Autor Thema: Allegro (sermon sermel)  (Gelesen 206 mal)

Sufnus

Allegro (sermon sermel)
« am: Januar 16, 2023, 13:31:47 »
Allegro (sermon sermel)

Dichter gibt sich reimgewendet,
schuldigung: -gewandt!
Lektor zeigt sich sehr befremdet,
und der Suhrkampband

glänzt ganz ohne Reimornat,
neumodisch auch mit defekter Metrik.
Reimer hat jetzt den Salat,
fortan folgt er der Eklektik

und haut schräges aus dem ärmel
krähend fisch arios
sator sermon sermel
grantig kantig grandios

Aber jetzt … wie geht’s jetzt weiter?
Rolle rückwärts: Spulispul?
Ach, die Kunst war immer breiter
und Artisten sind gescheiter
zwischen Erkenschwick und Suhl.

Publikum kannst ruhig sein.
Denen fällt schon etwas ein.


« Letzte Änderung: Januar 16, 2023, 20:39:24 von Sufnus »

Erich Kykal

Re: Allegro (sermon sermel)
« Antwort #1 am: Januar 17, 2023, 19:48:04 »
Hi Suf!

Dass die moderne Lyrik sowie ihre Vertreter hier auch mal von dir, dem hier nimmermüden Verfechter ihrer Wertigkeit, augenzwinkernd auf die Schippe genommen werden, gefällt mir sehr gut. Die Conclusio allerdings möchte ich zu bezweifeln wagen: Nachdem die Herren 'Modernen Dichter' alle so vollmundig die alte, 'verstaubte' Wortkunst abfällig in den Mülleimer der Literaturgeschichte getreten haben, als sie sich stolzgeschwellt anschickten, die Welt der Poesie mit ihrem verbalen Mittelmaß wie auch mit eher mediokrer Gesamtwirkung zu erstürmen, können sie nun schlecht dahin zurückkehren, nicht mal reumütig, und schon gar nicht mit irgendeiner stolzen Schwellung!

Oder wie hat Cyparis es einmal so trocken auf den Punkt gebracht? - 'Die moderne Lyrik ist die Zuflucht all derer, die es nicht besser können, sich aber auch gern gewichtige Künstler nennen wollen.'
Wir sehen das anders: Ich gebe zu, dass sich ein paar durchaus sprachpotente Talente dazu haben verführen lassen, modern zu schreiben (Was ihr 'Modernes' in meinen Augen allerdings kaum wertiger macht ...), und du siehst diese Variante ohnehin als der gereimten Lyrik zumindest gleichberechtigt zur Seite gestellt, bzw. differenzierst in viele Abstufungen dazwischen.

Wie auch immer - gern gelesen!  ;D >:D

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Sufnus

Re: Allegro (sermon sermel)
« Antwort #2 am: Januar 20, 2023, 13:13:43 »
Hi eKy!
Ich dachte mir, dass Dir das gefällt! :) Ich denke, eine Prise Humor tut vielen bierernsten Vertretern beider Seiten - hie die Avantgardisten, dort die Traditionalisten - ganz gut. :)
Spott kann natürlich auch manchmal eine Waffe sein, aber ohne verletzende Absicht angewendet ist er eben auch ein verbindendes Element. Immerhin, kann man aber ja eine positive Sache festhalten: Wer über der Rezeption eines Gedichtes in gravierende Wallung gerät, sei es, weils ihm zu formbewusst und traditionell ist, sei es, weil artistische Formzertrümmerung am Werk ist, der beweist zumindest, dass ihm die Sprachkunst wichtig ist. Vielleicht irgendwo auch ein verbindendes Element für engagierte Zeitgenossen sowohl der konservativeren, wie auch der progressiveren Richtung. :)
LG!
S.