Autor Thema: Groteske Szenen eines Traumes (I)  (Gelesen 876 mal)

Eisenvorhang

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Groteske Szenen eines Traumes (I)
« am: Februar 26, 2019, 20:49:05 »

I- ein älterer Herr aus geronnener Wahrscheinlichkeit

Die Menschen schliefen. Es war Zeit zum Träumen.
Sah hinter Wolken Licht aus tausend Jahren.
Die Liebe kühlte ab wie blauer Stahl.
Das Mondlicht tropfte durch die Jalousien
der Nacht und alle Bäume wurden kahl.

(Das Pflaster auf dem Weg war Lichtaffin.
Im Traume wollte ich nach Schweden fahren
und bernsteinfarben flossen mir die Tränen,
als wären sie die Stimmen meiner Stille
und in der Nacht die kristallinen Strähnen.)

II- ein weiblicher Tod mit Schmetterlingsflügeln

Die Nacht sinkt ein. Die Wälder spieln Klavier
und haben alles andere vergessen.
Im Traum, ganz nackt, alleine waren wir
von jener Dunkelheit komplett besessen,

warf ich mich im Humus der Gedanken
und ich malte Pelikane
in die Grammatur der Zeit,
aus den Wipfeln hingen Zuckergußorgane
langgezogen in die Ewigkeit.

Erich Kykal

Re: Groteske Szenen eines Traumes (I)
« Antwort #1 am: Februar 27, 2019, 20:51:28 »
Hi EV!

Finde ich gut geschrieben, bis auf die letzte Str., da werden Sprachfindung, Auftaktschema und Zeilenlänge zunehmend konfus. Es ist zwar ein surrealer Text, aber gerade darum sollte er innerhalb seiner metrischen Präliminarien bleiben, um sich so einen gewissen Halt zu verleihen.

Worte, die für mein lyrisches Emfinden nicht dazupassen: Die Verkürzung "spieln" (S3Z1), "komplett" (S3Z4), "Humus" (S4Z1), "Grammatur" (S4Z3, Was bedeutet das Wort überhaupt?).

Die Untertitel würde ich nach dem Bindestrich groß beginnen.
"Lichtaffin" ist ein Adjektiv - im Satz klein zu schreiben.


Änderungsvorschläge für runderen Sprachfluss und klares Metrum:

I- Ein älterer Herr aus geronnener Wahrscheinlichkeit

Die Menschen schliefen. Es war Zeit zum Träumen.
Sah hinter Wolken Licht aus tausend Jahren.
Die Liebe kühlte ab wie blauer Stahl.
Das Mondlicht tropfte durch die Jalousien
der Nacht und alle Bäume wurden kahl.

(Das Pflaster auf dem Weg war lichtaffin.
Im Traume wollte ich nach Schweden fahren
und bernsteinfarben flossen mir die Tränen,
als wären sie die Stimmen meiner Stille
und lauer Nächte kristalline Strähnen.)

II- Ein weiblicher Tod mit Schmetterlingsflügeln

Auf Blättern spielt der Regen sein Klavier,
wir haben alles andere vergessen.
Im Traum, ganz nackt, alleine waren wir
von jener Dunkelheit rundum besessen,

und ich warf mich im Taumel der Gedanken
ins Irgendwo und malte Pelikane
ins unbezahlte Ausmalbuch der Zeit.
Von Wipfeln hingen Zuckergußorgane
wie langgezogen in die Ewigkeit.


Sehr gern gelesen und bearbeitet!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Eisenvorhang

  • Gast
Re: Groteske Szenen eines Traumes (I)
« Antwort #2 am: Februar 28, 2019, 11:30:30 »
Hi Erich,

Deine Vorschläge sind cool, werde ich drüber nachdenken.
Hab großen Dank für Deine Mühe, wie immer.

Grammatur steht für das Gewicht einer bestimmten Fläche Papier (Ich glaube 1m²*1m²).
Als Künstler kaufst Du gerade für Graphitarbeit kein leichtes Papier - 300er Papier macht da schon mehr Freude, irgendwas drauf zu malen!

Über den Metrikvorschlag, die Metrik noch zu ändern... Fällt mir schwer, da der Sprung gewollt gesetzt ist.
Das man heftig stolpert weiß ich :)
Verstehe Dein Argument aber sehr gut und werde es vielleicht sogar ändern! Aber mit anderen Worten dann. :)

Viele liebe Grüße nach Österreich!

vlg

EV

Sufnus

Re: Groteske Szenen eines Traumes (I)
« Antwort #3 am: Februar 28, 2019, 12:04:18 »
Hi lieber EV!
Ein schönes Gedicht! Ich mag Deine expressionistisch-surrealen Verse sehr - ich glaube, das ist eine Poetik, die Dir sehr liegt und die zu schönen Werken führt! :)
Ich empfinde der ersten Teil als ausgearbeiteter als den zweiten Teil, in dem ich mich wie eKy am "spieln" störe, diese Verkürzung erscheint mir sehr unschön, und auch ein bisschen über den Humus stolpere (kann man über Humus stolpern?), der für mich in der Genitivmetapher "Humus der Gedanken" ein wenig banal klingt. Auch mit den Pelikanen hadere ich etwas... sicher ist das ein in der Lyrik etwas unterrepräsentierter Vogel (im Vergleich zu Nachtigall, Sperlingen, Eulen, Adlern und was weiß ich), aber in diesem Gedicht ist er etwas unvermittelt gelandet und scheint sich nicht besonders wohl zu fühlen (mein Eindruck)...
Bin jetzt etwas in Eile, versuche mich aber späterhin an konstruktiven Vorschlägen... :)
Liebe Grüße!
S.

Sufnus

Re: Groteske Szenen eines Traumes (I)
« Antwort #4 am: Februar 28, 2019, 17:57:36 »
Hier mal ein paar Experimente mit Deinen Zeilen, EV. :)

I- Ein älterer Herr aus geronnener Wahrscheinlichkeit

Die Menschen schliefen. Es war Zeit zum Träumen.
Durchs Dunkel brach ein Licht aus tausend Jahren.*
Die Liebe kühlte ab wie blauer Stahl.
Die Mondfrau tropfte durch die Jalousien.**
Die Nacht war wie verbrannte Wälder kahl.***

(Das Pflaster auf dem Weg schien Lichtaffin.****
Im Traume wollte ich nach Schweden fahren
und bernsteinfarben flossen mir die Tränen,
als wären sie die Stimmen meiner Stille
und in der Nacht die kristallinen Strähnen.)

-------------
*Der Wechsel von der Schlafzeit in Z1 zum Licht "hinter Wolken" in Z2, das für mich eher an die Sonne gemahnt, kam mir nicht ganz passend vor. Natürlich könnte hier auch der später auftauchende Mond gemeint sein, der durch Nachtwolken scheint - aber für mich fühlten sich die Wolken hier falsch an.
**Mondlicht kommt mir etwas zu konventionell vor.
***Auch hier würde ich das Bild gerne etwas verschärft sehen - kahle Bäume, könnte Winter bedeuten. Ließe sich das nicht noch ins Düsterere (seltsamer Komparativ) steigern?
****Konnte dem Spiel mit einem weiteren Doppelreim nicht widerstehen...

Bei Teil II fehlt mir noch etwas der Zugang... vielleicht tue ich mir leichter, wenn Du dazu noch etwas schreibst. :)

Eisenvorhang

  • Gast
Re: Groteske Szenen eines Traumes (I)
« Antwort #5 am: M?RZ 02, 2019, 21:14:33 »
Hey Suf,

ich musste meine Denkzellen enorm bemühen, um Dir eine adäquate Antwort zu liefern.

Danke erstmal für Deinen Kommentar.

Es sind groteske Szenen eines Traums.

Es ist was es ist. Hier wird auch nix verändert.
Übrigens, habe den Bergsteiger überarbeitet. Etwas.

Danke!