Autor Thema: Liebe  (Gelesen 798 mal)

Erich Kykal

Liebe
« am: Juni 28, 2020, 11:08:19 »
Dies Glück ist ein gar selten Ding,
und seltsam, wie man dazu kommt.
So mancher dachte wohl, er fing
schon ein für sich, was allen frommt,

doch sah er nur den blassen Schein
des wahren Glückes, das er sucht,
und läuft vergeblich hinterdrein,
verzweifelt und zugleich verflucht.

Erst wenn er einmal wahres Glück
empfand, wird er geborgen sein,
denn immer bleibt ein Stück zurück
davon in ihm und lädt ihn ein,

daran zu reifen wie ein Kind,
das seiner Mutter Trösten kennt,
und uns, die noch verloren sind,
das Kind beim wahren Namen nennt.
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Liebe
« Antwort #1 am: Juni 29, 2020, 06:36:34 »
Schön, lieber Erich, wie du die Liebe von ihren Surrogaten unterscheidest, die keine Reifung gewähren.

Mit Freude gelesen.

Morgengruß von gummibaum

Agneta

  • Gast
Re: Liebe
« Antwort #2 am: Juni 29, 2020, 13:37:24 »
nachdenkliche und kluge Verse, lieber Erich. LG von Agneta

Erich Kykal

Re: Liebe
« Antwort #3 am: Juni 29, 2020, 15:31:42 »
Hi Gum, Agneta!

Nettes kleines Stückchen Allerweltsweisheit, ging mir gestern locker von der Feder. Die jahrelange Übung eben ...

Die Grundfrage: Wie WEISS man, dass es wirklich Liebe ist? Wieviel ist von Begehren induziert, von Instinkt, Geruch und Trieb? Von romantischen Vorstellungen, eingeimpft von kleinauf durch Kulturprägung aller Art, Romanen, Märchen und Sagen?

Man denkt sich: Es muss Liebe sein, denn ich würde sterben dür diesen Menschen! Und nur wenige Jahre später denkt man sich: Was hat mich damals bloß geritten! War das wirklich ich? Oder eher Endophine und andere Hormone?

Man verabschiedet sich von den kindlich-naiven Vorstellungen von ewiger Liebe, auch wenn man wahrnimmt, wie die eigenen Eltern nur noch aus Gewohnheit und Bequemlichkeit dieselbe Wohnung und dasselbe Bett teilen. Man glaubt gelernt zu haben, dass alle Liebe endlich ist, irgendwann bestenfalls durch Freundschaft und Respekt füreineinder ersetzt werden kann, wenn man als "gutes Team" zusammen bleibt, oder aus Vernunftsgründen.

Aber genügt uns das? Können wir mit diesem Faktum leben? Denn selbst WENN es manche gibt, die sich nach über 50 oder 60 gemeinsamen Jahren immer noch von Herzen lieben, so kommen doch nur sehr wenige in diesen Genuss - die meisten bleiben diesbezüglich zumindest ... unerfüllter.

Was also bleibt uns als bloß unvollkommene Surrogate? Purer Sex, Kitschromantik aus schnulzigen Liebesromanen, Liebelei, Flirt, käufliche Liebe oder Flucht in kleine oder größere Fetische und Perversionen? Bleibt alles unerfüllend und nutzt sich ab.

Und doch und trotz allem: wir rennen weiter lebenslänglich dem gelernten und ersehnten Ideal hinterher wie der Esel hinter der vorgehaltenen Karotte, versuchen zu vertrauen und vertrauenswürdig zu wirken, um "lieben" zu können - was immer das für den Einzelnen bedeuten mag.

Wer darf das Kind beim wahren Namen nennen?  ;) ::) >:D

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

Agneta

  • Gast
Re: Liebe
« Antwort #4 am: Juni 29, 2020, 19:04:19 »
Ich denke, so kann nur ein Mann denken :).
Die Empfindung für Liebe und die Liebe selbst können sehr unterschiedlich sein. Es gibt viele Arten zu lieben. Es gibt diese leidenschaftliche Liebe, diese verzehrende, körperliche Anziehung, die manchmal den Anlass gibt, sich zu VERlieben und dann später weniger wird. Manchmal aber auch nicht.  Dies ist sehr abhängig von der Empfindungsfähigkeit des Einzelnen. Natürlich nutzt sich Leidenschaft auch im Laufe der Zeit etwas ab. Manche meinen dann wohl, sie müssten sie "unterstützen", indem sie sich Anregungen dazuholen bis hin zum Swingerclub ( unsere Nachbarn damals). ich glaube nicht, dass sowas "hilft", es entfernt die Partner nur voneinander. Glücklich waren die nicht.
Es kann sein, dass Liebe erkaltet, weil Menschen sich ändern oder man selbst in seiner Verliebtheit den anderen nicht so sah, wie er ist. feststeht, dass man einen Menschen nicht dahin zurechtbiegen kann. Vertrautheit, jemanden so gut kennen, dass man nichts sagen muss. Geborgenheit, absolute Offenheit, ohne sich schwach zu fühlen, das sind alles Werte, die die Leidenschaft irgendwann ersetzen. Das ist viel in unserer Welt, finde ich. Und auch das sehe ich als Liebe an.
Nicht immer ist es so wie es wirkt, dass Menschen nur noch zusammensind wegen dem Haus oder aus Gewohnheit. Dieses wirkt nur so, wenn beide in sich geborgen zur Ruhe kommen. Zusammen alt werden nennt man das wohl.
Ich sah es bei meinen Eltern, ich sah es in meinen Beziehungen und sehe es noch. Ich habe alles erlebt von dem, was ich beschriebe und dennoch oder gerade deshalb  glaube ich an die große Liebe, die Menschen sich SCHENKEN. Und das ist der Punkt. Man gibt etwas. es geht nicht um Nehmen, Bekommen. Und dann bekommt man alles, was man sich wünscht. ^-^
LG von Agneta

hans beislschmidt

Re: Liebe
« Antwort #5 am: Juni 29, 2020, 19:18:16 »
Hi, die Welt von Agneta ist gefühlsbetont und hinter jeder Ecke lugt ein bißchen das Wunschdenken hervor, was keinesfalls verwerflich ist. In Erichs Welt siegt Pragmatismus, was nicht abwertend gemeint ist und nachdem ich die Kommentare habe sacken lassen, gefällt mir der Key Kommentar besser als das Gedicht selbst. Vielleicht weil ich auch ein Mann bin?
Gruß vom Hans
"Lyrik braucht Straßendreck unter den Fingernägeln" (Thomas Kling)

Agneta

  • Gast
Re: Liebe
« Antwort #6 am: Juni 29, 2020, 20:51:57 »
Wunschdenken? Nee, hans. Erfahrung.  :)Mag wirklich sein, dass ein Mann es anders sieht. Ich denke ga nicht, dass Eki so pragmatisch ist. ich habe ihn schon als hochemotionalen Kommentator ( Menschen ) erlebt. persönlich kennen wir uns ja nicht. LG von Agneta

Erich Kykal

Re: Liebe
« Antwort #7 am: Juni 29, 2020, 22:31:41 »
Hi ihr beide!

Seid ihr immer die Gleichen?  ;) Auch ich habe Stimmungen, Launen und Zustände. Natürlich kommt dann immer mal eine andere Seite von mir in den Vordergrund. Kann mal der nüchterne Logiker, mal der emotionale Verfechter sein. Kann jeder von uns, denn niemand ist einseitig.  O0

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.