Autor Thema: Der Engel des Trostes  (Gelesen 857 mal)

AlteLyrikerin

Der Engel des Trostes
« am: September 03, 2020, 12:59:10 »
Du glaubst nicht an den Trostengel?
Sei Dir da mal nicht so sicher.

Er ist nicht umgeben
von göttlichem Glanz,
und er trägt auch keine
goldglänzenden Flügel.

Manchmal sieht er aus
wie Dein Mann,
den du schützen willst.
Darum kannst Du oft
nicht mit ihm reden.

Er ist hilflos wie Du,
doch er läuft nicht davon.

Der Trostengel sieht vielleicht aus
wie Frau X aus Deinem Nachbarort.
Sie traut sich
Euch zu besuchen,
während andere
nicht einmal mehr anrufen.

Den Engel des Trostes
kannst Du beschimpfen
und wegschicken.
Er wird gehen und wiederkommen.

Du kannst ihm die große Frage
„Warum?“
vor die Füße werfen,
und er wird mutig sagen,
„Ich weiß es nicht“.

Er wird da sein
und mit Dir gemeinsam
aushalten, dass die Antwort
noch nicht da ist.

Erich Kykal

Re: Der Engel des Trostes
« Antwort #1 am: September 03, 2020, 13:21:16 »
Hi AL!

Verstehe ich alles, bis auf S3: Wenn der Engel wie der Mann des LyrIch ausssieht, warum kann es dann nicht mit ihm reden?

Ansonsten: Eine Hommage an die unvoreingenommenen Menschen, die nichts auf das geben, was "die anderen sagen oder denken könnten", sondern auch in Zeiten der Not oder Isolation für jemanden da sind, den sie als Freund betrachten, egal, was über ihn erzählt wird, und selbstlos helfen.

Gern gelesen!

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

AlteLyrikerin

Re: Der Engel des Trostes
« Antwort #2 am: September 03, 2020, 13:37:45 »
Hi Erich,


herzlichen Dank für Deinen Kommentar. Warum kann LyrI nicht mit seiner Frau sprechen, obwohl sie für ihn der "Engel des Trostes" sein könnte?
Das ist eine Beobachtung, die ich bei sehr vielen, z.B. an Krebs erkrankten Menschen gemacht haben. Sie reden nicht wirklich über alle ihre Ängste und Leiden mit ihren nächsten Menschen, weil sie diese nicht belasten, also "schützen" möchten.
Herzliche Grüße, AlteLyrikerin.

Erich Kykal

Re: Der Engel des Trostes
« Antwort #3 am: September 03, 2020, 13:45:13 »
Ah - ich verstehe. Danke für die Aufklärung.  :)

LG, eKy
Ironie: Ich halte euch einen Spiegel vor, damit wir herzlich lachen können.
Sarkasmus: Ich halte euch einen Spiegel vor, weil ich von euch enttäuscht bin.
Zynismus: Ich halte euch einen Spiegel vor, aber ich glaube nicht mehr an euch.

gummibaum

Re: Der Engel des Trostes
« Antwort #4 am: September 03, 2020, 17:19:54 »
Schön, liebe AlteLyrikerin, dass du die wunderbaren Menschen würdigst, die oft übersehen werden, weil Seelsorge kein Statussymbol ist.

Sehr gern gelesen.
Grüße von gummibaum

AlteLyrikerin

Re: Der Engel des Trostes
« Antwort #5 am: September 04, 2020, 12:31:03 »
Lieber gummibaum,

herzlichen Dank für Deinen Kommentar. Ja, es gibt viele Menschen, die unbemerkt eine - oft ehrenamtliche - Arbeit tun, aber in den Medien kommen nur die Skandale und Katastrophen vor, denn das verkauft sich besser. So entsteht oft ein sehr schiefes Bild von der Realität.
Herzliche Grüße, AlteLyrikerin.

a.c.larin

Re: Der Engel des Trostes
« Antwort #6 am: September 09, 2020, 16:12:37 »
hallo alte lyrikerin,

es ist erfreulich, wenn  das blitzlicht auch mal auf positives geworfen wird.

ein freundliches wort, eine liebevolle geste  von mensch zu mensch  ist der kleister, der die weltfugen zusammenhält!

in die nachrichten kommt es nur selten.
schade eigentlich.

dabei liegt es an jedem einzelnen zu entscheiden, ob er seinen mitmenschen ein engel oder ein teufel sein will.

alle schreien nur nach dem staat - eigentlich gehts darum, zu begreifen, dass wir selber dieser staat sind. es sind unsere hände, unsere worte, die den staat aufbauen, aber auch uns hände und unsere worte, die ihn niederreißen.
alles schon mal dagewesen, leider.


schön, dass du den treuen wegbegleitern und baumeistern   ein denkmal gesetzt hast!

lg, larin

AlteLyrikerin

Re: Der Engel des Trostes
« Antwort #7 am: September 09, 2020, 16:35:35 »
Hallo a.c. larin,
herzlichen Dank für Deinen Kommentar. Ja, zwischen dem Freundlichen und dem Gleichgültigen bis Menschenfeindlichen hat jeder jeden Tag die Wahl. In den Medien aber geht es um Prämien für Autos, damit die "Wirtschaft" wieder wächst. Was da wächst, und wer es ernten darf, das wird schon nicht mehr diskutiert.  >:D
Daher setze ich, in der Lyrik wie in der Realität nicht mehr auf systemische sondern auf private, sehr individuelle Lösungen.
Herzliche Grüße, AlteLyrikerin.