Autor Thema: Regentage  (Gelesen 621 mal)

Erich Kykal

Regentage
« am: September 02, 2019, 11:39:10 »
Es kühlt heran. Der Regen wäscht die Steine,
mein Schatten löst sich auf im Wolkengrau.
Ich fühle mich genauso ungenau,
bin weder Staub im Wasser noch das reine.

Es kühlt heran. Ein Wind fährt in die Bäume,
und Blätter, die sich niemals sonst berühren,
vermögen sich bewegter nun zu spüren,
begleiten sich in ungewohnte Räume.

Es kühlt heran. Mein Wille steht alleine
am Ende seiner Taten, die ihn rau
und selten machten wie des Himmels Blau
an dunklen Regentagen, und ich weine.

Es kühlt heran. Ich ordne meine Stille,
belausch des Regens und des Windes Rauschen,
als wollte ich mein Sein mit ihnen tauschen,
und niemals wieder mehr sein als ein Wille.
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Regentage
« Antwort #1 am: September 02, 2019, 19:25:49 »
Einmal mehr hast du mit wenigen Reimen viel Atmosphäre geschaffen, lieber  Erich.

Luftbewegung und Abkühlung, Nachlassen des Lichts, Benetzung  und Durchnässung durch den Regen finden Entsprechungen im Erscheinen der Dinge und in den Wandlungen des menschlichen Denkens, Fühlens und Wollens.

Sehr, sehr schön!
LG g   

Erich Kykal

Re: Regentage
« Antwort #2 am: September 02, 2019, 21:15:22 »
Hi Gum!

Genau erkannt, perfekt analysiert und mit wenigen klaren Worten auf den Punkt gebracht!

Hab Dank für das liebgewonnene Lob!  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Sufnus

Re: Regentage
« Antwort #3 am: September 04, 2019, 12:03:04 »
Hi eKy!
Ein wirklich schönes, rundes und bildstarkes Gedicht - von gum bereits wunderbar kommentiert.
Auffallend ist die Verklammerung von 1. und 3. Strophe durch die identischen Reimwörter. Sind das für Dich die beiden wichtigsten Strophen oder weshalb hast Du sie so aufeinander bezogen (es war ja wahrscheinlich kein Zufall, oder)?
Ansonsten nur noch ein Minidruckfehler (denke ich): Z4: das Reine.
Sehr gerne gelesen!
S.

Erich Kykal

Re: Regentage
« Antwort #4 am: September 04, 2019, 14:02:30 »
Hi Suf!

Firsts first: Das "reine" ist als Adjektiv mit Bezug auf "Wasser" davor gedacht. Schriebe ich es groß, man könnte es für das allgemeine konzeptionelle Reine halten, aber das würde sich hier nicht in den ausschließenden Vergleich von Schmutz (im Wasser - also schmutzigem Wasser) und dem reinen Wasser fügen. Das LyrIch beschreibt sich als "weder das eine noch das andere". ein wenig komplex formuliert, aber anders brachte ich es nicht mit nur 5 Hebern unter.

Das mit den gleichen Reimen in S1 und S3 ist leicht erklärt: zuerst sollte es ein Sonett werden, und jene beiden Str. schrieb ich dementsprechend zuerst. Dann merkte ich irgendwie, dass ich mit dem, was sich inhaltlich abzeichnete, mit der Sonettform nicht zurande kommen würde, also disponierte ich um, fügte noch einen Vierzeiler dazwischen und hängte noch einen dran, um dorthin zu kommen, wo ich hin wollte. Weiter ist nichts dabei.

Vielen Dank für den genauen Blick auf fragwürdige Punkte und das vollmundige Lob! (Strahl, glänz, glüh ...  ;D)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Sufnus

Re: Regentage
« Antwort #5 am: September 05, 2019, 11:30:44 »
Hi eKy,
vielen Dank für die Erklärungen! Sehr spannend, wie sich Dein Gedicht im Wechselspiel von Formvorgaben und Inhalt gefunden hat. :)
Und äußerst gerngeschehn des vollen Lobes! :)
VG,
S.