Autor Thema: Reimerei  (Gelesen 430 mal)

gummibaum

Reimerei
« am: November 21, 2020, 20:28:53 »
Wenn Wolken wild vorüberwehen,
und ich im Tale wandle,
mag es von Zeit zu Zeit geschehen,
dass ich wie Aufwind handle,
 
hinaufsteig, längs des Kamms zu gehen,
um nun im stillen Wandeln
besonnter Wolken dich zu sehen,
dein Antlitz, Schatz, dein Handeln...


angeregt durch Sonja Pistracher
« Letzte Änderung: November 21, 2020, 21:43:55 von gummibaum »

Erich Kykal

Re: Reimerei
« Antwort #1 am: November 21, 2020, 20:57:15 »
Hi Gum!

S1Z1 hat ein "im" zuviel, denke ich.

Sehr schön und stimmungsvoll, gleichwie sprachlich hochlyrisch umgesetzt.

Nur WEN spricht das LyrIch in den letzten beiden Zeilen von S2 an? Wen sieht es und wessen Handeln wirkt so zärtlich? Das Gedicht bietet keinerlei Hinweis. Man könnte raten: Der Wind? Aber wie zärtlich kann der sein, wenn er "Wolken WILD vorüberwehen" lässt, wie S1Z1 besagt?

Ansonsten sehr gern gelesen!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Reimerei
« Antwort #2 am: November 21, 2020, 21:39:56 »
Danke, lieber Erich. Ich hab es geändert. Vielleicht ist so klarer, dass eine (geliebte) Person gemeint ist.

LG g

Erich Kykal

Re: Reimerei
« Antwort #3 am: November 22, 2020, 11:18:01 »
Hi Gum!

Ich hätte eher einen Hinweis im Titel gegeben, als die letzte Zeile zu ändern, aber die Fußnote erklärt es auch.

Interessant, dass in S1 und 2 zweimal dieselben Reimworte auftauchen, wenn auch einmal als Verb, einmal als Nomen: "wandle/handle - Wandeln/Handeln". Der Purist würde gleich die Wortwiederholung monieren, aber ich muss gestehen, es ist mir erst heute, bei der zweiten Lektüre überhaupt aufgefallen. Wenn derlei also so geschickt eingebaut ist, dass es nicht gleich herausschreit, dann stört es mich auch nicht.

Man könnte es sogar als gewollten lyrischen Effekt betrachten, gleichsam, dass die Wandlung vom Verb zum Nomen eine Art Ermündigung, einen Prozess hin zu Klarheit und Ermächtigung, zu innerer Ruhe symbolisieren soll, vom in veräußerlichender Unrast befangenen Tätigkeitwort zum "erwachsenen", in sich ruhenden Hauptwort.

Sehr gern nochmal gelesen!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Sufnus

Re: Reimerei
« Antwort #4 am: November 24, 2020, 12:08:11 »
Hi gum!
Ohja! Ein Gedicht zum mehrmaligen Lesen - dessen Muse mir zwar unbekannt ist, aber das schmälert keineswegs den Genuss! :)
Mich hätte ja die Vorversion interessiert - wo eKy Klarheit vermisst, bin ich meist von eben dem lockenden Bedeutungspluralismus verzaubert. Tatsächlich scheint mir der "Schatz" erst nachträglich eingeführt worden zu sein und ein bisschen eingeschoben wirkt er immer noch, bis in die parenthetische Satzstruktur hinein. Immerhin geht er aber klangliche Korrespondenzen ein und es atzt und itzt in der letzten Zeile, das es eine Pracht ist - nicht ganz leicht zu lesen, aber bei gekonntem Vortrag durchaus für einen anhöhrlichen Effekt gut! :)
Danke für dieses schöne Aufwindstück, lieber gum! :)
S.

gummibaum

Re: Reimerei
« Antwort #5 am: November 24, 2020, 22:21:40 »
Danke, lieber sufnus.

Sehr schöner Kommentar!

Ich glaube, es stand dort "dein liebevolles Handeln".

Liebe Grüße von gummibaum