Lieber Erich,
ich finde dein Gedicht geradezu philosophisch genial (überhaupt nach meiner jüngsten "Extratour")
Kann gar nicht verstehn, was du daran auszusetzen hättest.
Es fängt schon hier an:
Der Ort erlebt sich erst durch dein Erleben.
Wie wahr, wie wahr! Das Universum hat nur unsere Augen, um sich selbst zu betrachten!
Wenn man die Evolution als Ganzes betrachtet, könnte man doch glatt auf die Idee kommen, dass dieses Sich-Selbst-Betrachten der "Sinn" der ganze Sache sein könnte. Jedenfalls geht die Entwicklung hin zu immer größerer Differenzierung / Bewusstheit. Vielleicht auch nur, weil es , evolutionstechnisch gesehen, Vorteile brachte - aber welcher Vorteil könnte das dann sein?
Den gibst du in Strophe 3 an:
Nur wer sich fühlt in allem, was er achtet,
wird endlich mit dem Wesentlichen eins,
Oh wie wahr, ich kanns wieder nur bestätigen!
Wie hieß das noch bei Rilke? : "Ich finde dich in allen jenen Dingen, denen ich gut und wie ein Bruder bin."
Er hätte auch "mich" einsetzen können: Ich finde mich in allen diesen Dingen, denen ich gut und wie ein Bruder bin.
Was jemand in einer Situation zu finden meint, hat sehr viel mit ihm selber zu tun.
Das eigene Gehirn ist der Projekor, der den inneren Film nach außen projiziert.
In der wissenschaftlichen Forschung weiß man das bereits: "Das Beobachtete sagt mehr aus über den Beobachter als über das Beobachtete!
Und deine Conclusio erstaunt mich zutiefst, ( weil das so von dir kommt, hätte ich gar nicht gedacht),
aber ich unterschreibe es sofort:
So gib dich hin an dieses Frohverlangen,
das dir die lichtern Wege freundlich weist,
und wenn dein Sinnen wieder freudlos kreist,
umarme in Gedanken deine Schmerzen -
und alle Lieder, die dir tonlos klangen,
sie rauschen auf wie ein Gesang im Herzen!
Besonders diese Zeile hat es mir angetan:
Umarme in Gedanken deine Schmerzen.
So, denke ich, kommt man durch den Schatten - zumindest kapituliert man nicht vor ihm.
Ein starkes Stück Lyrik, lieber Erich,
du solltest es hochhalten, nicht verwerfen!
Liebe Grüße, larin