegisch besungenem Lebenswahnsinn gleichzusetzen?
Wo bleibt da die "Reinheit"?
Das massive Gestrandetsein und andere Absurditäten sind anders nicht darstellbar, vom Geistlein ganz zu schweigen.
Wenn das plötzlich der Weg ist, von einem dogmatisch-diffusen Weltbild in existenzielles Literaturgeschehen einzugreifen,
so hat es keinen Sinn, weitere Sachen einzustellen und ich kann mich direktemang auf die Reise begeben.
So habe ich es dir meines Wissens auch gesagt.
In den Kommentaren verzichte ich drauf, im Hymnus fiele hundertmal der Sinncharakter zusammen, der mit Gürtelregionen nicht das Geringste zu tun hat.
Aber was kümmert mich auch eigentlich das "Erbe", denn beim eventuellen Tod braucht es mich nicht zu kümmern und ansonsten suche ich einen andern Tempel.
Also, mein Gutes - wie ich es jetzt verstehe,
verbietest du die eine Gossenvokabel und wohl auch die andern harschen Aussagebilder, damit lasse ich meine Mitgliedschaft hier ruhen.
Vielleicht besinnst du dich der Sinnfrage von Autoritäten, denn offensichtlich stürmst du in gewisser Minderheit.
Jedenfalls habe ich hiermit meine Rede dargebracht, wie es sich im anständigen Treiben gehört.
Viele Grüße
M.