Lieber gummibaum,
Dein Gedicht beschreibt das bekannte Problem einer Liebesbeziehung mit einer Person, die bereits gebunden ist. Die Sprache enthält sich jeder moralinsauren Bewertung und beschreibt die starke Belastung der Betroffenen. Dem Begehren wird zwar nachgegeben, aber eine lebendige Beziehung, die ein Teilen des Lebens voraussetzt, ist nicht möglich. Es wird immer etwas fehlen, und die Heimlichtuerei, das beständige Lügen ist noch eine weitere Not.
So falsch schein mir das Gebot, "Du sollst nicht begehren Deines Nächsten [Lebenspartner]" nicht zu sein. Die Liebe wird von manchen Betroffenen als unbezwingbarer Grund für das Eindringen in eine bestehende Beziehung genannt. Als sei sie eine unbezwingbare Naturgewalt, der nichts entgegengesetzt werden könnte. Es ist nicht mehr modern Verzicht zu üben, wenn die Rahmenbedingungen nur ins Unglücklichsein führen können.
Aber wenn ich an "Anna Karenina" denke oder an "Madame Bovary", dann sehe ich, dass diese Problematik, der Liebe ein übergeordnetes "Recht" zuzusprechen, schon sehr lange diskutiert wird in der Kunst.
Dein Gedicht hat mich angeregt über all das nochmals nachzudenken.
Herzliche Grüße, AlteLyrikerin.