Autor Thema: Vom coolen Schwälbchen und schwulen Kälbchen (Schüttelromanze)  (Gelesen 1430 mal)

Fridolin


Es liebte mal ein cooles Schwälbchen
am Bauernhof ein schwules Kälbchen.
Flugs hat sich da ein Stier gewehrt,
er fühlte sein Revier gestört.

Er sagte zu dem coolen Schwälbchen:
"Halt dich bloß fern vom schwulen Kälbchen!"
Doch sind nach Kälbchen Schwälbchen gierig,
das machte es fürs Kälbchen schwierig,

es wusste nicht, was Schwulsein war,
doch neben ihm ein Suhlschwein war,
das sagte zu ihm: "Meine Schwester,
der Bauer ist ein Schweinemäster."

Entgegnete das Schwälbchen cool:
"Du Lesbe, lass mein Kälbchen schwul."
Der Bauer aber, selber cool,
hielt nichts von solcher Kälbersuhl.

Am Sonntag drauf, zum coolen Schwälbchen
gab's Schnitzel von dem schwulen Kälbchen.

Erich Kykal

Re:Vom coolen Schwälbchen und schwulen Kälbchen (Schüttelromanze)
« Antwort #1 am: Januar 21, 2014, 20:17:43 »
Hi, Fridolin!

Du weißt aber schon, dass ein Kälbchen sozusagen ein Kind ist!? Das mit Schwulsein zu verbinden, könnten manche als gewagt empfinden. Nicht des Schwulseins wegen ( ich habe da durchaus keine Vorurteile), sondern wegen der Verknüfung mit Kindlichem, sprich Kälbchen.

Pervers ist ja eigentlich, dass wir diese Kinder - ob schwul oder nicht - gerne schlachten, weil ihr Fleisch zarter ist. Da schimpfen nur die beseelten Vegetarier und die militanten Tierschützer. Aber wenn man sie mit etwas in Verbindung bringt, was ihre Kindlichkeit konterkariert - und womöglich noch als sexuelle Abartigkeit betrachtet wird - dann regt man sich auf! Das passt nicht zum Kindchenschema!  Wie herrlich schräg ist das denn!?

Naja, der Schüttler ist ja sehr originell, da kann man wohl nicht widerstehen... ;D

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Fridolin

Re:Vom coolen Schwälbchen und schwulen Kälbchen (Schüttelromanze)
« Antwort #2 am: Januar 22, 2014, 09:30:59 »
lieber EG,

die Geschichte ist eigentlich nur eine Fingerübung, so wie ich früher als Musiker meine täglichen Fingerübungen mit Tonleiter und Akkorde machen musste, so ist es auch beim Schüttelreimen, und zwar nicht nur, um in der Übung zu bleiben, sondern auch als Gehirntraining, denn zum Schüttelreimen braucht man schon eine gehörige Portion Gehirnschmalz, und auf ein gutes Schüttelgedicht kommen eben auch einige weniger interessante. Nun stellt sich natürlich die Frage, ob ich die weniger guten gleich in die Tonne klopfen soll oder doch als reinen Spaß vorstellen darf. Mir ist schon oft aufgefallen, dass der bloße Unsinn vielen Lesern besser gefällt als allzu tiefgeschürfte Gedankenspiele.

Was das Kälbchen anlangt, ist natürlich zu sagen, dass selbst Vegetarier, zu denen ich  auch lange selbst gehörte – mein Fleischkonsum ist auch heute noch minimal – zugeben müssen, dass es ohne Rindviecher eben auch keine Milchprodukte gibt, auf die Vegetarier überwiegend auch nicht verzichten wollen. Damit es aber Milch gibt, müssen bekanntlich die Kühe Kälbchen bekommen. Im Gegensatz zu Hühner, die für unsere Frühstückseier noch nicht einmal einen Gockel brauchen. Meines Wissens ist es auch noch nicht möglich, bei der Rinderzucht ausschließlich weibliche Kälber zu erzeugen. Was aber soll man mit männlichen Kälbchen machen? So viele Bullen werden ja heutzutage gar nicht mehr gebraucht und die Bullenmast ist so aufwändig und speziell, dass sie nur in besonderen landwirtschaftlichen Betrieben wirtschaftlich ist.

LG Fridolin

cyparis

Re:Vom coolen Schwälbchen und schwulen Kälbchen (Schüttelromanze)
« Antwort #3 am: Januar 22, 2014, 13:27:14 »
Wenn etwas so neckisch daherkommt, laß ich meine Vegetarierpredigt daheim.
Das war gewiß nicht leicht, die Vorgabe mit einem passenden Thema zu füllen.


Herzlichen Gruß
von
Cyparis
Der Schönheit treu ergeben
(Lady Anne von Camster & Glencairn)
copyright auf alle Texte

Fridolin

Re:Vom coolen Schwälbchen und schwulen Kälbchen (Schüttelromanze)
« Antwort #4 am: Januar 23, 2014, 08:57:44 »
Wenn etwas so neckisch daherkommt, laß ich meine Vegetarierpredigt daheim.
Das war gewiß nicht leicht, die Vorgabe mit einem passenden Thema zu füllen.


Herzlichen Gruß
von
Cyparis

Das ist lieb von dir, Cyparis, aber lass mich dazu noch ein paar Bemerkungen zum Schüttelreim anschließen. Der Berliner Dichter Lothar Klünner, unter dem Pseudonym Leo Kettler, ein brillianter Schüttelreimer, bezeichnet den Schüttelreim als den Diversant unter den Versen.

Nichts ist ihm heilig, nichts ist ihm wichtig, überall mischt er sich ein. Was dieses enfant terrible simplicateur in den Griff bekommt, wird Karikatur. Der Unernst triumphiert, krasser Blödsinn bekommt auf einmal Allüre und wird zum Nonsens aufgewertet. Das Strahlende, Erhabene braucht weder geschwärzt noch in den Staub gezogen werden, doch wird ihm durch das Schütteln Luft heerausgelassen, gerade soviel, dass die patriarchalische Imponiergebärde um ein weniges zusammensackt und einen Hauch von Mitgefühl aufkommen lässt. Bei solchem Treiben macht der Schüttelreim eine halb distanzierte, halb treuherzige Miene wie ein ertappter Schüler, der seine Hände in ganzen Eimern von Unsdchuld wäscht. Es sei doch alles nur harmloses Spiel gewesen, sagt der naive Blickaufschlag; um dann mit stolz blitzemden Auge hinzuzufügen: im Übrigen sei das eine Kunstausübung von höchstem Rang und Raffinement und nicht mit kleinlichem Philistermaßstab zu messen. Das Unberechenbare, Verspielte, Launisch-Sprunghafte des Schüttelreims ist ein Charme, den er mit Katzen und Frauen teilt oder mit jungen Pferden, die auf freier Wildbahn aufwachsen. Hat der Cowboy den widerstgrebenden Mustan zugeritten, zeigt sich Stolz und Genugtuung auf seinen schweißtriefenden Zügen. So setzt auch der Schüttler seine Ehre darein, den Eigenwillen der Konsonanzpaare zu brechen und das unbeschwerte Reimgeklingel in einen Sinzusammenhang zu stellen, ja nach Möglichkeit einem überzeugenden Gedanken zu unterwerfen.

Für den Schüttelreim gibt es fast keine lyrischen Grenzen, das folgt purem Nonsens auf einmal eine tiefsinnige Lebensweisheit, neben dem witzigen Epigramm ein tief empfundenes Schüttelsonett. So ist auch Fridolin als Schüttelreimer eben Schalk und Pediger in einem.

Liebe Grüße
Fridolin