Hi Suf!
Vielen Dank für diese Zurechtrückung der Perspektive - wie immer bist du die Stimme des Ausgleichs und der Vernunft!
Zu meiner Verteidigung mag gesagt sein, dass mir metrische Unebenheiten per se tatsächlich "Pein" bereiten, wie du sagst, und es mich wundert, dass andere derlei in Kauf nehmen, sich allerdings mit oft abstrusen oder eindeutig vorgeschobenen Argumenten gegen jeden Versuch spreizen, sie auf ein höheres lyrisches Level zu heben, sprich sie für ihre - oft eindeutig ungewollten - rhythmischen Lapsi zu sensibilisieren.
Diese Pein ist derart ausgeprägt, dass ich oft nicht anders kann, als eine metrisch korrigierte Version anzubieten, obwohl das durchaus "Arbeit" ist und ich längst nicht mehr damit rechne, dass sie beachtet oder wertgeschätzt wird - es ist einfach zwanghaft, weil ich FÜR MICH diese unerträgliche metrische Unwucht begradigt sehen muss, damit ich mich einigermaßen innerlich wieder ausgeglichen von dem Werk abwenden kann! Es ist wie ein Jucken, das ich einfach kratzen MUSS!
Sonst kann es passieren, dass die "schräge lyrische Melodie" mir noch Stunden später den Tag versaut, wie psychisches Zahnweh ...
Umso schmerzlicher erlebe ich dies, als ich selbst am Beginn meiner Forenzeit jahrelang so ein uneinsichtiger Beharrer war, der sich einbildete, schon alles Nötige zu wissen und aus dieser Warte der Selbstgefälligkeit heraus jede Menge lyrische Schnitzer einbrachte, die mir Jahre später derart peinlich waren, dass ich mein ersten Buch einstampfen ließ und komplett überarbeitet neu auflegte. Das kostete mich über 6000 Euro extra - nur dafür, dass ich nicht mehr mit diesen Fehlern auf bedrucktem Papier leben konnte und wollte!
Wie umso noch peinvoller für mich, wenn jemand, der es nach so vielen Jahren der Praxis - wie Hans zB - eigentlich schon beherrschen müsste, sich nach wie vor stur weigert, sich wenigstens ab und zu einer sauberen metrischen Ordnung zu befleißigen! Seine Rechtfetigungen dafür nehme ich ihm nicht so recht ab - ich halte mittlerweile für möglich, dass er nur zu vertuschen versuchen könnte, dass ihm einfach die Musikalität und das rechte Ohr für Takt fehlen, und er es einfach nicht besser kann, anstatt es nicht besser können zu wollen.
In diesem Fall ist mir seine strikte Weigerung, sich metrisch um Verbesserung zu bemühen, umso unverständlicher.
Dein Argument, er bevorzuge eben diesen Stil "brute", wäre mir verständlich, wenn er zeigen würde, dass dies nur EIN Mittel unter anderen für ihn ist - aber er schreibt praktisch ausschließlich metrisch unrund, und das führt eben irgendwann, nach zig vergeblichen und fadenscheinig abgeschmetterten freundlichen Versuchen, ihn weiterzubilden, zur Vermutung, dass er lernunwillig - oder schlicht zu faul - ist und seine Unfähigkeit zu korrekter Metrik lieber hinter Argumenten für einen "moderneren lyrischen Ansatz" verbirgt - oder, wie hier oben, aggressiv reagiert, um den Kritikus ins Unrecht zu setzen oder den so empfundenen "Angriff auf seine lyrische Würde" mit einer Gegenattacke zu beantworten.
Dass er diese Würde mit seinen rhythmischen Unebenheiten, die so sehr nach "ungewollt" aussehen, selbst ständig für metrisch Sensible torpediert, scheint ihm nicht aufzugehen.
Was also soll ich glauben? Dass er es eigentlich könnte, aber sich im Grunde niemals dessen bedient, weil er eben lieber unrund schreibt? Oder dass er es schlicht nicht beherrscht und sich lieber in das Argument eines "gewollten Verzichts" rettet, anstatt das oft gemachte und gut gemeinte Angebot zur Weiterbildung anzunehmen?
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Vielleicht machen die obigen Zeilen meinen aufgestauten Grimm verständlich, vielleicht beweisen sie auch nur für andere meine Hybris und eigene Selbstgefälligkeit, sowie die Begrenztheit auch meines Verstandes. Wie auch immer, ich fühle eben so und kann zuweilen nicht aus meiner Haut.
Wenn Hans sich für mich lyrisch rehabilitieren will, soll er wengistens ab und zu ein metrisch korrektes Werk abliefern, nur um - auch allen anderen - zu zeigen, dass er auch dies beherrscht uns ansonsten bewusst auf saubere Ordnung verzichtet, weil ihm dies tatsächlich als lyrisch wertiger für das erscheint, was er mit seinen Geichten aussagen möchte.
Natürlich kann er - und durchaus zurecht - argumentieren, dass er es nicht nötig habe, sich irgendjemanden zu beweisen, schon gar nicht einem - aus seiner Sicht - arroganten Besserwisser, und dass ich mich nicht wie der "beleidigte Lehrer" aufführen soll, vor allem, wenn der unfreiwillige "Schüler" nie um eine Lektion gebeten hat!
Du siehst, lieber Suf, ich kann durchaus die Perspektive wechseln ... - wenn da nicht dieses unselige "Zahnweh" wäre ...
LG, eKy
PS: Hans, auf deinen Kommi bin ich bewusst nicht näher eingegangen, um die Lage nicht weiter eskalieren zu lassen. Es tut mir leid, wenn meine süffisante erste Antwort oben einen empfindlichen Nerv berührt hat. Für diesen Mangel an Sensibilität bei der Formulierung meiner Kritik entschuldige ich mich.
Für alles andere entschuldige ich mich, wenn du beweisen kannst - oder willst, dass du tatsächlich fehlerfrei metrisch dichten kannst.