Hi Agneta!
Ich hätte mich klarer ausdrücken sollen: Ich schließe von dem Verhalten, das ich bei anderen wahrnehme, ob als direkt Beteiligter oder Nebenstehender, auf das eigene: Bei anderen erkennt man Betriebsblindheit oder soziale Mängel leichter als bei sich selbst, da man immer davon ausgeht, dass man selbst im Grunde alles richtig macht.
Dies meinte ich mit jenem Satz: "Und ich schließe von anderen auch auf mich selbst: "Kann es sein, dass ICH etwas nicht verstanden habe und deshalb solche Reaktionen provoziere?" Ich suche die Schuld und die Verantwortung nicht nur bei den anderen, sondern hinterfrage mich auch selbst.". Inwieweit erkenne ich mich selbst in anderer Handlungs- und Reaktionsschemata? Welche Motivationen stehen dahinter?
Zu deinem Beispiel mit den Freundinnen: Genau da liegt der Hase im Pfeffer: Wie wir auf eine tatsächliche oder eingebildete Kränkung reagieren, ist IMMER unsere eigene Entscheidung. Wer davon ausgehen
will, dass die ganze Welt es auf einen abgesehen hat und alle nur darauf abzielen, einen zu erniedrigen und sich auf seine Kosten zu amüsieren, der wird IMMER scharf zurückschießen.
Der reife Mensch überdenkt, WARUM die ehemalige Mollige, die wohl jahrelang unter den Witzen der Dünnen gelitten hatte, nun selbst nicht die Reife hat, sich diese Seitenhiebe zu verkneifen. Oder versucht sie ironisch zu sein? Versucht sie der ehemals Dünnen klarzumachen, wie es ihr all die Jahre zuvor ergangen war? Oder ist sie einfach nur niederer Gesinnung und gehässig und freut sich diebisch, dass sie nun austeilen kann statt einstecken zu müssen?
Es gibt viele Möglichkeiten und Gründe, die zu überdenken sind - aber die Reaktion darauf sollte immer die gleiche sein: heitere Gelassenheit. Die Spitze erreicht mich einfach nicht, verpufft an meiner Gleichgültigkeit. Ich sehe es so: Die Beleidigung entehrt nur den, der sie ausspricht, und einer, der sich selbst entehrt hat, kann meine Ehre nicht ankratzen.
Und im Zweifelsfall ist eine eloquente Aufklärung über das Fehlverhalten zielführender als die beleidigte Leberwurst zu geben und sich schmollend zurückzuziehen. Da begibt man sich freiwillig in eine Opferrolle - auch wenn man es selbst nicht so sieht, von anderen wird es so wahrgenommen. Oder man gilt als überempfindlich. Bald dreißig Jahre als pädagogisches Frontschwein haben mich das eine oder andere über Verhaltensinterpretation bei mir selbst und anderen gelehrt, und wie man aggressiven Austestern den Wind aus den Segeln nimmt, indem man cool bleibt ...
Klar, gelingt nicht immer - man ist keine Maschine und hat zuweilen empfindlichere Tage, aus welchen Gründen auch immer. Und manchmal will man auch bloß mitmachen und auf die Kacke hauen, um sich abzureagieren!
Man ist nie immer gleich drauf, auch das sollte man bei der Beurteilung anderer und deren Verhalten bedenken: Heute witzelt die ehemalige Mollige unsensibel, und morgen denkt sie vielleicht an das eigene Erlittene, und es tut ihr aufrichtig leid. Allein schon der Biorhythmus hat wesentlichen Anteil daran, wie wir auf etwas reagieren!
Wenn wir immer und sofort mit der Endgültigkeit absoluter Überzeugung reagieren, werden wir
ohne Freunde sterben ...
LG, eKy