Autor Thema: Ein Tag im November  (Gelesen 2140 mal)

Daisy

Ein Tag im November
« am: Oktober 19, 2013, 14:07:06 »
Ein Hauch Vergänglichkeit zieht durch Alleen,
löst welke Blätter lautlos von den Zweigen;
Novembernebel wallen dicht und steigen
gespensterhaft aus Wipfeln und verwehen.

Die bleiche Welt hüllt sich in graues Schweigen,
nur auf den Feldern lärmt ein Schwarm von Krähen
um Vogelscheuchen, die vereinsamt stehen
und müde ihre hohlen Köpfe neigen.

Doch während lautlos welke Blätter fallen,
durchdringt ein Sonnenstrahl das Nebelwallen,
verwandelt stumpfes Grau in klares Blau,

beginnt die Welt mit Farben zu bemalen
und auf den Tag legt sich ein warmes Strahlen,
so wie das Lächeln einer schönen Frau.
« Letzte Änderung: November 06, 2013, 15:00:42 von Daisy »

gummibaum

Re:Ein Tag im November
« Antwort #1 am: Oktober 19, 2013, 16:53:26 »
Liebe Daisy,

die Quartette richtig stark und der Ausklang im letzten Terzett ebenfalls. Einprägsame Bilder! Der Wandel von Grau nach Blau, der ja Überraschung bringen soll, für mein Empfinden etwas lahm, da die Verben (verwandeln, beginnen, bemalen) wenig zupackend wirken. Sehr gern gelesen.

LG gummibaum

Erich Kykal

Re:Ein Tag im November
« Antwort #2 am: Oktober 19, 2013, 21:09:00 »
Hi, Daisy!

Wunderbar - vor allem die letzte Terzine könnte so ganz von Rilke sein!

Die Vogelscheuchen sind eher einem historischen Bilde entnommen, oder sind die bei euch in der Gegend noch in Mode? :D

Sehr gern gelesen und genossen! Autumn at its best!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re:Ein Tag im November
« Antwort #3 am: Oktober 19, 2013, 21:10:36 »
Liebe Daisy -

ich weiß nicht, ob dies für Dich ein wirkliches Kompliment sein wird:
Das Gedicht könnte von Rilke sein.
Und trägt dennoch unverwechselbar Deine Handschrift!

Dem gestrengen Gummibaum kann ich hier nicht beipflichten;
Dir, der Meisterin, gebührt ein Kranz!


Ganz lieben Abendgruß
von
Cyparis


Mein Kommentar hat sich mit Erichs Beitrag überschnitten.
Also lag ich nicht falsch! :)
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

gummibaum

Re:Ein Tag im November
« Antwort #4 am: Oktober 19, 2013, 22:34:48 »
Hallo Daisy,

ich habe es noch ein paar Male gelesen und muss mich korrigieren, denn ich nehme den Wandel jetzt dynamischer wahr.  Der Paarreim im ersten Terzett verklammert Weile und Wandel, stumpf wird zu klar und einfarbig geht in mehrfarbig über. Die Verben stehen dam nicht im Wege. Rundum sehr gut.

LG gummibaum

galapapa

Re:Ein Tag im November
« Antwort #5 am: Oktober 20, 2013, 08:51:35 »
Liebe Daisy,
dieses wunderschöne Gedicht drückt sehr klar aus, was für ein großes Potential in Dir steckt.
Das ist echt ein Glanzstück! So oft ich es lese habe ich den Wunsch nach mehr.
Ich ziehe meinen Hut.
Liebe Grüße! :)
Galapapa

Daisy

Re:Ein Tag im November
« Antwort #6 am: Oktober 20, 2013, 15:26:49 »
Hallo, ihr Lieben,
ihr verschönert mir diesen herrlichen Sonntag mit euren lobenden Beiträgen!

Lieber Gummibaum,
dir danke ich für deine beiden Meinungen zu meinem Gedicht!  :)
Dein erster, spontaner Eindruck und Einwand ist sicher berechtigt,
aber es ist schließlich gar nicht so einfach in Sachen Sonett alles unter einen Hut zu bekommen.

Lieber Erich,
solch ein anerkennendes Lob von dir ist immer eine Auszeichnung und der Vergleich ehrt mich ganz besonders,
auch wenn mir natürlich bewusst ist, dass ich in einer ganz anderen Liga spiele!  :D
Vogelscheuchen kommen tatsächlich in kleinen Bereichen wieder in Mode und ich erinnere mich sehr gut daran,
dass wir bei unserer Wanderung im Mühlviertel auch an einem ganz wunderbaren Exemplar dieser Gattung vorbei kamen!

Liebe Cyparis,
wenn es von dir als Kompliment gemeint und gedacht ist, dann nehme ich das doch sehr gerne an!
Dass du in dem Gedicht dennoch meine Handschrift erkennst freut mich ganz besonders.  :-*
Sehr herzlichen Dank für dein Lob!

Lieber Galapapa,
es mag sein, dass Potential in mir steckt, doch leider fehlt es mir oft an der nötigen Zeit um mehr daraus zu machen.
Um so mehr freue ich mich, wenn mir ein Gedicht wie dieses gelingt und ich auch von dir mit einem so großartigen Lob bedacht werde!
Ein dickes Dankeschön für den gezogenen Hut!  :)

Euch allen ganz liebe Grüße
Daisy

Sokrafisch

Re:Ein Tag im November
« Antwort #7 am: Oktober 24, 2013, 13:24:31 »
Ich musste, wie Erich und Cyparis, auch an Rilke denken. Bei mir waren die ,,Novembernebel´´ der spezielle Auslöser. Hatte diese schöne alliterative Konstruktion schonmal in seinem Jugendgedicht ,,der Novembertag´´ gelesen.

Dein Gedicht macht mir Freude. Besonders der Hauch Vergänglichkeit, der durch Alleen zieht und die vereinsamten Vogelscheuchen, die ihre hohlen Köpfe neigen sagen mir zu.
Dagegen mag ich die Strophen um die malenden Sonnenstrahlen, so elegant sie auch geschrieben sind, nicht so sehr. Sie erscheinen mir ein wenig abgenutzt (auch der Vergleich mit dem Lächeln einer Frau).
Nichtsdestotrotz - super!



schöne Grüße,
SF





« Letzte Änderung: Oktober 24, 2013, 18:40:38 von Sokrafisch »

Daisy

Re:Ein Tag im November
« Antwort #8 am: Oktober 25, 2013, 19:57:39 »
Hallo Sokrafisch,

besten Dank für deinen anerkennenden Kommentar! Deine Freude an meinem Gedicht ist wiederum mir eine Freude!  :)

Es ist sehr aufschlussreich, wenn du ganz gezielt herausgreifst, was dir mehr und was dir weniger gefällt.
Vielleicht gelingt es mir irgendwann einmal, innerhalb eines Gedichts auf einem möglichst anspruchsvollen Niveau zu bleiben.
Ich will jedenfalls weiterhin daran arbeiten und nicht locker lassen, aber mit Gewalt erzwingen lässt sich halt auch nichts.

Danke nochmal und lieben Gruß
Daisy

Phoenix-GEZ-frei

Re:Ein Tag im November
« Antwort #9 am: Oktober 26, 2013, 14:52:56 »
Hallo liebe Daisy

Es ist schon eine Kunst mit Worten zu weben. So wie du es hier getan und mich als Leser
in deinem Gedicht mit nimmst. Dieser Hauch vom Fallen dieses leicht und wehmütige verwehen,
als würde die Zeit für einen kurzen Moment innehalten. Dann kommt Hoffnung auf und wie ein Versprechen,
selbst dann, wo der kalte und weiße Mantel sich ankündigt, wird er nie mächtiger sein als das Lächeln einer Frau, die ihr Herz öffnet.

Sehr gerne gelesen
und lieben Gruß.

Vom Phönerle.

Daisy

Re:Ein Tag im November
« Antwort #10 am: Oktober 26, 2013, 17:25:57 »
Lieber Phönerle,

ich bedanke mich recht herzlich für deinen liebenswerten Kommentar über den ich mich sehr freue!
Es ist schön, dass dir das Gedicht gefällt und du den Inhalt so gut nachempfinden kannst.

Lieben Gruß und schönes Wochenende
Daisy