Autor Thema: Abgesang an einen Sommer  (Gelesen 1290 mal)

Erich Kykal

Abgesang an einen Sommer
« am: August 18, 2013, 12:52:34 »
Ich seh dich, Sommer, ungern weichen,
doch ahn ich schon in Schattengründen
die Kühle sich mit Herbst verbünden,
um dich von dort aus zu erreichen.

Ins Laub geschrieben stehen Zeichen
verraschelnder Novembersünden,
und auch der Felder Stoppel künden
vom Nebel über dunklen Teichen.

Warum, o Sommer, musst du bleichen,
da selbst in deinen reichsten Pfründen,
wo Bäche ineinander münden,
schon Boten kalter Tage schleichen?

Bedenk ich's wohl, es muss geschehen!
Wo Früchte schon um Ernte flehen,
neigst du dich gern dem vollen Jahre.

Es sei, und aus des Winters Wehen
wirst neu geboren du entstehen,
mir kostbar bis ans Wunderbare!
« Letzte Änderung: Juli 01, 2022, 23:49:48 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Daisy

Re:Abgesang an einen Sommer
« Antwort #1 am: August 18, 2013, 17:13:36 »
Hallo Erich,

hast du eine neue Version des Sonetts erfunden?! Das ist ein dolles Ding, alle Achtung!  :)

Der Tenor dieser kunstvollen Verse ist recht dramatisch, da kommt bei mir schon tiefherbstliches Frösteln auf.
Das Gedicht wirkt auf mich so besonders, als hätte dir der große Rilke persönlich diktiert.

Aber bei dir wundere ich mich schön langsam über gar nix mehr!  ;) ;D

Klasse!

LG Daisy

Erich Kykal

Re:Abgesang an einen Sommer
« Antwort #2 am: August 18, 2013, 18:23:51 »
Hi, Dasiy!

Es ist genaugenommen ja kein Sonett, zumindest nicht im klassischen Sinne - nennen wir es eine Sonettvariation: ein 3. Quartett und bloß 4 Heber pro Zeile... Ich wollte nur mal ein wenig mit der Form an sich spielen!

Die 3 Quartette sind leicht erklärt: Ich wollte es ausreizen und fand einfach zu viele Reime! :mrgreen: Zum Weglassen find ich sie alle zu gut. Außerdem wollte ich den Sommer nicht gleich in 2 aufeinanderfolgenden Strophen "direkt" ansprechen.

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re:Abgesang an einen Sommer
« Antwort #3 am: August 19, 2013, 11:33:07 »
Ein Hoch dieser Sonett-Variante!

Lieber Erich,

ich find's nicht von Rilke diktiert, es ist ein originäres Erich-Diktat,
Fesseln sprengend und Häute abstreifend.

Ich trau mich ja gar nicht mehr, selbst noch zur Feder zu greifen.....

Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re:Abgesang an einen Sommer
« Antwort #4 am: August 19, 2013, 15:04:54 »
Hi, Cypi!

Jetzt hör aber auf!  - Von wegen "gar nicht mehr selbst zur Feder zu greifen trauen": Dein Stil ist unverwechselbar und einzigartig - im positiven Sinne! (Und für die kleinen "Unregelmäßigkeiten" ab und zu haste ja mich, oddrr? :D)

Aber ich will es mal als reine Lobesfloskel interpretieren - in diesem Sinne vielen Dank für den Lorbeer! ;) ;D

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re:Abgesang an einen Sommer
« Antwort #5 am: August 19, 2013, 16:26:02 »
Keine Floskel!
Lorbeer vom Strauch.
Der Schönheit treu ergeben
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