Autor Thema: Der Quell  (Gelesen 1027 mal)

cyparis

Der Quell
« am: Februar 20, 2010, 10:33:19 »
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Murmelnd leise hast Du mich empfangen.
Eilig war Dein frischer, klarer Lauf.
In kleine Kinderhände rannst du kühl.
Noch heute spür ich dies Verlangen

Quälend süß wie Zeitentrauf'.
Und wie wecktest Du Gefühl!
Emsig quollst Du aus dem Moos,
Ließest mich Natur erkennen,
Labtest mich aus Deinem Schoß.

Drängend sah ich Dich. Und matt.
Ebenmaß war nicht Dein Sang.
Ruhtest tage- wochenlang.

Kamst dann wieder - regensatt -
In den Kreis der Kindertage.
Nie wußte ich mit Namen Dich zu nennen.
Du, die Frische, gabst mir Mut.
Emsig noch im feinen Rieseln
Ruhtest nächtens Du in Kieseln,
Traut wie altes Kinderlied.
Abends schliefst Du in den Schatten,
Gabst den Ufern grüne Matten.
Ewigkeit, von der ich schied.



***

Von eky vervollkommnete Fassung:




Murmelnd leise hast Du mich empfangen.
Eilig war Dein frischer, klarer Lauf,
In Händen eines Kindes gingst du auf!
Noch nach Jahren spür ich dies Verlangen -

Qual der unbewegten, späten Jahre!
Und wie süß erwecktest Du Gefühl!
Emsig quollst Du aus dem dunklen Moos,
Ließest mich Natur zutiefst erkennen,
Labtest mich aus Deinem kühlen Schoß.

Drängend sah ich Dich. Und seltsam matt.
Ebenmaß war freilich nicht Dein Sang.
Ruhtest tage-, manchmal wochenlang.

Kamst dann wieder - endlich regensatt -
In den Kreis der fernen Kindertage.
Niemals wusste ich mit Namen dich zu rufen.
Du, die Frische, gabst mir meinen Mut.
Emsig plätschernd noch im feinen Rieseln
Ruhtest nächtens Du in dunklen Kieseln,
Traut der Seele wie ein Kinderlied.
Abends schliefst Du  in den frühen Schatten,
Gabst den Ufern ihre grünen Matten.
Ewigkeit, von der ich trauernd schied.





03. Mai 2015
__________________
« Letzte Änderung: Mai 03, 2016, 20:52:06 von cyparis »
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
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cyparis

Re: Der Quell
« Antwort #1 am: Mai 03, 2016, 08:55:23 »
Das Akrostichon hieve ich heut noch einmal hoch.
Ich schwelge in erinnerungen.
Der Schönheit treu ergeben
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gummibaum

Re: Der Quell
« Antwort #2 am: Mai 03, 2016, 12:11:16 »
Hallo cyparis,

ich habe mich ans Akrostichon ebenso wenig wie an den Schüttelreim gewagt. Daher ziehe ich schon mal den Hut. Die formalen Vorgaben erfüllen zu müssen, zwingt aber zu inhaltlichen Rücksichten und bremst leicht das Temperament, das man dem Gegenstand, hier dem Quell, sprachlich gern mitgeben würde. Umso erstaunlicher, wie du hier die wechselnde Munterkeit der Quelle modulierst, weil dein weiter Wortschatz und feines Sprachgefühl koinzidieren. Die Bereicherung, die das Leben durch diese Erfahrung der Kindheit erfuhr, wird bestens entfaltet. Lediglich die Betonungswechsel gefallen mir nicht so.

Sehr gern gelesen und genossen!

LG gummibaum


« Letzte Änderung: Mai 03, 2016, 16:27:40 von gummibaum »

cyparis

Re: Der Quell
« Antwort #3 am: Mai 03, 2016, 13:50:58 »
Ja, lieber gummibaum, es sind viele Holperer drin, verzeih!
Und hab Dank fürs Lob, Du treuer Leser.

Die Vorfreude wächst!

Lieben Gruß
von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
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Erich Kykal

Re: Der Quell
« Antwort #4 am: Mai 03, 2016, 19:58:07 »
Hi, Cypi!

Ich wage mal eine korrigierte Version:

Murmelnd leise hast Du mich empfangen.
Eilig war Dein frischer, klarer Lauf,
In Händen eines Kindes gingst du auf!
Noch nach Jahren spür ich dies Verlangen -

Qual der unbewegten, späten Jahre!
Und wie süß erwecktest Du Gefühl!
Emsig quollst Du aus dem dunklen Moos,
Ließest mich Natur zutiefst erkennen,
Labtest mich aus Deinem kühlen Schoß.

Drängend sah ich Dich. Und seltsam matt.
Ebenmaß war freilich nicht Dein Sang.
Ruhtest tage-, manchmal wochenlang.

Kamst dann wieder - endlich regensatt -
In den Kreis der fernen Kindertage.
Niemals wusste ich mit Namen dich zu rufen.
Du, die Frische, gabst mir meinen Mut.
Emsig plätschernd noch im feinen Rieseln
Ruhtest nächtens Du in dunklen Kieseln,
Traut der Seele wie ein Kinderlied.
Abends schliefst Du  in den frühen Schatten,
Gabst den Ufern ihre grünen Matten.
Ewigkeit, von der ich trauernd schied.


Du begannst mit fünfhebigen Zeilen mit betontem Auftakt, wechseltest aber dann hin und her und ab Mitte der 2. Strophe dann gänzlich zu vierhebigen Zeilen.
Ich habe mir erlaubt, diesen Teil mit hoffentlich passenden Füllwörtern anzugleichen, damit alles im Takt bleibt.


Sehr gern gelesen und bearbeitet! :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re: Der Quell
« Antwort #5 am: Mai 03, 2016, 20:54:45 »
Lieber Erich,

inzwischen weiß ich wenigstens, was ein Jambus ist!
Deine Bearbeitung hat das Original weit in den Schatten gestellt, was mich nicht schmerzt.
Ich habe sie sofort unter das Original gestellt.
Auch gummibaum wird sie viel besser gefallen.

Hab Dank für die Mühe, die Du Dir gemacht hast.
Ich schicke Dir einen lieben Abendgruß!

Immer:
Cypi
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte