Autor Thema: Zeitempfinden  (Gelesen 347 mal)

Erich Kykal

Zeitempfinden
« am: Juni 13, 2021, 09:54:30 »
Als ich ein Kind war, schien es mir, als krieche
die Zeit - ich musste lang auf alles warten,
weil alle Großen scheinbar still verharrten
wie an der Tummelwelt erkrankte Sieche.

Der Geist so rasch, der Körper hochsensorisch,
und unvermittelt jede Reaktion!
Aus jedem Klang erwuchs ein Unterton
erschöpfenden Erfassens – kategorisch!

Nun bin ich alt, und meine Tage hasten
wie eilig Strömende an mir vorüber,
verschwimmen vor den Augen, die nun trüber
betrachten und die Sinne überlasten.

Gedanken sind wie alte Gletscher, gleiten
durch Stunden wie durch kurze Augenblicke
und bauen Dämme nur noch, keine Brücke
zur Welt hinüber und nach neuen Zeiten.
« Letzte Änderung: Oktober 26, 2021, 13:44:11 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Zeitempfinden
« Antwort #1 am: Juni 13, 2021, 14:10:31 »
Sehr schön wieder, lieber Erich.

Das Zeitempfinden ändert sich mit den Jahren, abhängig von der eigenen Geschwindigkeit im Erfassen und Verarbeiten von Reizen.   

Mit Genuss gelesen (der Gletscher ist tolles Bild)

Gruß von gummibaum

Erich Kykal

Re: Zeitempfinden
« Antwort #2 am: Juni 13, 2021, 16:57:52 »
Hi Gum!

Vielen Dank für den Zuspruch unter "alten Knackern"!  ;) :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Sufnus

Re: Zeitempfinden
« Antwort #3 am: Juni 14, 2021, 14:07:35 »
Hi eKy!

Ja - die Metamorphose vom rastlosen Geist inmitten entschleunigter Zeit hin zum erstarrten Inneren inmitten dahinrasender äußerer Abläufe ist Dir grandios gelungen und der Gletscher, der eine Stirnmoräne vor sich her schiebt und sich so gegen die Umgebung abschirmt ist ein ganz starkes Bild! :) Zumal in der Gletscher-Metapher in Zeiten des Klimawandels noch zusätzliche Assoziationsebenen mitschwingen (auch wenn das hier nicht impliziert war, denke ich :) ).

Nur eine kleine Grammatikfrage: Müsste es nicht in Z4 heißen "wie... erkrankte Sieche"? Die Pluralform im Nominativ von "der Sieche" ist natürlich "die Siechen" mit n am Ende, aber als unpersönlicher Ausdruck ohne Artikel müsste es m. E. "Sieche" ohne n heißen wie z. B. in "Kranke und Sieche benötigen unsere Hilfe". Oder?

LG!

S.

Erich Kykal

Re: Zeitempfinden
« Antwort #4 am: Juni 14, 2021, 19:01:13 »
Hi Suf!

Hau mich flach, aber ich denke, hier sind beide Formen möglich.

Vielen Dank für die lobenden Worte!  :)

LG, eKy


PS: Habe die Str. nun doch in deinem Sinne umgeschrieben - sicherheitshalber. Danke für den Hinweis.
« Letzte Änderung: Oktober 26, 2021, 13:45:10 von Erich Kykal »
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.