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Themen - gummibaum

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Wo Enzian und Freiheit ist / Das erste Semester
« am: April 13, 2023, 14:56:43 »
Der Blick aus seinem kleinen Fenster
zeigt ihm die gutgelaunte Stadt.
Im Wohnheimzimmer sind Gespenster
und setzen seinen Willen matt.

Er wird mit jedem Lachen trüber,
dass aus den nahen Gärten schallt.
Es streift ihm hämisch Fesseln über
und macht die Jugend in ihm alt.

Die Formeln aus den Skripten streifen
in Totenhemden durch sein Hirn.
Zu knöchern, um sie zu begreifen,
er friert mit fieberheißer Stirn.

Er hockt im Licht der warmen Strahlen
der Sonne, die schon flacher steht.
Das Zimmer eng, die Brust von Qualen
gesättigt und ein Herz, das fleht.

Er steigt erwartend Treppen nieder.
Der Kasten ist noch immer leer.
Er wankt hinauf und schreibt ihr wieder
und schöpft aus seinem Tränenmeer.

Erklärt ihr vag, er möchte sterben.
Zerreißt dann mutlos seinen Brief.
Sein Herz ist angefüllt mit Scherben,
doch keine schneidet tödlich tief.

So geht es viele lange Tage,
dann kommt ihr Brief mit kurzem Satz.
Er liest ihn fast wie eine Sage:
„Zieh um zu mir -  hier ist dein Platz …“


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Verbrannte Erde / Versunkener Sinn
« am: April 09, 2023, 02:47:35 »
Wie altes, morsches Holz sind meine Tage.
Sie treiben auf dem Meer der Zeit dahin.
Dereinst versunken ist darin ihr Sinn.
Er flüstert nur vom tiefen Grunde vage.

Im Traum ist mir, als ob mein Geist ihn fände,
wenn groß ein Mond das Meer beiseite zieht,
und etwas Unbegreifliches geschieht,   
wenn sich der Sinn die Tage nur verbände ...

63
Das Blöken der Lämmer / Lyrikwiese
« am: M?RZ 27, 2023, 22:51:20 »
Dem Himmel nah die Lyrikwiese.
Einst grasten Blümchendichter dort
und düngten sie. Doch nun ist diese
ein nahezu verwaister Ort.

Nur selten noch verirrt sich einer
in diese Bergwelt und bereut,
dass neben ihm im Gras schon keiner
mehr äpfelt oder widerkäut.

Er wird sich einsam wiehern, muhen,
vom Echo nur gehöhnt, verlacht,   
und erst beim Riss des Stimmbands ruhen,
weil ihn die Kunst zum Irren macht…   


alternativ:

Dem Himmel nah liegt eine bunte Wiese
mit Gräsern und mit Blumen reich bedeckt,
so duftend, dass sie alle Sinne weckt
und in den Dichtern Wörterparadiese.

Man wandelt froh durch Rispen, Ähren, Garben
und beugt sich über Kugel, Körbchen, Kelch,
die Seele schwillt und ach, sie fühlt gleich, welch
ein Balsam Düfte sind für ihre Narben.

Der Löwenzahn, die Distel und das Veilchen
erquickt voll Rührung diese Reaktion,
wie Musen nähren sie das Herz ein Weilchen,

dann quillt aus Dichtern Liebeslyrik schon,
und nennt die Sammlung schlichter Pflanzenteilchen
die Königin der Nacht mit süßem Ton …


(Es handelt sich nicht um dieses Forum "Lyrik-Wiese", sondern um ein Spiel mit dem Begriff)

64
Im Gras wispert Hoffnung / Naives
« am: M?RZ 26, 2023, 12:19:58 »
Naives, Unbedarftes und Verspieltes
zerstäubt so leicht den Druck der trüben Zeit,
was sie herbeizieht wie ein Angezieltes,
ist jede Form von Oberflächlichkeit.

Mir blüht bei allem Tand an Leergedanken,
der täglich über meine Nerven schwappt,
von Sprüchen, die wie Unkraut um sie ranken,
die Wut allein, die diese Fesseln kappt.

Wie schön, sich für das Lachen eines Kindes,
sein erstes Wort, das Sinn wägt, aufzutun,
im ernsten wie im frohen Spiel des Windes
der Seele eines Neulings auszuruhn…

65
Wo Enzian und Freiheit ist / Randbemerkung
« am: M?RZ 25, 2023, 22:59:06 »
Wie schade war für Kunst und ihre Gaben,
dass Dichter, die das Höchste angestrebt,
zu selten in der gleichen Zeit gelebt,
sich angeregt und noch gesteigert haben.

Doch heute sind dank Nicks in Dichterforen,
die Sappho, Droste, Rinser neu aktiv, 
auch Dante oder Shakespeare, der lang schlief,
als Zeitgenossen noch einmal geboren.

Doch statt sich gegenseitig zu beflügeln,
trägt jeder Namensräuber dazu bei,
die Formen, die veredeln, plattzubügeln

und glaubt, sein Sprachbrei sei der letzte Schrei.
Ich kann mich, schlucke ich ihn, gar nicht zügeln
zu denken, mit der Kunst ist es vorbei …

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Das Blöken der Lämmer / Angst vor Entehrung
« am: M?RZ 25, 2023, 14:39:44 »
Unterm Haus begann ein Beben,
doch es schien nur kurz zu dauern.
Furcht ließ mich am Boden kauern.
Wollte ich es überleben?

Klar stand mir ins Herz geschrieben,
dass ich nicht solide baute,
mehr auf die Profite schaute.
Mein Gewissen war durchtrieben. 

Ein paar Mauern zeigten Risse,
doch sie schienen noch zu halten,
nur ein Fenster war gespalten,
und vom Klo roch es nach Pisse.

Wenn die Mieter plötzlich wüssten,   
was der Herr im Penthaus machte,
wie ich über alle dachte,
die mich ehrerbietig grüßten.

Darauf zitterten die Wände,   
und das Haus ging in die Knie.
Fallend schien mir, dass ich schrie,
wohl, aus Angst, dass man mich fände.

Doch ich liege unter Trümmern,
und so tief wird niemand graben.
Es wird keinen weiter kümmern,
mich nicht angespuckt zu haben…

67
Zwischen Rosen und Romantik / Das alte Paar
« am: M?RZ 22, 2023, 13:54:47 »
Das alte Paar ist voller Runzeln,
vom Zank ganz krumm nach all den Jahren.
Heut sah ich sie vorüberfahren
im Cabrio und seltsam schmunzeln.

Ich hatte sie so nie gesehen,
ihr Auto schien mir auch geliehen.
Ich hab gleich hinterher geschrien:
„Nanu, was ist mit euch geschehen?“

Da riefen sie, es klang schon leise,
weil sie um eine Ecke bogen:
„Wir haben uns bis jetzt erzogen
und machen endlich Hochzeitsreise.“

Ich stand ganz wie vom Blitz getroffen
und weinte eine stille Träne:
Hier hobelten sich lange Späne,
zwei, die sich fanden: liebesoffen….


68
Wo Enzian und Freiheit ist / Reimerei
« am: M?RZ 22, 2023, 12:17:06 »
Ich lieg im Bett und träume
und sehe große Bäume
und tief im Waldesschatten
ein Reh auf grünen Matten.

Das Moos legt weiche Filze
um schlanke rote Pilze
und Blättertropfen funkeln
wie Lämpchen aus dem Dunkeln.

Ich wandre enge Wege
und nassgespritzte Stege,
und folg dem Lied der Meise
in eine Sonnenschneise.

Hier lege ich mich nieder
und strecke froh die Glieder
und trink den Duft der Kräuter
wie warme Milch am Euter.

Wie gut, sich so zu tummeln
beim Anblick fetter Hummeln
und hübscher Maienglöckchen
mit kurzen, weißen Röckchen.

Noch schau ich Schmetterlinge,
dann Baumstumpfjahresringe
und mich im Los des Baumes
am Ende seines Traumes…   

69
Das Blöken der Lämmer / Neuorientierung
« am: M?RZ 12, 2023, 19:36:08 »
Seit ich mit dem Enkel spiele,
der seit kurzem laufen kann,
steuere ich neue Ziele
oder alte wieder an:

Lachend einen Turm zerschmettern,
den Papa zu bauen pflegt,
auf die kleine Mauer klettern,
die das Gartenbeet umhegt.

Durch den Plastiktunnel krabbeln,
der das Kinderzimmer quert,
staunend erste Silben sabbeln,
die das Herz dem Mund beschert.

Zur Musik der Kinderlieder
einen kleinen Tanzschritt tun,
und zum Trinken hin und wieder
an dem weichen Busen ruhn.

Für all das und andres Schöne
suche ich ganz ungeniert
mir ein Paar aus, welches Söhne
meines Alters adoptiert…   

70
Im Gras wispert Hoffnung / Achtsam
« am: M?RZ 12, 2023, 18:25:02 »
Achtsam wurde umgeschrieben,
was dir anfangs grob geriet.
Gold entstand, das reich getrieben,
jede Form klar unterschied.

Sprache, die erst trüb berührte,
was an Sinn in Dingen war,
wurde rein, drang ein und spürte
ihn dort auf ganz wunderbar.

Wahr und falsch sind nun zu trennen
durch des Textes feines Sieb.
Les ich ihn, muss ich bekennen:
Ich hab deine Worte lieb …
   

71
Wo Enzian und Freiheit ist / Vorsicht!
« am: M?RZ 09, 2023, 20:57:48 »
Nicht weit von hier, gleich hinterm Mars,
sprach ein Despot dereinst: „Das war`s!“
Er saß im Bunker des Planeten
und zündete Atomraketen.

Der Himmelskörper brach in Trümmer
und gürtet unsern Stern noch immer
mit einem Schuttreif, und mitunter
fällt auch auf uns ein Stein herunter.

Den könnte man zur Warnung nehmen
und sich der Autokraten schämen,
die wir hier dulden, und Raketen
mit Sprengkopf augenblicks zertreten.

Doch nein, man wägt und ehrt den Stein
und schließt ihn ins Museum ein.
Im größten fand man unlängst Türen
und ahnt noch nicht, zu wem sie führen… 


 

72
Ach Natur Vergissmeinnicht / Märzwinter
« am: M?RZ 07, 2023, 20:25:38 »
Der Alte spürte Frühling im Gemüte   
und küsste erste Blumen vor dem Haus.   
Die Knospen dehnten sich voll Wonne aus     
und öffneten vertrauensvoll die Blüte.

Die Bienen summten, ließen sich betören,
die Stempel gaben sich dem Kitzeln hin.
Da kam dem Alten plötzlich in den Sinn,
ihr Liebesspiel aus Neid durch Schock zu stören.

Er griff den Wolkensack und ließ es schneien, 
warf Hagel auf die Paare, nackt und bloß,
und grinste, denn ihm war, als ging ein Schreien     
 
und Sterben um. Das fand der Kerl famos. -
Doch kam der Lenz herbei, sie zu befreien,
und gab dem Alten seinen Gnadenstoß… 

73
Das Blöken der Lämmer / Schönfärberei
« am: M?RZ 07, 2023, 15:12:52 »
Unsre Welt ist nichts als hässlich,
alles Schöne Täuschung nur.
Für das Hässlichste vergesslich,
wandelt es der Geist verlässlich
um in höhere Natur.

Himmelsweite, Bergesgröße, 
Anmut, Liebe, Freiheit, Glück,
zeigt die Welt als Schleim und Klöße,
Missgeburten ihrer Schöße,
vor dem Wandel unserm Blick.

Doch wie gut, dass dies Vergessen
schnell und zuverlässig geht, 
und wir deshalb nicht ermessen,
dass der Hässlichste all dessen
träumend auf zwei Beinen steht…   

74
Wo Enzian und Freiheit ist / Sinnfindung
« am: M?RZ 05, 2023, 11:23:15 »
Es ist so still in meinen Räumen,
seit du gegangen bist.
Ich spiele jetzt mit toten Träumen
und Leere, die verzehrend ist.

Die Luft fließt zäh und kriecht doch willig
in meine Brust und macht sie schwer.
Zu weinen wäre mehr als billig,
doch ich bin mürb und tränenleer.

Leb wohl, mein Einst, in deiner neuen
und hellen Welt, ich gönn sie dir.
Mag sich ein andrer mit dir freuen -
Ich find den Sinn im Grübeln hier…


75
Im Gras wispert Hoffnung / Ruhelos
« am: M?RZ 04, 2023, 15:02:33 »
Ruhelos, von vielen Stimmen,
ist das Kind umhergetrieben,
knappen Worten, die es trimmen,
Segenssprüchen fürs Belieben.

Geistig scheint es sehr viel weiter
als die meisten seines Alters,
doch sein Sinn auf hoher Leiter
gleicht dem Flattern eines Falters. 

Sprunghaft wechselt sein Begehren,
sich zu schmiegen, zu verhärten.
Sonnenglanz und Hagel queren
seiner Seele junge Gärten.

Sorgsam möchte man das Kleine 
halten und mit Ruhe tränken,
dass es spürt, dass eigne Beine 
nur den rechten Weg ihm schenken…

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