Autor Thema: Der falsche Weg  (Gelesen 1006 mal)

Jonny

Der falsche Weg
« am: Juni 11, 2016, 15:39:47 »
Ein Mann betrat den falschen Weg, weil er den Richtigen nie fand,
das Schicksal wartete auch schon und nahm ihn lächelnd an die Hand.
So gingen beide Arm in Arm - der Morgen war unendlich weit,
doch als der Mond die Nacht verließ, da waren sie nicht mehr zu zweit.

Und so beschleunigt er den Schritt, der in die falsche Richtung führt,
allein die Träume laufen mit, sein Glück hat ihn ganz kurz berührt;
beinah wie zarte Elfenschleier unter blassem Mondenschein.
Danach der Abgrund: Sturz ins Leere. Wer fällt, bleibt mit sich meist allein.

Am Boden ruhen viele Träume, die einmal hoch geflogen sind,
und zwischen all den leeren Flaschen, weht ein rauer, kalter Wind.
Ganz unten ist kein Himmel, noch weniger ein Auferstehen.
Mich schmerzen niemals ein paar Münzen, vielmehr daran vorbeizugehen...
« Letzte Änderung: Juni 11, 2016, 23:05:55 von Jonny »

Agneta

  • Gast
Re: Der falsche Weg
« Antwort #1 am: Juni 11, 2016, 20:42:21 »
ja, man sollte sich hüten zu richten...man weiß nie, wie ein Mensch so abrutschen kann. ich denke, dass kann eigentlich jedem passieren.
Berührende und mahnende Worte, Jonny.
LG von Agneta

Erich Kykal

Re: Der falsche Weg
« Antwort #2 am: Juni 11, 2016, 20:54:18 »
Hi Jonny!

Gedichte mit 8 Hebern pro Zeile sieht man selten, da sind manche wohl rhythmisch schon leicht überfordert ...

Du erzählst die Geschichte eines gescheiterten Lebens. Dabei fällt angenehm auf, dass du nicht theatralisch ein "Opfer der Umstände" beschwörst, sondern die Schuldfrage ausklammerst, schicht beschreibend bleibst. Oft gehört auch nicht viel zum "ersten Schritt in die falsche Richtung", der Rest ergibt sich wie von allein ...
Viele sind vom Leben überfordert, und manche haben eben nicht das Glück, rechtzeitig aufgefangen zu werden!

S1Z4 - Hebungsprall "verließ, waren". Durch Umstellung zu lösen: "doch waren, als der Mond die Nacht verließ, sie nicht mehr nur zu zweit.".

S2Z2 - Betonter Auftakt (das "nur" will betont sein, die andere Version klingt unnatürlich). Lösung: "allein die Träume ...".

S2Z3 - Betonter Auftakt. Senkungsprall "...Elfe, im milchig...". Alternative: "beinah wie zarte Elfenschleier unter blassem Mondenschein."

S2Z4 - Problematisch das "Dann" zu Beginn, das will man betont lesen. Lösung: "Danach der Abgrund:..."

S3Z1 - Komma am Zeilenende, trotz des "und" danach in der Folgezeile.

S3Z2 - Senkungsprall "Flaschen, da weht ...". Einfach "Komma und "da" streichen, es geht sich trotzdem aus und liest sich rhythmisch flüssig. "Und zwischen all den leeren Flaschen weht ein rauer, kalter Wind."

S3Z3 - Senkungsprall "...Himmel, noch weniger...". Lösung: "Ganz unten ist kein Himmel und noch weniger ein Auferstehen." Die Verkürzung des Reimwortes würde ich vermeiden, zumal du es eine Zeile darunter ausschreibst.

S3Z4 - Altern., einfach so: "Mich schmerzen niemals ein paar Münzen, vielmehr: daran vorbeizugehen ..." Es vermiede zumindest die unlyrisch wirkende Verkürzung "dran".


Gern gelesen und beklugfummelt! :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Jonny

Re: Der falsche Weg
« Antwort #3 am: Juni 11, 2016, 22:45:09 »
Du sagst es, Agneta, da gibt es viele Beispiele vom ungebremsten freien Fall...
Danke für deine Gedanken dazu!

Liebe Grüße
Jonny

Lieber Erich!

Ja, leider gibt es viele, die durch die Netze fallen...
Ich danke dir für deine guten Vorschläge - sind alle übernommen,
nur bei S1Z4 hab ich etwas rumgewerkelt. Hoffe so geht es.

Liebe Grüße in deinen Abend
Jonny
« Letzte Änderung: Juni 11, 2016, 22:48:29 von Jonny »

Erich Kykal

Re: Der falsche Weg
« Antwort #4 am: Juni 11, 2016, 22:57:55 »
Hi Jonny!

Ja, geht, aber wenn ich ehrlich sein darf: die von mir vorgeschlagene Variante empfinde ich als sprachlich flüssiger und eleganter.

Aber es ist dein Gedicht und somit deine Entscheidung. :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re: Der falsche Weg
« Antwort #5 am: Juni 12, 2016, 10:33:09 »
Lieber Jonny -

was darf ich dann überhaupt noch schreiben zu diesem u gewöhnlich schönen  Langversegedicht?

das Schicksal wartete auch schon und nahm ihn lächelnd an die Hand.


Das Schicksal wartete bereits ...

kommt meinem Melodieempfinden näher.


Lieben Gruß
von
Cyparis

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