Hi Erich,
Hinrichtungen und Meuchelmorde, wie sie früher Verrätern von Monarchinnen zuteil wurden, gehören längst der Vergangenheit an, und das ist gut so. Es fand auch nicht jede Schmach in einer Bluttat ein Ende. Viel öfter waren die Königinnen dazu verdammt, Gebärmaschinen zu sein und eine unglückliche, lieblose Ehe zu führen, weil sie halt nur die Dame auf dem Schachbrett der Staatsräson waren. (Auch Katharina die Große war unglücklich verheiratet, lieber gummibaum).
Im letzteren Fall, Lieblosigkeit und Berechnung, passt dieses Gedicht auch in die heutige Zeit. Wenn man sich z.B. in einen narzisstisch geprägten Menschen verliebt, für den es eine besondere Herausforderung darstellt, Frauen zu unterwerfen und zu brechen, die keine leichte Beute sind, dann ist das keine Partnerschaft der üblichen Art, in der Paare zusammenfinden und versuchen, ihren Weg gemeinsam zu gehen, in guten wie in schlechten Zeiten. Ehe die Frau sich's versieht, befindet sie sich in einem Verwirrspiel mit ungleichen Chancen, und sie wird nie mehr auf Augenhöhe sein. Die schönen Worte entpuppen sich mit der Zeit als Lügen und leere Versprechungen. Das schöne Luftschloss wird zum gruseligen Spukschloss. Zwar erklingt in seinen Gemächern immer mal wieder ein Liebeslied, aber die Strophen werden immer kürzer, und schon naht die nächste Geisterstunde mit Demütigungen, erbittertem Streit, grimmiger Kälte, eisigem Schweigen und dergleichen mehr. Aber sobald man mal hinter die Kulissen geblickt hat, gibt es einen Ausweg, die Vergeltung. Aber nicht, indem man einen Menschen tötet, sondern indem man ihn einfach für tot erklärt, d.h. sich von ihm lossagt zum eigenen Schutz und ihm die Beachtung versagt, nach der er so sehr giert.
Liebe Grüße
Seeräuber-Jenny