Autor Thema: Eine Geschichte, die Angst macht  (Gelesen 1046 mal)

Agneta

  • Gast
Eine Geschichte, die Angst macht
« am: Mai 11, 2020, 10:41:55 »
Eine Geschichte, die Angst macht

Ich erzähle euch heute eine Geschichte. Eine Geschichte, die vielleicht alle Tage vorkommt, vielleicht auch nicht. Eine, die mich verwirrt, sprachlos macht. Fast hilflos. Eine Geschichte, die mir Angst macht wie damals das Märchen von Rotkäppchen und dem bösen Wolf, als ich noch ein Kind war.
Dem Wolf, der nicht die Großmutter frisst, sondern das Rotkäppchen. Weil es verdammt noch mal nicht auf Großmutter hören will.Weil Großmutter Märchen nicht mag.
Märchen, die Menschen erzählen, die sich als stetiges Opfer darstellen und empfinden. Märchen,  die sich später als Lügen herausstellen. Es gibt diese Wölfe, die mit hinkender Pfote daherkommen, mit struppigem Fell und traurigen Augen, wo Rotkäppchen vergisst, dass Wölfe keine Haushunde sind. Wölfe bleiben immer Wölfe, sagt Oma, die zunächst auch berührt ist von der Jammergestalt, die Liebe und ein Zuhause sucht. Doch nachdem sie dem Wolf den Tisch gedeckt haben und er nicht mehr geht, wird Oma misstrauisch. Forscht nach, wo kommt der  Wolf her, was und wie sind seine Ahnen, wie war sein wahres Leben. Der Wolf aber schweigt. Und Oma, die ihren Handkantenschlag nicht mehr gut beherrscht und sich einem Wolf nicht mehr gewachsen fühlt, sagt: Kreidefresser bleiben Kreidefresser.
Der Wolf ist so gekränkt, dass er geht, sich in die Büsche schlägt. Sein Fell ist nicht mehr so struppig, seine Pfote heilt.
Oma ruft die Tierschützer, dass sie sich um den Wolf kümmern. Damit er nicht im Gebüsch lauert und auf Rotkäppchen wartet. Nur deshalb. Denn ein Lügner bleibt immer ein Lügner und ein Wolf bleibt immer ein Wolf.
Und Oma hat niemanden mehr, der einem  Wolf entgegentreten könnte. Ihr Mann, der früher Bäume mit der bloßen Hand ausreißen konnte, ist alt. Wie Oma auch. Einen Hund wie den mutigen, großen Boxer hat sie nicht mehr. Der hätte dem Wolf schon gezeigt, wo es hinausgeht. Aber Oma hat nur sich selbst und ihr Reden. Also redet sie. Auf Rotkäppchen ein. Und weiß doch, dass sie den Wolf so nicht vertreiben kann. Für immer. Nicht mehr.
Er sagt, sie wären seine Familie. Und Oma schaudert.
Darum ruft Oma mich an und erzählt mir diese Geschichte. Eine Geschichte, die nicht alle Tage vorkommt, eine Geschichte, die Angst macht.
Rotkäppchen aber geht heimlich hinaus in den Wald. Sein rotes Käppchen wippt im Wind, ihr Picknickkörbchen baumelt am Handgelenk, bestückt mir leckerer Wurst und Süßigkeiten, die Wölfe mögen. Sie sagt, sie liebt ihn, den Wolf.



Erich Kykal

Re: Eine Geschichte, die Angst macht
« Antwort #1 am: Mai 11, 2020, 10:57:50 »
Hi Agneta!

Treffendes Gleichnis! Erinnert mich an diesen Film aus den Siebzigern, der damals ein Riesenskandal war, weil ein Schwarzer im biedersten Amerika eine Weiße liebte und heiraten wollte.  ::)

Ja, die lieben Leute und ihre Vorurteile ...

Wenn ich eine Tochter hätte und sie mir erzählte, sie liebe unsterblich einen radikalen Muselmanen und würde ihm unter der Burka schweigend und gehorsam in den heiligen Krieg folgen - ich denke, ich hätte ebenfalls Resentiments. Zwar nicht rassistischer Natur - aber was das gesunde Denkvermögen meines Kindes betrifft.

Mit einem promiskuitiven schwulen Sohn hingegen hätte ich keinerlei Probleme ... - aber so ist jeder eben anders gestrickt. Heule, Wolf, ich will mit dir jagen ...

Sehr gern gelesen!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

hans beislschmidt

Re: Eine Geschichte, die Angst macht
« Antwort #2 am: Mai 11, 2020, 11:24:32 »
Eine tiefgründige Geschichte, die sehr viel Interpretationsspielraum zulässt, liebe Agneta.
Wie es scheint, hatten wir ähnliche Gedankengänge, die ich in einer Fabel verarbeitet habe. Erich wird es mir hoffentlich nachsehen, wenn ich das Werk anfüge, denn wir waren damals geteilter Meinung. Gruß vom Hans

...die grinsenden Wölfe wurden entfernt
« Letzte Änderung: Mai 11, 2020, 12:05:25 von hans beislschmidt »
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

Erich Kykal

Re: Eine Geschichte, die Angst macht
« Antwort #3 am: Mai 11, 2020, 11:38:38 »
Hi Hans!

Ich sehe gar nichts nach, wenn es um das Schüren unreflektierter Fremdenangst, Vorurteilen und Hetzerei geht. Ich habe dir damals schon geschrieben, was ich von solchen undifferenziert verunsichern wollenden Werken halte, die der extremen Rechten Vorschub leisten. Das ist wie mit dem krankhaften Judenhass der Nazis - und wir alle wissen, wozu dieser pathologische Befund ausgeartet ist!

Zudem missinterpretierst du Agnetas Geschichte völlig! Darin geht es nämlich genau darum, dass man solche Vorurteile NICHT haben sollte. Das scheint dir entgangen zu sein.

Dein Machwerk befeuert alle "germanischen" Resentiments, die nur möglich sind: Das blonde unschuldige deutsche Mädel, von den schwarzen persischen Wölfen gejagt und ermordet. So in etwa war es doch gedacht, oder? Abgesehen davon, dass deine Zeilen verallgemeinernd verdammen (in JEDER Volksgruppe gibe es kriminelle Elemente - darf man deshalb gleich alle in einen Topf werfen?), nähren sie unterschwellige Ängste, und das ist das Gefährlichste überhaupt!

Ein Mensch, der gut denken kann, sollte nicht so schreiben, es sei denn, er legt es darauf an, Hass und Furcht zu säen.
« Letzte Änderung: Mai 11, 2020, 17:43:27 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

hans beislschmidt

Re: Eine Geschichte, die Angst macht
« Antwort #4 am: Mai 11, 2020, 11:57:37 »
o, o, Nee Erich das muss nicht sein, dass wir uns auf der kleinen Wiese wieder streiten. Ich werde das Werk wieder entfernen. Kein Stress mein Lieber.
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

Agneta

  • Gast
Re: Eine Geschichte, die Angst macht
« Antwort #5 am: Mai 12, 2020, 09:29:12 »
ich habe das Werk nicht gelesen von Hans, darum kann ich dazu nichts sagen, jedoch nur dieses, dass Erich Recht hat mit den Vorurteilen.
Im übrigen muss man zugestehen, dass die persischen Wölfe meist bezaubernd schönes Brusthaar haben GGGGGGGGGGGGGGGG
vielen Dank jedoch, Hans, für das Lob für die "tiefgründige Geschichte".
Lieber Erich,
deinen meinem Gleichnis angepasst chiffrierten Kommentar, auf den ich gewartet habe, da du ja auch Pädagoge bist, habe ich als Vergleich zu meinen eigenen Gedanken genommen. Danke dafür!
Im Übrigen:
mein Ziehsohn ist Moslem, mein bester Freund schwul und das schon sehr sehr lange GGGGG von Agneta

Erich Kykal

Re: Eine Geschichte, die Angst macht
« Antwort #6 am: Mai 12, 2020, 11:22:17 »
Hi Agneta!

Mit haufenweise Brusthaar kann ich auch dienen - wenn auch schon ordentlich angegraut ...  ;)

Ich persönlich bin ja ein Feind unnötiger Körperbehaarung, egal ob bei Männlein oder Weiblein. Macht viel Arbeit, es zu mähen, und viel Arbeit, es zu pflegen. Wenn es nach mir ginge, käme die Menschheit längst ohne ein einziges Haar unterhalb des Halses aus ...  ;D ::)


In Hans' Gedicht ging es um ein "unschuldiges blondes Rotkäppchen", das von einem Rudel dunkelhaariger Wölfe gehetzt und zuletzt ermodet wird. Ein Werk, das damals eindeutig auf die Kölner Übergriffe von muslimischen Burschen auf deutsche Frauen anspielte, als es entstand. Es will aber nicht aufarbeiten, sondern Ängste und verallgemeinernde Hetze bestärken: alles Ausländische sei raubtierhaft böse und kriminell lüstern.

Ich habe Hans damals schon dazu meine Meinung gesagt und ihm zu erklären versucht, wohin sowas führt. Leider ist er sehr islamophob und fremdenfeindlich und sah meine Argumente nicht ein. Der sich daraus entwickelnde Streitdisput mittels inhaltlich die Argumente aufgreifender Gedichte führte letztlich dazu, dass wir beide das Forum verließen, wo das stattfand - er wurde gesperrt, ich ging freiwillig, nachdem alle meine Gedichte gegen extreme Rechte, AfD und Islamophobie vom Forenbesitzer gleich mit gelöscht worden waren, "um des lieben Friedens willen". In meinen Augen klare Meinungszensur - aber mehr oder minder deutlich inszeniert, um mich loszuwerden. Man wollte dort auch von der Moderation her keine Gedichte gegen extreme Rechtskonservative lesen. Den Grund dafür zu vermuten überlasse ich dir ...

LG, eKy

Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

hans beislschmidt

Re: Eine Geschichte, die Angst macht
« Antwort #7 am: Mai 12, 2020, 14:40:44 »
Hi Agneta, ich muss Erich in einem Punkt widersprechen und das ist der Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit. Das ist nicht richtig, denn in all den Jahren habe ich mit vielen Nationen auf Augenhöhe und Respekt in der Gastro gearbeitet, auch meine Adoptivsöhne sind Vietnamesen. Richtig ist, dass ich getreu den Prinzipien Egalité Liberté Fraternité mit den Werten der abendländischen Kultur verbunden bin und nicht dem menschenverachtenden Islam auf den Leim gehe, was nichts mit dem Moslem als Mensch zu tun hat. Den Erich kenne ich schon seit über 10 Jahren als Dichter, wie auch persönlich und wertschätzte ihn auch. Seine Kommentare und Vorschläge haben meist meine schludrige Metrik geglättet, wie ich auch sein Urteilsvermögen in den meisten Punkten schätze. Wenn dich die grinsenden Wölfe interessieren, an die mich deine Geschichte sofort erinnert hat, kann man das auf meinem Blog
https://beisl55.blogspot.com/2019/10/grinsende-wolfe.html nachlesen. Gruß vom Hans

(ähm ... Erich hat vergessen, dass im besagten Forum fiktive User unterwegs sind, die nach Bedarf Unfrieden mit Beleidigungen stiften.)
« Letzte Änderung: Mai 12, 2020, 14:49:14 von hans beislschmidt »
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

Agneta

  • Gast
Re: Eine Geschichte, die Angst macht
« Antwort #8 am: Mai 12, 2020, 18:22:09 »
Es interessierte mich natürlich nun das besagte Gedicht und ich bin dem Link gefolgt, Hans.
Durch die langen Bärte ist schon klar, worauf es anspielt. Das Blond zielt auch darauf ab. Ansonsten ist das Gedichte ganz gut geschrieben, auf die Zeilenlängen würde ich noch achten.
Wenn du den Vorwurf des Islamophoben etc. ausschließen willst, kannst du dies leicht tun, Schafe sind ohnehin nicht blond, sondern weiß ( jedenfalls wenn sie gut gepflegt sind GG) und Wölfe haben keine Bärte.
So, wie es jetzt da steht, würde ich Erichs Empfinden teilen. Auch ich mag solche klischeehaften Werke nicht. Es gibt auch blonde Wölfe, man nennt sie auch Wikingerwölfe, rothaarige, man nennt sie British Wulfs und amerikanische, die sind besonders stolz auf ihre Nationalität, obwohl sie aus tausend Wolfarten entstanden ist... Soweit zur Dummheit, die Nationalismus in sich trägt.
Religiöser Fetischismus und Fanatismus ist genauso schlimm. ich mochte die Geschichten im AT noch nie, wo Schafe und sogar Söhne auf Altären geopfert werden...Ach, ja und vergessen wir nicht die Wölfe im Talar...
In diesem Sinne: Haltet Frieden, Jungs. Wir werden die Drecksäcke dieser Welt nicht ändern, indem wir eine Sorte von ihnen hofieren...

Wenn es ein kleines Forum war, wo euer Disput stattfand, dann denke ich nicht, dass dort Mobber eingeschleust wurden. Das schaffen die da auch ganz alleine.
Lasst uns hier Frieden halten und Hans, wenn du wirklich es nicht so meinst, dann schreib dein Gedicht um und stell es hier ein. Naaaaaaaaaaaaa?
GGG von Monika
und ja... möchte noch jemand was zu MEINER Geschichte sagen GGGGG