Autor Thema: Das Sonett  (Gelesen 2429 mal)

Erich Kykal

Das Sonett
« am: Mai 18, 2014, 11:51:19 »
Wenn zart durch deine Sinne Worte gleiten,
in Düften schwingen, die Berührung tragen,
wenn vierzehn Zeilen tausend Worte sagen,
die Lust und Weh in einem Satz bereiten,

wenn sich vor deinem Geiste Bilder breiten
in schweren Rahmen wie aus alten Tagen,
wenn Kleinigkeiten große Gesten wagen,
die unbewusste Schwellen überschreiten,

wenn Augen sich in neue Farben weiten,
die kaum ein Sterblicher zuvor erkannte,
und eine Seele, die in Zweifeln brannte,

aus unlösbaren Widersprüchlichkeiten
zurück sich findet in das Anverwandte -
Das ist Sonett, die Wiege der Gezeiten!
« Letzte Änderung: Mai 18, 2014, 11:58:25 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Daisy

Re:Das Sonett
« Antwort #1 am: Mai 18, 2014, 16:32:17 »
Hallo Erich,

das ist die reinste Musik und Melodie vom Feinsten!
Noch perfekter geht's schon nimmer. Alles was ein Sonett haben und beinhalten sollte: Seht her, hier ist es!
Lauter weibliche Kadenzen und die Endreime - eh klar - alles nach Maß.

Meine Verbeugung ist so tief, dass ich schon auf dem Kopf stehe!
Hier kann es nur die Bestnote geben!

LG Daisy

Erich Kykal

Re:Das Sonett
« Antwort #2 am: Mai 18, 2014, 17:04:51 »
Hi, Daisy!

Über eine Woche lang hatte ich hiervor gar nichts geschrieben - die Pause hat mir offensichtlich gut getan! ;) :D

Nun die Inspiration (ebenfalls ein Gedicht über das Sonett von Fridolin, allerdings die sprachtechnischen Aspekte beschreibend) - und zack, sofort begann der Strom zu fließen: Dieses Sonett hat kaum eine Viertelstunde gedauert! ;D

Vielen Dank für deine "Bestnote"! Wann stellt du das Zeugnis aus? ;)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Daisy

Re:Das Sonett
« Antwort #3 am: Mai 18, 2014, 17:15:32 »
Hallo Erich,

das Zeugnis bring ich mit, wenn wir uns zum Essen treffen, du weißt schon, das angekündigte Geburtstagsessen!  :)
Musst nur Bescheid sagen welcher Tag für dich passt.

LG Daisy

cyparis

Re:Das Sonett
« Antwort #4 am: Mai 19, 2014, 10:51:27 »
Lieber Erich,


ich habe Daisys Lob kaum etwas hinzuzufügen; nur so viel:

wenn vierzehn Zeilen tausend Worte sagen,
die Lust und Weh in einem Satz bereiten,


war für mich wie ein Schlag ins Sonnengeflecht.


Laß Dir danken
von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Erich Kykal

Re:Das Sonett
« Antwort #5 am: Mai 19, 2014, 18:52:57 »
Hi, Cypi!

Es freut mich, dir eine Freude gemacht haben zu können! :D

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

a.c.larin

Re:Das Sonett
« Antwort #6 am: Mai 23, 2014, 19:57:40 »
lieber erich,
mir gehts genauso wie cyparis:
die zeile mit der zahl hat mich ein wenig "ernüchtert".

wie dem auch sei: dein sonett ist meisterlich -
und das verblüffendste ( für mich) ist das:

es lässt sich wunderbar nachbauen!

da will die schülerin ihrem lehrmeister nicht vorenthalten, was sie ausgebrütet hat:



Ein böses Mädchen spricht

Wenn süß mich deiner Lippen Hauch berührte,
die Brüste beben, wir die Worte sagen,
die wir schon lange tief im Herzen tragen,
weil Frühling uns zu diesem Tun verführte,

wenn wir im Wiesengrunde uns ein Bett bereiten,
in schwelgerischem Drang Verruchtes wagen,
dann gibt es nichts, ja gar nichts zu beklagen,
wenn wir des Anstands Grenze überschreiten.

Wie werden sich der Mutter Augen weiten,
die kaum in mir das Weibchen noch erkannte,
die Leidenschaft, die jäh in mir entbrannte

aus unerfüllter Sehnsucht und Begehrlichkeiten.
Sei’s drum! Ich werde keine trockne, alte Tante!
Ich wiege mich im Rhythmus der Gezeiten!


Das hat richtig Spaß gemacht!   ;D
lg, larin


« Letzte Änderung: Mai 24, 2014, 07:07:04 von a.c.larin »

cyparis

Re:Das Sonett
« Antwort #7 am: Mai 23, 2014, 20:53:39 »
mir gehts genauso wie cyparis:
die zeile mit der zahl hat mich ein wenig "ernüchtert".



Das ist dann ein großes Mißverständnis.
Was ich sagen wollte, war, daß die beiden Verse mitten ins Herz getroffen haben! :)
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

a.c.larin

Re:Das Sonett
« Antwort #8 am: Mai 24, 2014, 07:09:03 »
ah, dann hab ich das aber gründlich missverstanden.
für mich wäre ein schlag ins sonnengeflecht was schmerzhaftes, das aus den träumen risse.

Erich Kykal

Re:Das Sonett
« Antwort #9 am: Mai 24, 2014, 20:05:28 »
Hi, larin, cypi!

Ein Missverständnis - ich wusste auch nicht sicher, wie ich das mit dem Sonnengeflecht deuten sollte, ging aber von etwas positiv Gemeintem aus, da mich die gute Cypi ja zumeist immer über den Klee lobt! ;) :D

Die Zeile mit der Zahl soll aussagen, dass die Sprache des guten Sonetts so schön und vielschichtig sein kann, dass sie mit nur 14 Zeilen mehr als tausend Worte zum Ausdruck bringt, will sagen, dass da viel mehr mitschwingt, als das Bewusste vordergründig registriert. Metaebenen, du weißt schon... ;D

LG, eKy

PS: Larin - du bööööses Mädchen!!! Also wirklich - meinen hochlyrischen Seufzer derart zu "verirdischen"! Schäm dich! ;D ;)
« Letzte Änderung: Mai 25, 2014, 09:47:06 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

cyparis

Re:Das Sonett
« Antwort #10 am: Mai 25, 2014, 00:49:38 »
Eben, eeeben!!!

Wills nicht übertreiben,
aber es gibt Sätze in Theaterstücken, Sätze in Musikstücken und Sätze in Gedichten, da denkst Du:
Ob solcher Schönheit und Wahrheit und Tiefe und was-weiß-nicht wirst Du gleich ohnmächtig.
Na - halt:
Überwältigt.
Ist das so schwer zu begreifen?

Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
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Erich Kykal

Re:Das Sonett
« Antwort #11 am: Mai 25, 2014, 09:50:39 »
Hi, Cypi!

Eigentlich schon, da meine Lyrik aus meiner Sicht eben eher durchschnittlich wirkt. Vielleicht schaut man auf das eigene Schaffen kritischer als andere, oder man nimmt es überhaupt anders wahr, jedenfalls würde ich mich selbst bei bester Eigenlobstimmung nicht dazu versteigen, mich in irgendeinem Lyrikhimmel zu sehen... :-\
Aber natürlich gönne ich dir deine Meinung, nicht zuletzt, weil sie für mich natürlich sehr schmeichelhaft ist! ;)

LG, eKy
« Letzte Änderung: Juli 28, 2015, 22:50:25 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

a.c.larin

Re:Das Sonett
« Antwort #12 am: Mai 25, 2014, 10:15:05 »
hi cypi,
nö , so schwer zu begreifen ist das nicht, dass gute kunst sprachlos machen kann. das ist so gar sehr gut nachvollziehbar für mich.
der ausdruck "schlag ins sonenngeflecht" löste nur eine andere assoziation bei mir aus, sonst nichts.


lieber erich,

wie du sicher weißt, sind LyrIch und autor nicht immer authentisch - ich wollte gewiss nicht dein sonett "verirdischen".
es ist nur so:
deine gedichte haben immer wieder mal eine anregende wirkung auf mich.
und ihr bauplan ist dermaßen genial, dass man ihn wirlich nacharbeiten kann wie ein kochrezept.
könnte glatt in einem literaturlehrbuch stehen : how to make  a waschechtes sonett!


also eigentlich darfst du es auch als kompliment auffassen.
zumindest ist dadurch die reimmaschine wieder angesprungen bei mir!   :D

selbstverständlich darf man sowas rotzfreches nicht unwidersprochen stehen lassen in deinem faden,
daher erlaube ich mir, auch noch die antwort der mutter dieser göre nachzutragen. ( nur damit ihr, liebe kinder, nicht glaubt, dass ihr euch alles erlauben dürft!)

So ned!

Wenn ich dich damals nicht geboren hätte!
Nie müsste ich mich heute mit dir plagen!
Du freche Göre- mir platzt gleich der Kragen,
sechs Wochen Hausarrest für dich! Ich wette,

die Qual, die du mir zufügst, wird verlängert:
Ihr jungen Leute habt doch nichts im Schädel!
Der Bursche nicht, noch weniger das Mädel,
und schon ist sie vernascht – und dann geschwängert!

Wie werde ich dich also Mores lehren,
dass ich dir weitere Beschädigung erspare?
Ob ich vielleicht mit dir ins Ausland fahre?

Dem Anfang allen Übels muss man wehren.
Mir wachsen über Nacht noch graue Haare.
Den Vater und die Mutter sollst du ehren!




« Letzte Änderung: Mai 25, 2014, 11:59:52 von a.c.larin »

Erich Kykal

Re:Das Sonett
« Antwort #13 am: Mai 25, 2014, 11:39:56 »
Hi, Larin!

 ;D Köstlich! Allein schon der Titel - allerfeinst! :D

Ich war mitnichten gekränkt oder erbost ob deiner "Umdichtung" - die von mir danach gesetzten Smilieys sollten dies verdeutlichen. Es war dieses Postskriptum nur als ironisches Augenzwinkern gedacht - was dir aber sicherlich nicht entgangen sein kann!!! ODDR??? :o

Ein paar Details zu deiner sehr unterhaltsamen Drittversion:

So ned!

Wenn ich dich damals nicht geboren hätte!
Nie müsste ich mich heute mit dir plagen!
Du freche Göre- mir platzt gleich der Kragen,
sechs Wochen Hausarrest für dich! Sofort! Ich wette, Sonette sind durchgehend 5-hebig. Hier sind es aber sechs. Korrektur: Das "Sofort!" bitte streichen!

die Qual, die du mir zufügst, wird verlängert:
Ihr jungen Leute habt doch nichts im Schädel!
Der Bursche nicht, noch weniger das Mädel,
und eins, zwei, drei ist sie vernascht – und dann geschwängert! Auch hier zu lang. Korrektur: "und schon ist sie vernascht - und dann geschwängert!"

Wie werde ich dich also Mores lehren,
dass ich dir weitere Beschädigung erspare?
Ob ich vielleicht mit dir ins Ausland fahre?

Dem Anfang allen Übels muss man wehren.
Mir wachsen über Nacht noch graue Haare.
Den Vater und die Mutter sollst du ehren!


Vielen Dank für die Ehre dieser zwiefachen "Inspiration" durch mein Textlein! (Über den Aufbau meiner Sonette mache ich mir übrigens nie Gedanken. Ich schreibe sie einfach - genial oder nicht! ;) :D Diese Einteilung in These-Antithese-Synthese habe ich nie so recht kapiert, empfinde sie bestenfalls als unlautere strukturelle wie inhaltliche Einschränkung, die diese wundervolle Gedichtform vieler lyrischer Möglichkeiten völlig unnachvollziehbar beraubt!!! Dementsprechend sind meine Sonette rein zufällig "richtig" gestaltet, wenn sie es denn mal sind... 8))

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

a.c.larin

Re:Das Sonett
« Antwort #14 am: Mai 25, 2014, 12:03:56 »
alles ausgebessert, herr lehrer!   ;)

klar hab ich die zwinkerer gesehen.
wie auch immer du dein sonett produziert hast - es wirkte inspirierend auf mich.

und, wie gesagt: jetzt scheint die reimmaschine sich grade mal wieder warm zu laufen.
 :)

danke dafür.
lg, larin